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BGH Beschluss v. - StB 74/23

Strafprozessrecht: Rechtsmittel der Beschwerde gegen auf Ablehnungsgesuch ergehenden Beschluss

Gesetze: § 304 Abs 5 StPO

Gründe

I.

1Der Ermittlungsrichter II des Bundesgerichtshofs hat mit dem angefochtenen Beschluss das Ablehnungsgesuch des Angeschuldigten betreffend den Ermittlungsrichter I, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. D.    , zurückgewiesen (1 BGs 1410/23). Zur Begründung ist ausgeführt, dass und warum eine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin nicht bestehe. Der Beschluss ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Sie lautet: „Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde gemäß § 147 StPO zulässig, die binnen einer Frist von einer Woche nach schriftlicher Bekanntgabe der Entscheidung […] einzulegen ist. […]“

2Binnen der genannten Frist hat der Angeschuldigte durch seine Pflichtverteidigerin „Beschwerde“ gegen den Beschluss erhoben. Im Anschluss daran hat der Generalbundesanwalt gegen den Angeschuldigten Anklage beim Oberlandesgericht Stuttgart erhoben.

II.

31. Die Beschwerde ist unzulässig.

4Gemäß § 304 Abs. 5 StPO ist gegen Beschlüsse und Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs die Beschwerde nur eröffnet, wenn diese Entscheidungen die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 StPO bezeichneten Maßnahmen betreffen. Der Beschluss, der gemäß § 27 StPO auf ein Ablehnungsgesuch ergeht, findet dort keine Erwähnung.

5Es besteht auch kein Raum für eine analoge Anwendung von § 304 Abs. 5 StPO.Diese ist allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn die angefochtene Entscheidung in mit den Ausnahmetatbeständen vergleichbarer schwerwiegender Weise in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift. Für eine Ausdehnung auf Sachverhalte, die den Ausnahmekatalog auf völlig anders gelagerte Konstellationen erweitern würde, besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 40/20, juris Rn. 5; vom - StB 22/19, juris Rn. 4 f. mwN; vom - StB 10/15 u.a., NJW 2015, 3671 Rn. 9).

62. Danach bedarf hier nicht der Entscheidung, ob das Rechtsmittel prozessual überholt ist oder dem entgegensteht, dass der abgelehnte Richter - formal betrachtet - künftig erneut mit der Sache befasst werden könnte, namentlich bei Rücknahme der Anklage oder nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (§ 162 Abs. 3 Satz 3 StPO).

73. Die Nichterhebung von Kosten beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Es ist unbillig, den Angeschuldigten mit Kosten zu belasten, für deren Entstehung die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses mitursächlich geworden ist (vgl. , juris Rn. 7).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110124BSTB74.23.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-58058