Über die Teilzeitquote hinausgehende Arbeitsleistung ist nicht ruhegehaltfähig
Leitsatz
Für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung ist ausschließlich die sich aus der Teilzeitquote im Teilzeitbewilligungsbescheid ergebende Dienstzeit maßgeblich; darüber hinaus geleistete Arbeitszeiten bleiben außer Betracht.
Gesetze: § 6 Abs 1 S 3aF BeamtVG, § 6 Abs 1 S 1aF BeamtVG, § 10 S 1aF BeamtVG, § 10 S 3aF BeamtVG, § 12 Abs 1 S 1 Nr 1aF BeamtVG, § 23 Abs 4 BeamtVG BW, § 5 BeamtVG BW, § 6 BeamtVG BW, § 4 Nr 1 Anh EGRL 81/97
Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az: 4 S 1877/21 Urteilvorgehend VG Freiburg (Breisgau) Az: 5 K 652/19 Urteil
Tatbestand
1Das Verfahren betrifft die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Der Kläger begehrt insbesondere die Berücksichtigung von über die Teilzeitquote hinausgehenden Arbeitszeiten.
2Der im Jahr 1961 geborene Kläger absolvierte von September 1976 bis Juni 1979 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, studierte von Oktober 1984 bis Februar 1989 Farbtechnik und Raumgestaltung für das Lehramt, bestand im Februar 1989 die erste Staatsprüfung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen, studierte anschließend ein Jahr Architektur und legte die Diplomvorprüfung ab. Im Anschluss hieran absolvierte er den Vorbereitungsdienst und legte 1992 die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an beruflichen Schulen in Niedersachsen ab. Von Mitte August 1992 an war der Kläger für ein Jahr im Angestelltenverhältnis Lehrer an der badischen Malerfachschule mit einem Deputat von 11/23 Wochenstunden. Zum August 1993 ist der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienassessor ernannt worden; mit Bescheid vom wurde die Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 17/23 Wochenstunden bewilligt. Seit August 1994 war der Kläger in Vollzeit beschäftigt. Während seiner Teilzeitbeschäftigung war er in erheblichem Umfang über seine Teilzeitquote hinaus tätig, nach den Angaben im Berufungsurteil im Umfang von 23/23 Wochenstunden im Angestelltenverhältnis und im Umfang von 22/23 Wochenstunden im Beamtenverhältnis.
3Im Oktober 2018 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Versorgungsauskunft. Hierin wurden als ruhegehaltfähige Zeiten berücksichtigt: die Zeit der Ausbildung zum Maler und Lackierer in einem Umfang von 90 Tagen, das Lehramtsstudium in einem Umfang von 855 Tagen und die Dienstzeiten als Lehrer im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis und im Beamtenverhältnis jeweils unter Zugrundelegung der entsprechenden Teilzeitquote. Dagegen begehrte der Kläger, die Zeit der Ausbildung zum Maler und Lackierer und die Zeit des Architekturstudiums in vollem Umfang sowie die Zeit als Lehrer im Angestelltenverhältnis im Umfang der tatsächlich geleisteten Wochenarbeitsstunden als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.
4Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, die Zeit der Ausbildung zum Malergesellen im Umfang von einem Jahr als ruhegehaltfähig anzuerkennen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Während des von ihm eingeleiteten Berufungsverfahrens ist der Kläger in den Ruhestand getreten. Der Versorgungsfestsetzungsbescheid des Landesamts für Besoldung vom berücksichtigt die streitigen Zeiten im selben Umfang wie die Versorgungsauskunft. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren ihr Einverständnis damit erklärt, dass der Versorgungsfestsetzungsbescheid in das Berufungsverfahren einbezogen wird, und den Rechtsstreit hinsichtlich der Versorgungsauskunft sowie hinsichtlich des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids für erledigt erklärt.
5Der Verwaltungsgerichtshof hat das Verfahren hinsichtlich der Versorgungsauskunft eingestellt und den Beklagten verpflichtet, die Zeiten der Ausbildung des Klägers zum Maler und Lackierer im Umfang von einem Jahr sowie der Tätigkeit als angestellter Lehrer im Umfang von 23/23 und der Tätigkeit als beamteter Lehrer im Umfang von 22/23 als ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu berücksichtigen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Er hat zur Begründung insbesondere ausgeführt, das Abstellen auf die festgesetzte Teilzeitquote unter Außerachtlassung der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit stelle eine Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten dar, die nicht gerechtfertigt sei. Dass der Dienstherr wegen des Alimentationsprinzips zur Zahlung von am Statusamt ausgerichteten Bezügen verpflichtet sei, könne die Ungleichbehandlung bei der Versorgung ebenso wenig rechtfertigen wie administrative Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Höhe der Versorgung.
