Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 3 U 81/20 Urteilvorgehend LG Frankfurt (Oder) Az: 13 O 65/19
Gründe
I.
1Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 669.500 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen, beide Entscheidungen ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt, dem Beklagten eine Abwendungsbefugnis gegen Sicherheitsleistung eingeräumt und die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung. Der Gerichtsvollzieher hat Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den bestimmt.
2Der Beklagte hat gegen das Urteil des Berufungsgerichts Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese begründet. Er beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung mit der Behauptung, dass ihm der Verlust seiner Anwaltszulassung drohe. Dies sei schon dann zu besorgen, wenn er Auskunft über seine Vermögensverhältnisse erteile.
II.
3Der Einstellungsantrag ist nicht begründet. Wird Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 7 Satz 2 ZPO). Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 719 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
41. Die Entziehung der Zulassung als Rechtsanwalt kann zwar ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO sein (vgl. , BGHR ZPO § 719 Abs. 2 Satz 1 Nachteil 6). Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind. Ein solcher Vermögensverfall wird kraft Gesetzes vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist. Offenbleiben kann zu Gunsten des Beklagten, ob die Rechtsanwaltskammer in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden vor dem Ausspruch des Widerrufs nicht bis zum Abschluss des Nichtzulassungsbeschwerde- beziehungsweise Revisionsverfahrens abwarten würde (vgl. aaO) und ferner, ob es nicht Sache des Beklagten ist, seine gegenteilige Behauptung im Einzelnen zu begründen und glaubhaft zu machen.
52. Es fehlt jedoch an der Darlegung und Glaubhaftmachung, dass der Beklagte den ihm - unterstellt - drohenden Nachteil des Zulassungswiderrufs nicht aus eigener Kraft abwenden könnte, indem er die Klagforderung - vorläufig - befriedigt (vgl. , BGHR ZPO § 719 Abs. 2 Satz 1 Nachteil 6). Unersetzlich im Sinne von § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nur solche Nachteile, die der Schuldner nicht selbst vermeiden kann (vgl. , WuM 2023, 499 Rn. 5).
6a) Der Beklagte behauptet, zur Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung außerstande zu sein. Er hat hierzu lediglich erklärt, finanziell nicht in der Lage zu sein, die derzeitige Forderung der Klägerin im Wege der vorläufigen Vollstreckung auszugleichen, und dies an Eides statt versichert. Zudem hat er ein Schreiben einer Bank vom vorgelegt, dass diese zur Zeit keinen Kredit für eine Prozessbürgschaft über 736.450 € auf Basis der eingereichten Unterlagen beziehungsweise Informationen zur Verfügung stellen könne. Das genügt den Darlegungsanforderungen nicht. Zu verlangen ist, dass die Vermögensverhältnisse im Einzelnen offengelegt werden, insbesondere angegeben wird, welche Vermögenswerte vorhanden sind und ob für ein gegebenenfalls notwendiges Bankdarlehen Sicherheiten gestellt werden können (vgl. aaO). Die von dem Beklagten zur Glaubhaftmachung vorgelegte eidesstattliche Versicherung enthält keine näheren Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen. Mit Blick auf das vorgelegte Schreiben der Bank ist unklar, auf welcher Tatsachengrundlage die Erklärung des Kreditinstituts beruht.
7b) Gegenüber dem Interesse des Beklagten, seine konkreten Vermögensverhältnisse im Hinblick auf den als Folge ihrer Offenlegung angeblich sofort drohenden Verlust seiner Anwaltszulassung geheim zu halten, überwiegt das Interesse der Klägerin, ihre vorläufig titulierte Forderung durchzusetzen.
8c) Damit kommt es nicht darauf an, dass der Beklagte in der Berufungsinstanz keinen Antrag gemäß § 712 ZPO gestellt hat und ob dieser entsprechend seinen Ausführungen ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist (vgl. , WuM 2023, 499 Rn. 5 mwN).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:030124BIXZR86.23.0
Fundstelle(n):
OAAAJ-56656