BGH Beschluss v. - VII ZR 546/21

Instanzenzug: Az: 27 U 52/20vorgehend Az: 1 O 195/19

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.

2Er erwarb im August 2012 einen von der Beklagten hergestellten Pkw Mercedes Benz GLK 220 CDI, 4Matic, Blue-Efficiency als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 55.477,80 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs OM 651 ausgestattet, der von der Beklagten entwickelt und hergestellt worden ist. Das Fahrzeug des Klägers ist von einem Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen betroffen.

3Das Landgericht hat zunächst ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen das der Kläger Einspruch eingelegt hat. Daraufhin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 46.921,34 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.828,91 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

4Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage insgesamt abgewiesen.

5Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung und rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs.

II.

6Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das angefochtene Urteil beruht - wie die Beschwerde zu Recht rügt - auf einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.

7Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit hier von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

8Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB zu. Die Beklagte habe nicht sittenwidrig gehandelt. Bei der Verwendung einer Prüfstandserkennung beziehungsweise einer sogenannten Umschaltlogik sei ohne weiteres von einer sittenwidrigen Handlung des Motorherstellers auszugehen. Arbeite dagegen die beanstandete Steuerungssoftware unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen im Grundsatz in gleicher Weise wie im normalen Fahrbetrieb, sei der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt.

9Die unstreitige Verwendung einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) im Fahrzeug des Klägers begründe den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht. Für eine Prüfstandserkennung der KSR habe der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte aufgezeigt. Aus dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die KSR automatisch zwischen Prüfstand und Normalbetrieb unterscheide und im Normalbetrieb grundsätzlich anders arbeite als auf dem Prüfstand.

10Arbeite die beanstandete Steuerungssoftware unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen im Grundsatz in gleicher Weise wie im normalen Fahrbetrieb, sei der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt. Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setze in diesen Fällen jedenfalls voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der KSR in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, wobei der Kläger für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast trage.

11Solche Anhaltspunkte seien vom Kläger nicht hinreichend konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt worden. Er habe insbesondere nicht vorgetragen, dass die Beklagte bei Erwirken der Typgenehmigung das KBA bewusst über das Vorhandensein einer ihr bekannten, dem KBA jedoch verschleierten, unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht habe. Habe die Beklagte seinerzeit die Rechtslage lediglich fahrlässig verkannt, fehle es an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.

12Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten ergebe sich auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Es fehle an einem vorsätzlichen Verhalten der Beklagten, weil ihre Annahme, es handele sich bei der KSR um eine zulässige Abschalteinrichtung, jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs eine zulässige Auslegung des Gesetzes gewesen sei.

13Der Kläger habe zudem keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, weil diese Vorschriften keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB seien.

III.

141. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Substantiierungsanforderungen im Hinblick auf die KSR in gehörsverletzender Weise gehandhabt hat.

15a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 42, BauR 2021, 1183 = NZBau 2021, 316; Beschluss vom - VII ZR 261/18 Rn. 13, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom - VII ZR 166/19 Rn. 14, BauR 2020, 1035 = NZBau 2020, 293 jeweils m.w.N.).

16b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die KSR eine unzulässige Abschalteinrichtung ist, so dass dies revisionsrechtlich zu unterstellen ist.

17c) Damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann, müssen nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. Rn. 17, juris; Urteil vom - VII ZR 190/20 Rn. 30, WM 2021, 2108; Beschluss vom - VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661; Beschluss vom - VI ZR 433/19 Rn. 19, ZIP 2021, 297).

18aa) Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit, auf welches das Berufungsgericht abstellt, ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen kann, zu unterscheiden (vgl. Rn. 18; Beschluss vom - VII ZR 126/21 Rn. 18, juris; Urteil vom - VII ZR 190/20 Rn. 19, WM 2021, 2108; Beschluss vom - VI ZR 889/20 Rn. 27, VersR 2021, 661; Beschluss vom - VI ZR 433/19 Rn. 18, ZIP 2021, 297). Das Berufungsgericht benennt damit eines der wesentlichen Merkmale, nach denen die den sogenannten Dieselskandal auslösende, von der Volkswagen AG im Motortyp EA 189 verwendete Manipulationssoftware nicht nur eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, sondern die deutlich höheren Anforderungen an eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB erfüllen kann. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden.