6Das beklagte Land und der Kläger haben die bereits vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision eingelegt.
7Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die Ausbildung des Klägers zum Maler und Lackierer auch hinsichtlich der über ein Jahr hinausgehenden Zeit vom bis zum sowie den Zeitraum des Studiums der Architektur vom bis zum als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen und die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom und des Verwaltungsgerichts Freiburg vom sowie den Versorgungsfestsetzungsbescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen, und die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
8Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom aufzuheben, soweit der Beklagte darin verpflichtet wird, die Tätigkeit des Klägers als Lehrer über die für den Zeitraum vom bis vereinbarte und für den Zeitraum vom bis festgesetzte Teilzeitquote hinaus als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom auch insoweit zurückzuweisen, und die Revision des Klägers zurückzuweisen.
9Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren und vertritt in Abstimmung mit der Dienstrechtsabteilung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat die Ansicht, dass die versorgungsrechtliche Anknüpfung an die Teilzeitquote auch bei darüber hinausgehender tatsächlicher Arbeitsleistung keine ungerechtfertigte Schlechterstellung von Teilzeit- gegenüber Vollzeitkräften darstelle; beide Gruppen würden gleichbehandelt, weil auch der Ruhegehaltsanspruch eines Vollzeitbeschäftigten durch Mehrarbeit nicht erhöht werde.
Gründe
10Die Revision des beklagten Landes ist begründet; der Verwaltungsgerichtshof hat unter Verletzung revisiblen Rechts angenommen, dass der Kläger die Berücksichtigung der über die Teilzeitquote hinausgehenden Arbeitszeiten bei seiner Versorgung beanspruchen kann (1.). Demgegenüber hat die Revision des Klägers keinen Erfolg; der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger keine weitergehenden als die bereits zuerkannten Ansprüche auf Berücksichtigung seiner Zeiten in der Ausbildung zum Maler und Lackierer und im Architekturstudium zustehen (2.).
111. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Verletzung revisiblen Rechts angenommen, dass der Kläger die Berücksichtigung der über die Teilzeitquote hinausgehenden Arbeitszeiten bei seiner Versorgung beanspruchen kann. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof die Berücksichtigung dieser Zeiten im Beamtenverhältnis bei der Beamtenversorgung in Anwendung des nationalen Rechts zutreffend verneint (a). Er hat jedoch unzutreffend angenommen, dass ihre Berücksichtigung sich aus Unionsrecht ergibt (b). Auch die betreffenden Zeiten im Angestelltenverhältnis sind bei der Beamtenversorgung nicht zu berücksichtigen (c).
12a) Der Zeitraum vom bis zum , in dem der Kläger als Lehrer im Beamtenverhältnis nach dem Teilzeitbewilligungsbescheid ein Deputat von 17/23 Wochenstunden zu leisten hatte, aber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wegen zusätzlicher Arbeit insgesamt 22/23 Wochenstunden geleistet hat, ist nach § 106 Abs. 5 Satz 3 LBeamtVG BW i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. in Höhe der Teilzeitquote ruhegehaltfähig; darüber hinaus geleistete Arbeitszeiten sind nicht ruhegehaltfähig und erhöhen den Versorgungsanspruch nicht.
13Hat - wie hier - das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am bestanden, findet gemäß § 106 Abs. 5 Satz 1 LBeamtVG BW u. a. § 6 Abs. 1 Satz 1 bis 3 1. Halbs. BeamtVG in der bis zum geltenden - und seitdem unverändert gebliebenen - Fassung hinsichtlich der Bestimmung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit Anwendung. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 1. Halbs. BeamtVG a. F. sind Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur "im Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit" ruhegehaltfähig. "Regelmäßige Arbeitszeit" ist bei einem Lehrer die Pflichtstundenzahl, auch als Deputat bezeichnet ( 2 C 21.04 - BVerwGE 124, 11 <13>). Die "ermäßigte Arbeitszeit" ist die im Teilzeitbewilligungsbescheid mittels der Teilzeitquote festgesetzte Arbeitszeit. Die Teilzeitquote stellt sicher, dass sich Änderungen der Arbeitszeit und der Besoldung (vgl. z. B. § 6 BBesG) stets anteilig auf die Teilzeitbeschäftigten auswirken ( 2 C 23.10 - BVerwGE 144, 93 Rn. 8).
