Suchen
BGH Beschluss v. - XIII ZB 93/22

Instanzenzug: Az: 11 T 230/22vorgehend Az: 715 XIV 80/22 B

Gründe

1I. Der Betroffene, ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste 2016 in das Bundesgebiet ein. Seinen am gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom ab, forderte den Betroffenen zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Pakistan an.

2Nach dem Scheitern mehrerer Abschiebemaßnahmen ordneten die befassten Amtsgerichte, zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung und später im Hauptsacheverfahren, antragsgemäß Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis zuletzt an. Vom bis zum befand sich der Betroffene in Strafhaft, sodann wieder in der Abschiebehafteinrichtung. Eine für den geplante Überstellung wurde nicht durchgeführt, weil der Betroffene nach Kontakt zu einem Mitgefangenen mit einer hochansteckenden Hauterkrankung isoliert und vorsorglich behandelt wurde.

3Auf Antrag der beteiligten Behörde vom hat das die Sicherungshaft des Betroffenen bis zum verlängert. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Betroffenen hat das zurückgewiesen. Der Betroffene ist am aus der Sicherungshaft entlassen worden. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt er nunmehr noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der verlängerten Sicherungshaft.

4II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

51. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Haftverlängerungsantrag sei zulässig, da er den Anforderungen des § 417 Abs. 2 FamFG entsprochen habe. Die Anordnung der Haft sei auch materiell rechtmäßig gewesen, insbesondere habe der Haftgrund der Fluchtgefahr vorgelegen. Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot und gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens seien nicht festzustellen.

62. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ein zulässiger Haftantrag liegt vor.

7a) Ein zulässiger Haftantrag der beteiligten Behörde ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom - XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom - XIII ZB 74/19, juris Rn. 7). Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Diese Darlegungen dürfen zwar knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom - XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom - XIII ZB 74/19, juris Rn. 7; vom - XIII ZB 116/19, juris Rn. 7). Dazu müssen die Darlegungen auf den konkreten Fall bezogen sein und dürfen sich nicht in Leerformeln erschöpfen (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82 Rn. 13; vom - XIII ZB 116/19, juris Rn. 7 mwN; vom - XIII ZB 40/20, juris Rn. 7).

8b) Diesen Anforderungen wird der Haftverlängerungsantrag vom gerecht.

9aa) Die beteiligte Behörde führt zur beantragten Haftdauer aus, im Rahmen der zwangsweisen Passbeschaffung sei die richtige Identität des Betroffenen festgestellt worden. Inzwischen liege eine Passersatzpapierzusage der pakistanischen Behörden vor. Es sei geplant, den Betroffenen auf einer Chartermaßnahme am abzuschieben. Das dem Regierungspräsidium vorliegende Passersatzpapier werde den pakistanischen Behörden zur Verlängerung geschickt. Die Verlängerung dauere erfahrungsgemäß vier Wochen. Das Passersatzpapier werde daher rechtzeitig zum Abschiebungstermin bereitliegen. Es stehe ein Flugplatz auf einer Chartermaßnahme am zur Verfügung. Dies sei der frühestmögliche Flugtermin unter Berücksichtigung der Dauer der Verlängerung des Passersatzpapiers.

10bb) Es ist nicht ersichtlich, was die beteiligte Behörde zusätzlich hätte vortragen können. Die Abschiebung war bereits organisiert und der Betroffene auf einen knapp fünf Wochen später erfolgenden Sammelcharter gebucht. Ein Passersatzpapier lag vor und war lediglich noch auf das konkrete Flugdatum zu verlängern. Die Angaben reichen daher zur Erklärung der beantragten Dauer der Haft aus. Sie erlauben dem Haftgericht konkrete Nachfragen und genügen den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG. Eine Erwähnung des zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan geschlossenen Rücknahmeübereinkommens vom (ABl. EU Nr. L 287 vom , S. 52) ist bei einer solchen Sachlage - anders als es etwa bei danach noch durchzuführenden Bearbeitungsschritten der Fall sein kann (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 38/19, juris Rn. 8 bis 11; vom - XIII ZB 114/19, juris Rn. 10) - nicht erforderlich. Soweit der Entscheidung vom (XIII ZB 28/19, juris Rn. 8 bis 10) etwas Anderes entnommen werden könnte, hält der Senat daran nicht fest.

112. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

123. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:051223BXIIIZB93.22.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-59868