Zuständigkeit für im Bundesbedarfsplangesetz bezeichnete Vorhaben
Gesetze: § 17a Abs 3 S 1 GVG, § 83 S 1 VwGO, § 50 Abs 1 Nr 6 VwGO, § 1 Abs 1 BBPlG, Anl zu § 1 Nr 3 BBPlG, Anl zu § 1 Nr 4 BBPlG
Gründe
I
1Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung zur Duldung von Vorarbeiten für die Planung einer Höchstspannungsleitung. Er ist Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, die im von der Bundesnetzagentur festgelegten Trassenkorridor für die Bundesbedarfsplanvorhaben Nr. 3 und 4 (Brunsbüttel - Großgartach und Wilster - Bergrheinfeld/West) liegen. Die Vorhabenträgerin kündigte dem Kläger an, auf seinen Grundstücken Baugrunduntersuchungen für die weitere Planung durchzuführen. Nachdem der Kläger mehrfach das Betreten der Grundstücke verweigert hatte, gab die Beklagte dem Kläger mit Anordnung vom auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 NABEG i. V. m. § 44 Abs. 2 Satz 2 EnWG auf, die vorgesehenen Arbeiten zu dulden. Der Kläger legte Widerspruch ein und verweigerte weiterhin das Betreten seiner Grundstücke. Ab dem duldete der Kläger die Durchführung der angeordneten Maßnahmen unter Aufrechterhaltung seines Widerspruchs. Die Baugrunduntersuchungen wurden spätestens am abgeschlossen. Mit Bescheid vom wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Duldungsanordnung zurück. Am hat der Kläger Klage gemäß der Rechtsbehelfsbelehrung zum Bundesverwaltungsgericht erhoben.
II
2Die Vorabentscheidung über die sachliche Zuständigkeit ergeht auf der Grundlage des § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG.
3Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Hiernach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für Vorhaben betreffen, die im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) bezeichnet sind. Die Höchstspannungsleitungen Brunsbüttel - Großgartach und Wilster - Bergrheinfeld/West sind in § 1 Abs. 1 des BBPlG i. V. m. der Anlage zu § 1 Abs. 1 des Bundesbedarfsplans unter Nr. 3 und 4 genannt.
4Der Rechtsstreit betrifft in diesem Sinne das Planfeststellungsverfahren für die genannten Vorhaben. Im Hinblick auf den Zweck der Zuständigkeitsregelung, die Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen und divergierende Entscheidungen zu vermeiden, werden von dieser Vorschrift alle Verfahren erfasst, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO haben (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 Rn. 5 und vom - 4 VR 1.19 - Buchholz 310 § 44a VwGO Nr. 17 Rn. 13) und damit Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens sind. Das ist etwa dann der Fall, wenn um Maßnahmen gestritten wird, die zeitlich und sachlich der späteren Planfeststellung oder Plangenehmigung vorausgehen, indem sie der Vorbereitung eines solchen Verfahrens dienen oder einen Ausschnitt der Probleme darstellen, die in einem laufenden Planfeststellungsverfahren zu lösen sind (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 VR 1.07 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 25 Rn. 8 und vom - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 Rn. 5 m. w. N.). Dazu gehören auch Duldungsanordnungen gemäß § 18 Abs. 5 NABEG i. V. m. § 44 Abs. 2 Satz 2 EnWG (BVerwG, Beschlüsse vom - 4 VR 1.20 - Buchholz 451.17 § 44 EnWG Nr. 2 und vom - 4 VR 4.20 - juris Rn. 6; vgl. auch Beschluss vom - 7 VR 1.22 - juris Rn. 4 zu entsprechenden eisenbahnrechtlichen Regelungen).
5Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - das gerichtliche Streitverfahren erst eingeleitet wird, nachdem die zu duldenden Maßnahmen bereits durchgeführt sind und die angegriffene Duldungsanordnung nur noch Bedeutung als Grundlage für einen Kostenbescheid etwa nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 3a Satz 2 NABEG (Titelfunktion) hat. Für die Frage der sachlichen Zuständigkeit ist maßgeblich, dass nach der gesetzlichen Vorgabe in § 18 Abs. 5 NABEG i. V. m. § 44 EnWG solche Maßnahmen generell zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung eines Vorhabens notwendig und bereits deshalb als Teil seiner genehmigungsrechtlichen Bewältigung anzusehen sind. Eine weitere Unterscheidung danach, ob im konkreten Fall die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts noch der Beschleunigung der Verwirklichung des Vorhabens dienen kann, ist in § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO nicht angelegt. Sie würde wegen Abgrenzungsproblemen auch dem Grundsatz widersprechen, dass Zuständigkeitsregelungen klar und eindeutig sein sollen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:240124B11A8.23.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-59497