14Die Anordnung von Teilzeitbeschäftigung mittels des Teilzeitbewilligungsbescheids als rechtsgestaltendem Verwaltungsakt stellt die Rechtsgrundlage für die Gewährung entsprechend geringerer Dienstbezüge in der Teilzeitphase und für die entsprechend ermäßigte Berücksichtigung der Teilzeit bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) dar ( 2 C 86.08 - BVerwGE 137, 138 Rn. 10).
15Zusätzliche Arbeitsleistungen sind nicht berücksichtigungsfähig. Auf die im Teilzeitbewilligungsbescheid mittels der Teilzeitquote ermittelte Dienstzeit ist unabhängig davon abzustellen, ob die Mehrheit zulässigerweise angeordnet wurde (vgl. z. B. § 88 Abs. 1 Satz 1 BBG) und ob es sich bei den zusätzlich erbrachten Arbeitsleistungen des Klägers um - ausnahmsweise - nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichene Mehrarbeit handelte. Mehrarbeit ist primär durch Dienstbefreiung, also Freizeitausgleich, zu kompensieren (vgl. z. B. § 88 Abs. 1 Satz 2 BBG); sie ist kein Ersatz für reguläre Dienstzeit. Mehrarbeit ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte gleichermaßen versorgungsrechtlich irrelevant. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Teilzeitbewilligungsbescheid - wie etwa im Fall der sog. Einstellungsteilzeit (vgl. bereits 2 C 5.87 - BVerwGE 82, 196; Beschluss vom - 2 B 18.92 - Buchholz 232 § 72a BBG Nr. 2) - mangels Freiwilligkeit rechtswidrig war. Ein rechtswidriger Teilzeitbewilligungsbescheid bleibt bis zu seiner Aufhebung wirksame Grundlage für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit; anderes gilt nur im Falle seiner Nichtigkeit.
16Damit ist für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit des Klägers in Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG ausschließlich die sich aus der Teilzeitquote im Teilzeitbewilligungsbescheid ergebende Arbeitszeit maßgeblich. Diese betrug nach den Feststellungen des Berufungsurteils 17/23 Wochenstunden. Die darüber hinaus von ihm geleisteten Arbeitszeiten bleiben außer Betracht. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich 22/23 Wochenstunden geleistet hat, wovon das Berufungsurteil ausgeht und wogegen keine Verfahrensrüge erhoben worden ist; nach dem Akteninhalt - d. h. insbesondere den vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten Bezügemitteilungen - ergeben sich durchaus Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung. Ebenso wenig kommt es auf die Rechtmäßigkeit des Teilzeitbewilligungsbescheids an, da Teilzeitbewilligungsbescheide in Fällen der sogenannten Einstellungsteilzeit nicht nichtig waren, was bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Teilzeitbewilligungsbescheids (Bescheid des Oberschulamts Freiburg vom , Bl. 35 der Personalakten) für das beklagte Land geklärt war ( 2 B 18.92 - Buchholz 232 § 72a BBG Nr. 2).
17b) Auch Unionsrecht gebietet kein abweichendes Ergebnis. Entgegen der Annahme im Berufungsurteil ergibt sich aus § 4 Nr. 1 des Anhangs zur Richtlinie 97/81/EG des Rates vom zu der von UNICEF, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeiter (ABl. 1998 L 14 S. 9, ber. ABl. L 128 S. 71), zuletzt geändert durch RL 98/23/EG vom (ABl. L 131 S. 10), - nachfolgend: RL 97/81/EG - nichts Anderes.
18Aus § 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG folgt, dass eine geringere Arbeitszeit grundsätzlich nur quantitativ, nicht qualitativ anders abgegolten werden darf als Vollzeitarbeit, denn Teilzeitarbeit unterscheidet sich von Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Ungleiche Beschäftigungsbedingungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte sind im Regelfall nur insoweit zulässig, als die Ungleichbehandlung dem unterschiedlichen zeitlichen Arbeitsumfang Rechnung trägt. Demnach liegt eine gleichheitswidrige Behandlung eines teilzeitbeschäftigten gegenüber einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Beamten vor, wenn der teilzeitbeschäftigte Beamte im maßgeblichen Zeitraum relativ stärker belastet oder relativ schlechter bezahlt wird als der vollzeitbeschäftigte Beamte (vgl. , Elsner-Lakerberg - Rn. 17).
