Keine Gewerbesteuerpflicht einer nur aufgrund der Aufwärtsabfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG als gewerblich
anzusehenden Personengesellschaft
nachhaltiger Ankauf notleidender Darlehensforderungen als private Vermögensverwaltung oder als originär gewerbliche Tätigkeit
Leitsatz
1. Für die Aufwärtsabfärbewirkung oder Infizierung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG genügt es nicht, dass eine an
einer weiteren Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft als Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 EStG anzusehen ist. Vielmehr wird auch ein „Bezug” von Gewinnanteilen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aus dieser
gewerblichen Mitunternehmerschaft vorausgesetzt.
2. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Personengesellschaft, die nur aufgrund der
Aufwärtsabfärbung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG als gewerbliches Unternehmen anzusehen ist, nicht als nach § 2
Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt (Anschluss an ,
BStBl 2020 II S. 649).
3. Bei einem Forderungskäufer kommt es zur Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungs-,
sondern auf die Beschaffungsseite an (Anschluss an ). Ein in sechs selbständigen Kauf-
oder Ablösungsverträgen innerhalb von drei Jahren durchgeführter Ankauf von notleidenden Darlehensforderungen nebst Sicherungsrechten
von verschiedenen Banken erfolgt nachhaltig im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG.
4. Im Falle des Forderungskaufs ist bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung auf das Gesamtbild
der Verhältnisse und eine berufsbildgeprägte Verkehrsanschauung abzustellen. Hat der Forderungskäufer den Erwerb getätigt,
um weiterhin – wie bei Darlehensforderungen üblich – vorrangig die Früchte zu ziehen, d. h. Zinsen wie zuvor der Dar-lehensgeber
zu erwirtschaften, ist grundsätzlich in Abwesenheit besonderer Umstände von einer privaten Vermögensverwaltung auszugehen,
und zwar unabhängig davon, ob er den Erwerb fremdfinanziert hat oder eine Vielzahl von Darlehensforderungen oder aber Darlehensforderungen
über hohe Nominalbeträge erworben hat.
5. Erwirbt der Erwerber dagegen nachhaltig notleidende Forderungen, um vorrangig die – bereits fälligen – Forderung einzuziehen,
kann der Forderungserwerb trotz Notleidens der Forderungen Indiz für eine bei Erwerb bestehende – zumindest bedingte – kurzfristige,
als gewerblich einzustufende Einziehungsabsicht bzw. Veräußerungsabsicht sein, bei der die Fruchtziehung nur noch einen Nebenzweck
darstellt, soweit nämlich noch Zinsen bis zur Einziehung anfallen und der Schuldner überhaupt noch in der Lage ist, Zinsen
zu leisten (im Streitfall: keine originäre gewerbliche Tätigkeit des Forderungskaufs, weil die Klägerin unter anderem nicht
für Andere tätig geworden ist, das komplette Ausfallrisiko in Bezug auf die erworbenen Forderungen getragen hat, keine der
unter Nennwert erworbenen Forderungen verkauft hat, also nicht als Forderungshändlerin tätig geworden ist, sondern sich auf
das Halten der Forderungen, das unregelmäßige Einziehen von Teil- und Zinsbeträgen der erworbenen Forderungen sowie den passiven
Empfang von Erlösen aus akzessorischen und nicht akzessorischen Sicherungsrechten beschränkt hat).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): KAAAJ-59608
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.03.2021 - 6 K 6322/17
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.