BGH Beschluss v. - 3 StR 375/23

Instanzenzug: LG Wuppertal Az: 30 KLs 6/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, den Mitangeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, auch in Bezug auf den Mitangeklagten. Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den hier maßgeblichen, vom Landgericht getroffenen Feststellungen entschlossen sich der Angeklagte und der Mitangeklagte, gemeinsam Großraumplantagen zur Aufzucht von Marihuanapflanzen zu betreiben und die Ernte gewinnbringend weiterzuverkaufen. Da sie für die Plantagen vorgesehene Stecklinge nicht selbst aus den Niederlanden nach Deutschland bringen wollten, beauftragten sie hierzu einen Dritten. Sie luden in den Niederlanden die Stecklinge in den Kofferraum des von diesem genutzten Pkw. Der Dritte fuhr damit sodann nach Deutschland und geriet in eine Zollkontrolle, bei der die Pflanzen sichergestellt wurden. Später nahmen der Angeklagte und der Mitangeklagte die Anpflanzungen mit anderen Setzlingen vor.

32. Die Feststellungen sind durch die Beweiswürdigung rechtsfehlerfrei belegt (vgl. zum revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab etwa , BGHSt 66, 226 Rn. 29 f.). Sie tragen indes nicht die rechtliche Bewertung, der Angeklagte und der Mitangeklagte hätten die Pflanzen als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) nach Deutschland eingeführt. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Folgendes dargelegt:

„Die mittäterschaftliche Einfuhr im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfordert, dass die Voraussetzungen für täterschaftliches Handeln nach dem allgemeinen Strafrecht vorliegen. Mittäter der Einfuhr kann zwar auch sein, wer das Rauschgift nicht selbst ins Inland verbringt; der Tatbeitrag des Mittäters muss dann aber einen Teil der Tätigkeit aller und dementsprechend das Handeln der anderen eine Ergänzung seines Tatbeitrages darstellen. Von besonderer Bedeutung sind dabei neben dem Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt für die anzustellende wertende Gesamtbetrachtung ist hierbei der Einfuhrvorgang selbst (vgl. Senat, Beschlüsse vom - 3 StR 210/23 - und vom - 3 StR 45/22 - NStZ 2023, 51; BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 191/18 - NStZ 2019, 96 und vom - 1 StR 316/18 - NStZ 2019, 416; jeweils m.w.N.). Das bloße Veranlassen einer Beschaffungsfahrt ohne Einfluss auf deren Durchführung genügt daher nicht (Senat, Beschluss vom - 3 StR 470/11 - StV 2012, 410).

[…] Gemessen an diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten in Bezug auf die Einfuhrtat durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat über die Beauftragung des gesondert Verfolgten für die Transportfahrt hinausgehende Feststellungen nicht getroffen. Eine weitergehende Einflussnahme des Angeklagten auf die Vorbereitung der Tat, beispielsweise durch entsprechende Unterweisung des Kuriers, ist ebenso wenig festgestellt wie solche die Durchführung der Einfuhrfahrt betreffende Handlungen des Angeklagten, etwa in Form einer durch ihn veranlassten oder selbst vorgenommenen Überwachung. Damit fehlt es an hinreichenden, über das Tatinteresse des Angeklagten und die Veranlassung der Transportfahrt hinausgehenden, seine Tatherrschaft oder jedenfalls seinen darauf gerichteten Willen belegenden Umständen.

[…] Die Feststellungen zu der Tathandlung des Angeklagten belegen jedoch eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 26 StGB. Der Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der nicht geringen Menge ist jeweils ohne Rechtsfehler festgestellt (UA S. 27). Das Urteil enthält keinerlei entgegenstehenden Vorstellungen des Angeklagten betreffend die nicht geringe Mengen des gehandelten oder eingeführten Rauschgifts, die angesichts der Mengen der jeweils angebauten oder eingeführten Pflanzen aber auch fernliegend erscheinen.

Der Senat wird den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Absatz 1 StPO ändern können. § 265 Absatz 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchberichtigung ist angesichts des auch ihn betreffenden Rechtsfehlers nach § 357 StPO auch auf den nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken ([…] -).“

4Dem verschließt sich der Senat nicht und ändert den Schuldspruch entsprechend.

53. Der Strafausspruch bleibt davon unberührt. Es ist angesichts der konkreten Umstände und der vom Landgericht herangezogenen Zumessungsgesichtspunkte auszuschließen, dass es bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine andere Strafe erkannt hätte. Die abweichende Beurteilung lässt den anzuwendenden Strafrahmen gemäß § 26 StGB unberührt. Die vom Tatgericht angestellten Erwägungen haben auch bei der rechtlichen Einordnung als Anstiftung Geltung.

64. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit dessen gesamten Kosten zu belasten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:141123B3STR375.23.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-56617