19Soweit eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vorliegt, ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG gegeben, wenn die unterschiedliche Behandlung nicht aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist. Darunter sind Gründe zu verstehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Beschäftigungsumfangs zu tun haben und die auch nicht dazu führen, dass tragende Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ausgehöhlt werden. Ob ein derartiger Rechtfertigungsgrund vorliegt, müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten feststellen, weil sie für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständig sind ( 2 C 30.20 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 19 Rn. 18 m. w. N.).
20Unter Anwendung dieser Grundsätze ist bereits eine Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten und Vollzeitbeschäftigten zu verneinen. Im Übrigen wäre sie aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
21Zusätzliche Arbeitsleistung, d. h. bei vollzeitbeschäftigten Beamten über die normativ geregelte Wochenarbeitszeit hinausgehende und bei teilzeitbeschäftigten Beamten über die sich aus der Teilzeitquote ergebende Wochenarbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit, ist für die Versorgung sowohl der vollzeitbeschäftigten als auch der teilzeitbeschäftigten Beamten gleichermaßen irrelevant; in beiden Fällen spielt die zusätzliche Arbeit keine Rolle bei der für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgeblichen Dauer der Dienstzeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 und 3 BeamtVG). Dies gilt unabhängig davon, um welche Formen der zusätzlichen Dienstleistung - Überstunden, Mehrarbeit oder Zuvielarbeit - es sich handelt. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass zusätzliche Arbeitsleistung primär durch Freizeit auszugleichen ist. Auch dann, wenn sie nicht durch Freizeit ausgeglichen wird, entsteht - bei Vollzeit- wie bei Teilzeitbeschäftigten - kein Anspruch auf Berücksichtigung bei der Versorgung.
22Zur Annahme einer relativen Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten könnte man nur gelangen, wenn man Teilzeitbeschäftigte, die zusätzlich Mehrarbeit leisten, mit Vollzeitbeschäftigten ohne Mehrarbeit vergleicht. Denn bei Betrachtung dieser Vergleichsgruppen wird die über die Teilzeitquote hinausgehende zusätzliche Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nicht berücksichtigt, während entsprechende Dienstzeiten bei Vollzeitbeschäftigten berücksichtigungsfähig sind. Sofern das Instrument der Teilzeitbeschäftigung also rechtswidrig (vgl. - BVerfGE 119, 247 <270>) dazu eingesetzt wird, Beamte gegen ihren Willen in Teilzeitbeschäftigung zu verwenden, können sich Fragen der Diskriminierung wegen einer Teilzeitbeschäftigung stellen. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten soll auch verhindern, dass ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis benutzt wird, um den Betroffenen Rechte vorzuenthalten, die Vollzeitbeschäftigten zuerkannt werden (vgl. , Lufthansa City Line - Rn. 40).
23In diesen Fällen des "Formenmissbrauchs" von Teilzeitbeschäftigung geht es der Sache nach aber nicht um die versorgungsrechtliche Behandlung von Mehrarbeit oder sonstigen Formen der zusätzlichen Arbeitsverrichtung, sondern um die Frage, ob die erbrachte Arbeitszeit als regelmäßige Dienstzeit bewertet werden kann. Diese Einordnung findet ihre Ursache indes darin, dass der Kläger den Teilzeitbewilligungsbescheid vom , in dem die regelmäßige Arbeitszeit "auf seinen Antrag hin" ermäßigt worden ist, nicht angegriffen hat.
24Die Vorstellung, der Kläger könne nunmehr - 30 Jahre später - trotz des unterlassenen Gebrauchs von Primärrechtsmitteln die nach seinem Vortrag rechtswidrige Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung "liquidieren", die Zeiten also versorgungsrechtlich wie Dienstzeit behandeln lassen, entspricht nicht dem das deutsche Haftungsrecht durchziehenden Grundsatz vom Vorrang des Primärrechtsschutzes (vgl. 2 C 4.21 - NVwZ 2023, 609 Rn. 34; zum Verweis auf die vorrangig gebotene Möglichkeit des Primärrechtsschutzes auch u. a. - ZBR 2022, 306 Rn. 46 und 51). Um seine entsprechenden Rechte zu erhalten, wäre der Kläger vielmehr gehalten gewesen, den - nunmehr von ihm für unzutreffend gehaltenen - Teilzeitbewilligungsbescheid mit Rechtsmitteln anzugreifen.