19bb) Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Sachvortrag des Klägers, die Abgasreinigung seines Fahrzeugs werde durch eine Software-Funktion gesteuert, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde und in diesem Fall eine KSR aktiviere, die den Ausstoß von Stickoxiden auf das zulässige Maß reduziere, nicht nachgegangen ist. Die Verwendung einer derartigen Prüfstandserkennungssoftware käme als Anknüpfungspunkt für die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der für die Beklagte handelnden Personen grundsätzlich in Betracht.

20(1) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. , WM 2012, 492, juris Rn. 16; Rn. 20, juris; Urteil vom - VI ZR 128/20 Rn. 20, WM 2021, 1609; Urteil vom - VI ZR 401/19 Rn. 19, MDR 2021, 871; Beschluss vom - VIII ZR 57/19 Rn. 7, ZIP 2020, 486; Beschluss vom - VI ZR 163/17 Rn. 11, VersR 2019, 835; jeweils m.w.N.).

21Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrundeliegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen ( Rn. 21, juris; Urteil vom - VI ZR 128/20 Rn. 21 f. m.w.N., WM 2021, 1609).

22(2) Danach liegt eine Gehörsverletzung vor. Die Annahme des Berufungsgerichts, der von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigte Vortrag des Klägers biete keine hinreichenden Anhaltspunkte für die behauptete Prüfstandsbezogenheit der KSR, überspannt die Anforderungen offenkundig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

23(a) Der Kläger hat unter Vorlage der Presseberichte aus dem "Handelsblatt" vom und vorgetragen, dass das KBA wegen des Verdachts einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gegen die Beklagte ermittle, bei der eine Software-Funktion eine spezielle Temperaturregelung (KSR) aktiviere, welche den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter halte und die Aufwärmung des Motoröls verzögere. Nur dadurch blieben die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte. Im realen Fahrbetrieb hingegen werde diese Funktion deaktiviert und der gesetzliche Grenzwert von 180 mg/km deutlich überstiegen. Festgestellt sei die Softwarefunktion bei Emissionsmessungen an einem GLK 220 CDI mit dem auch hier eingebauten OM 651 Dieselmotor.

24Unter Verweis auf das vom Berufungsgericht berücksichtigte Sachverständigengutachten hat der Kläger weiter vorgetragen, der Modus, bei dem die Kühlflüssigkeit eine Solltemperatur von 70 °C (statt sonst 100 °C) halte, werde vorrangig im Neuen Europäischen Fahrzyklus eingesetzt, während im realen Betrieb der Modus unter ganz gewöhnlichen Bedingungen abschalte und nur unter völlig verkehrsfremden Bedingungen wieder aktiviert werde. Die abgesenkte Kühlmitteltemperatur habe ein verzögertes Aufwärmen des im Fahrzeug befindlichen Motoröls zur Folge, woraus eine verlangsamte Aufwärmung des gesamten Motors resultiere und niedrigere Temperaturen im Brennraum des Fahrzeugs entstünden. Ergebnis dieses Prozesses sei eine auf dem Prüfstand erheblich geringere NOx-Bildung, welche letztlich zum Einhalten der gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxid auf dem Prüfstand führe. Zwischen einer Prüfstandserkennung und einer zyklusnahen Bedatung bestehe in der Wirkungsweise und in der Intention kein Unterschied. Bei realen Betriebsbedingungen greife die KSR nur ein, wenn sämtliche Prüfstandparameter gegeben seien. Dass dies auch außerhalb des Labors vorkommen könne, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Denn im realen Straßenbetrieb seien die Bedingungen zur Ansteuerung der erhöhten Solltemperatur von 100 °C bereits beim ersten Anfahren erfüllt. Die KSR diene damit ausschließlich der Einhaltung der zur Erlangung einer EG-Typgenehmigung vorgeschriebenen gesetzlichen Grenzwerte für NOx auf dem Prüfstand. Obwohl die Regelungsbedingungen für die KSR nicht nur auf dem Prüfstand zur Anwendung kämen, habe das KBA für den Fahrzeugtyp des klägerischen Fahrzeugs einen Rückruf angeordnet, weil bei normalen Betriebsbedingungen die KSR nicht eingreife.

