Wechsel des Pflichtverteidigers
Gesetze: § 143a Abs 1 S 1 StPO, § 143a Abs 2 S 1 Nr 3 StPO
Instanzenzug: Az: 1 Ks 300 Js 46621/22nachgehend Az: 5 StR 499/23 Beschluss
Gründe
I.
1Das Landgericht hat den Angeklagten am unter anderem wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Revision ist seit dem beim Senat anhängig.
2Mit Schreiben vom hat der Angeklagte gegenüber dem Landgericht die Aufhebung der Beiordnung seiner bisherigen Pflichtverteidigerin, Rechtsanwältin P. , beantragt, da das Vertrauensverhältnis zu ihr endgültig zerrüttet sei. Nachdem die Pflichtverteidigerin den Angaben des Angeklagten entgegengetreten war, hat das Landgericht den Antrag mit Beschluss vom abgelehnt. Mit Schreiben vom zeigte Rechtsanwalt R. die Übernahme der Verteidigung als Wahlverteidiger an; das Landgericht hat daraufhin die Beiordnung von Rechtsanwältin P. aufgehoben. Rechtsanwalt R. hat mit Schriftsatz vom sein Wahlmandat niedergelegt. Mit Schriftsatz vom hat sich Rechtsanwältin L. als Verteidigerin des Angeklagten legitimiert und ihre Beiordnung beantragt.
II.
3Dem Angeklagten ist unter Ablehnung des Antrags auf Beiordnung von Rechtsanwältin L. seine frühere Pflichtverteidigerin beizuordnen.
4Wird die Bestellung eines Pflichtverteidigers allein deshalb gemäß § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO aufgehoben, weil sich ein Wahlverteidiger gemeldet hat, ist im Falle der Beendigung seines Mandats zur Vermeidung einer Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen für einen Verteidigerwechsel regelmäßig der frühere Pflichtverteidiger wieder zu bestellen (vgl. , BGHR StPO § 143 Rücknahme 4; KK-StPO/Willnow, 9. Aufl., § 143a Rn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 143a Rn. 6).
5So liegt es auch hier. Dabei kann offenbleiben, ob es dem Angeklagten durch die zeitweilige Mandatierung von Rechtsanwalt R. darum ging, seine Pflichtverteidigerin trotz des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StPO aus dem Verfahren zu drängen.
6Gründe, die gegen eine Beiordnung von Rechtsanwältin P. sprechen, sind nicht ersichtlich. Die pauschalen und nicht näher belegten Vorwürfe des Angeklagten, denen die Rechtsanwältin entgegengetreten ist, konnten weder ihre Entpflichtung noch ein Absehen von der erneuten Beiordnung rechtfertigen. Gleiches gilt für Beschimpfungen und Beleidigungen der Verteidigerin durch den Angeklagten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 143a Rn. 21 mwN) und ihre hierdurch provozierte Strafanzeige (vgl. , BGHSt 39, 310, 316).
7Der Beiordnung steht schließlich auch nicht entgegen, dass Rechtsanwältin L. die Verteidigung des Angeklagten übernommen hat, weil die Bestellung zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens erforderlich ist (§ 144 Abs. 1 StPO). Dass Rechtsanwältin L. ihr Mandat als Wahlverteidigerin fortführen wird, erscheint nicht gesichert.
Cirener
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:271223B5STR499.23.0
Fundstelle(n):
IAAAJ-56311