25Ein entsprechendes Rechtsmittel wäre ihm auch zumutbar gewesen. Denn zum damaligen Zeitpunkt war in der maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bereits geklärt, dass die "obligatorische Teilzeitbeschäftigung von neu eingestellten Beamten" rechtswidrig ist (VGH Mannheim, Urteil vom - 4 S 1597/91 - ESVGH 42, 106). Ebenfalls geklärt war die Behandlung bereits bestandskräftig abgeschlossener Verfahren (vgl. 2 B 18.92 - Buchholz 232 § 72a BBG Nr. 2). Gründe dafür, warum der Kläger besser zu stellen sein sollte als die vergleichbar Betroffenen, die damals unverzüglich Rechtsschutz in Anspruch genommen haben, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich auch nicht aus den Vorgaben des Unionsrechts. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass zwingende Gründe der Rechtssicherheit Berücksichtigung finden müssen (vgl. , BVAEB - Rn. 36 m. w. N.).
26c) Der Zeitraum vom bis zum , in dem der Kläger als Lehrer im Angestelltenverhältnis ein Deputat von 11/23 Wochenstunden zu leisten hatte, aber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wegen zusätzlicher Arbeit insgesamt 23/23 Wochenstunden verrichtet hat, ist nach § 106 Abs. 5 Satz 1 LBeamtVG BW i. V. m. § 10 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BeamtVG a. F. in Höhe der Teilzeitquote ruhegehaltfähig.
27Nach § 106 Abs. 5 Satz 1 LBeamtVG BW i. V. m. § 10 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a. F. sollen auch Zeiten einer hauptberuflichen und in der Regel einem Beamten obliegenden Beschäftigung als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, in denen ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn tätig war, sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat. Gemäß § 106 Abs. 5 Satz 1 LBeamtVG BW i. V. m. § 10 Satz 3 BeamtVG a. F. dürfen Zeiten mit einer geringeren als der regelmäßigen Arbeitszeit jedoch nur zu dem Teil als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, der dem Verhältnis der tatsächlichen zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht.
28Hiernach sind - zwischen den Beteiligten auch unstreitig - die als Lehrer im Angestelltenverhältnis absolvierten Zeiten dem Grunde nach als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen. Dem Umfang nach ist die Berücksichtigungsfähigkeit auf die arbeitsvertraglich festgelegte Teilzeitquote beschränkt. Darüber hinaus geleistete Arbeitszeiten sind nicht ruhegehaltfähig und erhöhen den Versorgungsanspruch nicht.
29§ 10 BeamtVG ermöglicht im Interesse des Beamten unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung von Vordienstzeiten - also von nicht im Beamtenverhältnis verbrachten Zeiten - als ruhegehaltfähig. § 10 Satz 3 BeamtVG, wonach Zeiten mit einer geringeren als der regelmäßigen Arbeitszeit nur zu dem Teil als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden dürfen, der dem Verhältnis der tatsächlichen zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht, ist eine mit § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG übereinstimmende Regelung ( 2 C 38.96 - Buchholz 239.1 § 10 BeamtVG Nr. 11 a. E.) und entsprechend auszulegen. Eine Berücksichtigung von über die Teilzeitquote hinausgehenden Zeiten im Angestelltenverhältnis, die - wie oben ausgeführt - als Zeiten im Beamtenverhältnis nicht berücksichtigungsfähig wären, ist demnach ausgeschlossen. Dementsprechend bleiben die über die Teilzeitquote von 11/23 Wochenstunden hinausgehenden Arbeitszeiten des Klägers unberücksichtigt und kann auch hier dahinstehen, ob der Umfang der über diese Teilzeitquote hinausgehenden Zeiten im Berufungsurteil in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt festgestellt worden ist.
302. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger keine weitergehenden als die bereits zuerkannten Ansprüche auf Berücksichtigung seiner Zeiten in der Ausbildung zum Maler und Lackierer und im Architekturstudium zustehen.