25(b) Weitergehender Vortrag war vom Kläger nicht zu verlangen. Der Bezug zum Klägerfahrzeug ergibt sich aus dem verpflichtenden Rückruf durch das KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, durch den der Einbau einer solchen im Klägerfahrzeug indiziert wird. Der Kläger durfte sich insoweit darauf beschränken zu behaupten, dass der Rückruf wegen einer manipulativen unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der KSR erfolgt sei. Ein Nachweis dafür, dass das KBA den Rückruf tatsächlich auf die KSR gestützt hat, war von ihm nicht zu verlangen. Denn mangels besserer Erkenntnisquellen - der Kläger ist nicht Adressat des Bescheids - durfte er insoweit auch von ihm nur vermutete Tatsachen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, für die er sich zudem auf Medienberichterstattung berufen hat, die eine Relevanz der KSR für den Rückruf nahelegen. Zwar hat das vom Kläger zitierte Sachverständigengutachten nicht ausgeschlossen, dass die Absenkung der Kühlmittel-Solltemperatur auch im normalen Fahrbetrieb auftreten könne. Der Beachtlichkeit des Sachvortrags des Klägers auf der Darlegungsebene steht dies indes genauso wenig entgegen wie der Umstand, dass die Beklagte bestritten hat, die KSR sei nur auf dem Prüfstand aktiviert. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger nicht zu den technischen Einzelheiten der Beeinflussung des Emissionskontrollsystems vorgetragen hat. Der Kläger darf sich zwar nicht auf bloße Schlagworte beschränken; von ihm als Außenstehenden und technischen Laien kann aber nicht verlangt werden, dass er im Einzelnen darlegt, wie die von ihm behauptete Abschalteinrichtung konkret funktioniert (vgl. Rn. 24, juris; Urteil vom - VI ZR 128/20 Rn. 26, WM 2021, 1609).

26c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zu einer für ihn günstigeren Beurteilung gekommen wäre.

272. Von der aufgezeigten Gehörsverletzung beeinflusst ist zugleich die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinsichtlich der KSR nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass die für die Beklagte agierenden Personen die unzulässige Abschalteinrichtung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und unter billigender Inkaufnahme des Gesetzesverstoßes entwickelt und implementiert haben. Zwar lehnt das Berufungsgericht zutreffend und insoweit von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen einen Schädigungsvorsatz der Beklagten hinsichtlich des Thermofensters ab. Sollte aber die KSR ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktivieren, wäre dieser Umstand, wie bereits dargelegt, grundsätzlich geeignet, auf eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden und ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein der Handelnden zu schließen (vgl. Rn. 26, juris; Beschluss vom - VII ZR 126/21 Rn. 18, juris; Urteil vom - VII ZR 190/20 Rn. 19, WM 2021, 2108; Beschluss vom - VI ZR 889/20 Rn. 27, VersR 2021, 661; Beschluss vom - VI ZR 433/19 Rn. 18, ZIP 2021, 297).

IV.

28Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

29Für das weitere Verfahren weist der Senat daraufhin, dass nach der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteile vom - VII ZR 306/21, VII ZR 619/21, z.V.b.) zudem eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV in Betracht kommt (vgl. VIa ZR 335/21, ZIP 2023, 1421).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:061223BVIIZR546.21.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-56682