Online-Nachricht - Donnerstag, 18.01.2024

Verfahrensrecht | Förderung des demokratischen Staatswesens als gemeinnütziger Zweck bei Online-Petitionen (FG)

Der Begriff der Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 Abs. 2 Nr. 24 AO) muss sich aus grundrechtlich verbürgten Prinzipien, Rechten und Werten ableiten lassen. Dazu gehört insbesondere die Förderung der Ausübung der grundgesetzlich verbürgten Grundrechte sowie der Förderung allgemeiner demokratischer Teilhabe, die sich aus dem Demokratieprinzip ergibt (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 28/23, s. auch Parallelentscheidung v. - 8 K 8012/23).

Hintergrund: Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind von der Körperschaftsteuer solche Körperschaften befreit, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke erfüllen. Eine Körperschaft verfolgt nach § 52 Abs. 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit insbesondere auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, einen der in § 52 Abs. 2 AO aufgezählten Zwecke zu fördern.

Sachverhalt: Der Kläger, ein eingetragener Verein, betrieb eine Online-Plattform, über die die Nutzer eigene Kampagnen jeglicher Art veröffentlichen konnten (sog. Online-Petition). Vorstand und Mitarbeiter des Klägers unterstützten die Nutzer bei der Gestaltung der Kampagnen. Streitig war, ob der Begriff „allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“ in § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO bei sog. Online-Petitionen auch solche an nicht-staatliche Stellen erfasst.

Nach Auffassung der Richter verfolgt der Kläger die Förderung der Meinungsfreiheit in tatsächlicher Hinsicht:

  • Das demokratische Prinzip bedingt nicht nur die Parteien- und Wahldemokratie, sondern erfordert generell den aufgeklärten Bürger.

  • Demokratie ist ohne Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht denkbar. Damit fördert der Kläger das demokratische Staatswesen in seinem Kernbereich.

  • Im Umkehrschluss führt die auf den Kernbereich zielende Förderung dazu, dass die einzelne Tätigkeit nicht zwingend messbare Erfolge aufweisen muss; die Förderung der Einzelnen und deren Erfahrungen im demokratischen Prozess genügt.

Hinweis:

Das Finanzamt hat die zugelassene Revision eingelegt, diese ist beim Bundesfinanzhof zum Az. V R 28/23 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank veröffentlicht

Quelle: u.a. FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
IAAAJ-57186