31a) Das Berufungsurteil hat die knapp dreijährige Ausbildung des Klägers ohne Rechtsverstoß im Umfang von einem Jahr als ruhegehaltfähig angesehen.
32Nach § 106 Abs. 5 LBeamtVG BW findet dann, wenn - wie hier - das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am bestanden hat, § 12 Abs. 1 bis 4 BeamtVG in der bis zum geltenden Fassung Anwendung. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a. F. kann die Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Eine Ausbildung ist vorgeschrieben, wenn sie nach den laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit ihrer Ableistung zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. Bei der Ausbildung muss es sich um eine allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der Bewerber erfüllen muss, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Eine nützliche oder förderliche Ausbildung genügt nicht (stRspr, vgl. 2 C 28.95 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 S. 2 f., vom - 2 C 18.06 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 16 Rn. 22 und vom - 2 C 63.08 - BVerwGE 135, 14, Rn. 20; Beschluss vom - 2 B 103/11 - juris Rn. 11). Normativ vorgeschrieben war in Baden-Württemberg seinerzeit nach § 2 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung des Ministeriums für Kultus und Sport über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen (APrObSchhD) vom (GBl. 1984 S. 584), dass Bewerber, die nicht die Wissenschaftliche oder die Künstlerische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt hatten, eine ihrer Fachrichtung und zugleich dem Lehramt dienliche Betriebspraxis von mindestens einem Jahr nachweisen mussten.
33Die Berücksichtigung einer längeren, insbesondere einer nicht vorgeschriebenen, aber förderlichen Ausbildungszeit ist gesetzlich nicht vorgesehen. § 12 Abs. 2 BeamtVG a. F. ist zwar anwendbar, aber tatbestandlich nicht einschlägig, weil der Kläger kein Beamter des Vollzugsdienstes oder des Einsatzdienstes der Feuerwehr war. § 23 Abs. 4 LBeamtVG BW, wonach förderliche Zeiten bis zu einer Gesamtzeit von fünf Jahren ruhegehaltfähig sind, ist von § 106 Abs. 5 LBeamtVG BW für den Kläger als "Alt-Beamten" nicht für anwendbar erklärt worden. Entgegen dem klägerischen Vortrag in der Revisionsbegründung ist die Verweisung in § 106 Abs. 5 LBeamtVG BW auf die dort aufgeführten Bestimmungen nach der Fassung des Gesetzes erkennbar abschließend, wie der Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Ebenso wenig gibt es bei der Berücksichtigung von Vordienstzeiten ein "Günstigkeitsprinzip". Schließlich kommt es hinsichtlich der Verpflichtung zur Absolvierung einer Ausbildung auf die Regelungen des zur Alimentation verpflichteten Dienstherrn - der den Beamten als anderen Bewerber in seine Dienste genommen hat - an, nicht aber auf die Regelungen des Bundeslandes, in dem die Ausbildung absolviert worden ist.
34b) Ebenfalls ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsurteil die Berücksichtigungsfähigkeit des Architekturstudiums des Klägers verneint.
35Zum einen handelte es sich nicht um eine vorgeschriebene, sondern lediglich um eine förderliche Ausbildung, deren Berücksichtigung von § 106 LBeamtVG BW - wie ausgeführt - für den Kläger als "Alt-Beamten" nicht vorgesehen ist. Außerdem ist die von § 23 Abs. 6 LBeamtVG BW vorgesehene höchstens berücksichtigungsfähige Gesamtzeit von 855 Tagen einer abgeschlossenen förderlichen Hochschulausbildung bereits durch das vom Kläger ebenfalls absolvierte Studium der Farbtechnik und Raumgestaltung ausgeschöpft. Zudem hat der Kläger das Architekturstudium nicht abgeschlossen, sondern nach dem Vordiplom beendet. Entgegen dem klägerischen Vortrag in der Revisionsbegründung ist auch hier der Wortlaut des § 23 Abs. 6 LBeamtVG BW eindeutig und die Norm abschließend. § 23 Abs. 4 LBeamtVG BW, wonach auch förderliche Zeiten ruhegehaltfähig sind, ist - wie bereits ausgeführt - gerade nicht für anwendbar erklärt worden und kann daher nicht herangezogen werden.
363. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:091123U2C12.22.0
Fundstelle(n):
XAAAJ-58487