BVerwG Beschluss v. - 9 B 19/23

Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az: 5 S 1024/22 Urteilvorgehend Az: 8 K 6305/19

Gründe

1Die Beschwerde, die sich allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stützt, bleibt ohne Erfolg.

2Die Frage,

Verbietet das Äquivalenzprinzip bei straßenrechtlichen Sondernutzungsgebühren die Festsetzung der Gebühr unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung?,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Nach ständiger Rechtsprechung wird die Sondernutzungsgebühr nicht als Gegenleistung für die Verwaltungsleistung "Erteilung einer Genehmigung" erhoben, sondern für die Hinnahme einer den Gemeingebrauch übersteigenden Nutzung der öffentlichen Sache Straße und der damit einhergehenden Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs anderer. Hieraus folgt nach dem Äquivalenzprinzip, dass die für die Sondernutzung geforderte Gebühr in keinem Missverhältnis zum möglichen Ausmaß der Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs und zu dem mit der Sondernutzung verfolgten wirtschaftlichen Interesse stehen darf (vgl. 4 C 137.68 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 1 S. 2 und - 4 C 38.69 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 3 S. 5, vom - 4 C 73.78 - Buchholz 407.4 § 8 FStrG Nr. 17 S. 2 und vom - 3 C 6.13 - BVerwGE 151, 129 Rn. 16; Beschluss vom - 9 B 24.08 - NVwZ 2009, 185 Rn. 4, 8; s. a. Sauthoff, in: Müller/Schulz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 8 Rn. 57). Auf die Kosten des Verwaltungsaufwands kommt es danach nicht an.

3Daraus folgt zugleich, dass auch die Frage,

Bedarf es als Grundlage für die Erhebung von straßenrechtlichen Sondernutzungsgebühren einer Gebührenkalkulation?,

nicht die Zulassung der Revision rechtfertigt. Die Frage knüpft daran an, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Verwaltungsgebühren eine präzise Vorauskalkulation nicht verlangt werden kann, weil sich maßgebliche Bestimmungsfaktoren der Gebührenbemessung wie die speziellen Kosten der gebührenpflichtigen öffentlichen Leistungen und der Vorteil der Leistungen für den Gebührenschuldner häufig nicht exakt und im Voraus ermitteln lassen ( 9 C 1.20 - BVerwGE 172, 292 Rn. 29 m. w. N.). Der Kläger macht insoweit geltend, dass sich zwar einzelne, vom Berufungsgericht hervorgehobene Bestimmungsfaktoren einer zuverlässigen Prognose entzögen, dass aber der Verwaltungsaufwand für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu ermitteln sei. Auf Letzteren kommt es indes, wie vorstehend ausgeführt, nicht an.

4Schließlich ist die Revision auch nicht zur Klärung der Frage,

Kann der Begriff des gemeinnützigen Zweckes in einer kommunalen Satzung zur Erhebung von Sondernutzungsgebühren so ausgelegt werden, dass zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Zweck differenziert wird?,

zuzulassen. Diese Frage zielt auf eine Befreiungsregelung in der streitigen Satzung, der zufolge Sondernutzungsgebühren nicht erhoben werden "(...) wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt oder ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dient". Das Berufungsgericht hat beide Tatbestandsmerkmale verneint; hinsichtlich der zweiten Variante sei das Merkmal der Ausschließlichkeit nicht erfüllt. Die Sondernutzung sei nicht der Bau der Fakultät für ..., sowie die Einrichtung der dafür erforderlichen Baustelle auf öffentlichen Straßen. Damit diene sie "allenfalls mittelbar" einem gemeinnützigen Zweck.

5Kommunale Satzungen unterfallen nicht dem revisiblen Recht. Auch der Umstand, dass das Berufungsgericht bei der Auslegung des Begriffs der "ausschließlich gemeinnützigen Zwecke" in § 3 Abs. 2 Nr. 9 der Sondernutzungsgebührensatzung § 52 AO herangezogen hat, begründet für sich genommen keine bundesrechtliche Klärungsbedürftigkeit, zumal das Gericht nicht den öffentlichen Zweck des Baus der Technischen Fakultät, sondern das von der Satzung geforderte Merkmal der Ausschließlichkeit verneint hat. Da unterschiedliche Auslegungen einer Norm durch verschiedene Obergerichte die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nur dann rechtfertigen können, wenn diese dem revisiblen Recht angehört, verhilft auch der Hinweis auf das nach Ansicht des Klägers divergierende Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom (- 8 BV 18.2005 - BayVBl. 2019, 677) der Beschwerde nicht zum Erfolg. Im Übrigen verweist der Beklagte zu Recht darauf, dass sich die vorgenannte Entscheidung (allein) zum Begriff des öffentlichen Interesses, nicht jedoch zu demjenigen des gemeinnützigen Zwecks verhält.

6Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:011223B9B19.23.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-56551