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BVerwG Beschluss v. - 1 WB 27/23

Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch keine dienstliche Maßnahme

Gesetze: § 17 Abs 3 S 1 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO

Tatbestand

1Die Antragstellerin begehrt die Änderung des Vermerks über ein Personalentwicklungsgespräch.

2Die 1981 geborene Antragstellerin ist Soldatin auf Zeit mit einer festgesetzten Dienstzeit von 20 Jahren, die am endet. Sie ist approbierte Ärztin und wird seit Januar 2016 beim Bundeswehrkrankenhaus ... als Sanitätsstabsoffizierin im Fachbereich Laboratoriumsmedizin eingesetzt.

3Mehrfach im Jahre 2020 sowie zuletzt am 13., 15. und führte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit der Antragstellerin telefonische Personalentwicklungsgespräche. Nach dem hierüber erstellten "Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" vom wurden dabei die persönliche und dienstliche Situation der Antragstellerin, ihre Vorstellungen zum weiteren Werdegang sowie die Planungen des Bundesamts für das Personalmanagement für die künftige dienstliche Verwendung erörtert. Der Vermerk hält unter Nr. 2.4 als Ergebnis fest, dass die Antragstellerin sich umfassend informiert fühle, dennoch Dissens bezüglich der weiteren Verwendungsplanung bestehe.

4Mit E-Mail vom übermittelte die Antragstellerin eine Stellungnahme vom zu dem Personalgesprächsvermerk (Dateianhang "Antwort auf Vermerk mit Zielvereinbarung") und erklärte, dass sie den zugesandten Vermerk in der aktuellen Fassung nicht unterzeichnen werde, weil diverse Abweichungen bestünden, die sie korrigiert wissen wolle. Sie beantrage eine entsprechende Abänderung des Gesprächsvermerks. In der Stellungnahme vom äußert sich die Antragstellerin ausführlich und detailliert zu allen Punkten des Personalentwicklungsgesprächs, insbesondere zu den verschiedenen Problemen ihrer Weiterbildung beim Bundeswehrkrankenhaus ..., zu ihrer persönlichen Situation als Soldatin, Ärztin und Mutter und zu Alternativen ihrer Verwendungsplanung und deren Realisierbarkeit.

5Mit E-Mail vom , erhalten am , teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Antragstellerin mit, dass es das Dokument "Antwort auf Vermerk der Zielvereinbarung" als Anhang zu dem Gesprächsvermerk sowohl in die Grundakte verfügen als auch digital an das PDF-Dokument anhängen werde; eine Änderung des Vermerks über das Personalentwicklungsgespräch werde hingegen nicht erfolgen. Anschließend nahm das Bundesamt für das Personalmanagement zu den Kritikpunkten der Antragstellerin Stellung und erläuterte die - seiner Auffassung nach zutreffenden - Aussagen in dem Gesprächsvermerk.

6Mit Schreiben vom erhob die Antragstellerin Beschwerde, mit der sie sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Abänderung des Gesprächsvermerks wandte und verlangte, die aus ihrer Sicht falsch dargestellten Sachverhalte richtigzustellen. Schon die Bezeichnung als Gesprächsvermerk "mit gemeinsamer Zielvereinbarung" zeige, dass das Personalentwicklungsgespräch nicht ausschließlich aus der Sicht der Personalführung wiedergegeben werden dürfe. Im Einzelnen legte sie vier Punkte dar, in denen ihrer Auffassung nach die Personalführung unzutreffende Aussagen über die Möglichkeit einer erfolgreichen Durchführung ihrer Facharztausbildung im Fachgebiet Laboratoriumsmedizin beim Bundeswehrkrankenhaus ... getätigt habe.

7Mit Bescheid vom verband das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde der Antragstellerin vom mit einer weiteren, von ihr unter dem erhobenen Beschwerde zur gemeinsamen Entscheidung und wies beide Beschwerden zurück. Die Beschwerde betreffend die Änderung des Protokolls über das Personalentwicklungsgespräch sei bereits unzulässig. Es fehle an einem Eingriff in Rechte der Antragstellerin, weil ein Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch im Bereich der Mitteilung von bloßen Planungen und Absichten verbleibe und damit keine mit der Wehrbeschwerde anfechtbare Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO darstelle. Auch bestehe kein Anspruch auf inhaltliche Korrektur; der Betroffene könne nur verlangen, dass seine schriftliche Stellungnahme mit seiner abweichenden Position zusammen mit dem Vermerk über das Personalentwicklungsgespräch zu den Personalakten genommen werde. Dem sei das Bundesamt für das Personalmanagement bereits nachgekommen. Weil die Stellungnahme der Antragstellerin der Dokumentation des Personalentwicklungsgesprächs unmittelbar nachgeheftet sei, sei auch für jedermann ersichtlich, dass ein Dissens bestehe. Inwieweit allein aus der Überschrift "Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" unmittelbare Nachteile erwachsen sollten, habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids verwies das Bundesministerium der Verteidigung darauf, dass der Antragstellerin angesichts der von ihr dargelegten zwischenmenschlichen Spannungen frühzeitig und transparent mehrere Modelle dargelegt worden seien, wie sie unter Verbleib am Standort ... die Facharztqualifikation erreichen könne; diese seien jedoch von ihr wegen des Wunsches nach einer Verwendung in einem zivilen Labor abgelehnt worden. Der Dienstherr habe ein Interesse, dass die Inhaberin eines hochwertigen Dienstpostens ihre Arbeitskraft innerhalb von Einrichtungen des Dienstherrn einbringe.

8Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom hat die Antragstellerin gegen den Beschwerdebescheid die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.

9Im gerichtlichen Verfahren hat sich die Antragstellerin in der Sache nur zum Gegenstand ihrer Beschwerde vom (Verfahren BVerwG 1 WB 28.23), nicht aber zu der hier gegenständlichen Änderung des Vermerks über das Personalentwicklungsgespräch geäußert. Sie beantragt,

das Bundesministerium der Verteidigung unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

10Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

11Es verweist auf seine Beschwerdeentscheidung.

12Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Dem Senat lagen bei der Beratung die Beschwerdeakte und die Personalgrundakte der Antragstellerin vor.

Gründe

13Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

141. Soweit die Antragstellerin, ihrem Antrag vom und ihrer Beschwerde vom entsprechend, die Änderung des Vermerks über ein Personalentwicklungsgespräch vom begehrt, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig.

15Ein Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch stellt keine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) und damit keinen zulässigen Gegenstand eines gerichtlichen Antragsverfahrens dar ( 1 WB 43.22 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 116 Rn. 13 ff.). Auch gibt es bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf inhaltliche Korrektur eines Vermerks über ein Personalentwicklungsgespräch, so dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung außerdem deshalb unzulässig ist, weil der Antragstellerin die Antragsbefugnis fehlt; die Antragstellerin kann vielmehr nur verlangen, dass - wie geschehen (siehe unten 2.) - eine schriftliche Stellungnahme, die ihre abweichende Position darlegt, zusammen mit dem Vermerk über das Personalentwicklungsgespräch zu den Personalakten genommen wird (vgl. 1 WB 43.22 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 116 Rn. 20 ff.).

16Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich etwas Anderes auch nicht aus der (formularmäßigen) Bezeichnung als "Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" (vgl. zum Folgenden 1 WB 43.22 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 116 Rn. 23). Ungeachtet der Tatsache, dass nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften eine gemeinsame Zielvereinbarung anzustreben ist, liegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Erstellung des Gesprächsvermerks allein bei der personalbearbeitenden Stelle (siehe Nr. 210 und Nr. 211 der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/57 über "Gespräche in Personalangelegenheiten der militärischen Personalführung"). Eine einvernehmliche Erstellung oder eine (konstitutive) Billigung des von der personalbearbeitenden Stelle verfassten Vermerks durch den Soldaten ist nicht vorgesehen. Der Soldat ist hierdurch nicht schutzlos gestellt. Wird seinen Änderungs-, Ergänzungs- oder Korrekturwünschen nicht Rechnung getragen, so kann er seine sachlichen Anliegen, die seiner Auffassung nach von dem in dem Protokoll erfassten Gesprächsinhalt abweichen, in einer Stellungnahme niederlegen und zusammen mit dem Protokoll zu den Personalakten geben (Nr. 212 Satz 2 ZDv A-1340/57).

172. Die Antragstellerin ist auch nicht in ihrem Anspruch auf ordnungsgemäße Bescheidung ihrer Beschwerde verletzt (vgl. - auch zum Folgenden - 1 WB 30.21 - juris Rn. 16 ff.).

18Allerdings hätte es nicht ausgereicht, wenn sich das Bundesministerium der Verteidigung in seinem Beschwerdebescheid allein darauf zurückgezogen hätte, dass der Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch keine anfechtbare dienstliche Maßnahme darstellt. Denn für das vorgerichtliche Beschwerdeverfahren gilt nicht die "Verengung" auf dienstliche Maßnahmen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (vgl. 1 WB 40.18 - juris Rn. 11); vielmehr kann sich der Beschwerdeführer gegen jede (von ihm so empfundene) unrichtige Behandlung durch Vorgesetzte oder Dienststellen (und gegen jedes pflichtwidrige Verhalten von Kameraden) wenden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WBO). Auch geht es im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht nur um Rechtsverstöße, sondern auch um die Korrektur "unsachgemäßer" Maßnahmen (siehe § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO).

19Das Bundesamt für das Personalmanagement und das Bundesministerium der Verteidigung haben sich jedoch darüberhinausgehend auch inhaltlich mit dem Anliegen und Vorbringen der Antragstellerin auseinandergesetzt. Sie haben - zum einen - sowohl in der E-Mail vom als auch im dienstaufsichtlichen Teil des Beschwerdebescheids - nochmals zu den strittigen Punkten bei der Facharztausbildung der Antragstellerin Stellung genommen und dargelegt, warum sie die aufgezeigte Verwendungsplanung (einschließlich der der Antragstellerin eröffneten Alternativen) auch nach erneuter Überprüfung nicht für korrekturbedürftig halten. Zum anderen haben sie die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass sie zwar keinen Anspruch auf Änderung des Gesprächsvermerks, wohl aber darauf hat, dass eine schriftliche Stellungnahme mit ihrer abweichenden Position zusammen mit dem Vermerk über das Personalentwicklungsgespräch zu den Personalakten genommen wird (siehe oben 1.). In diesem Sinne hat schon das Bundesamt für das Personalmanagement im April 2021 verfügt, die von der Antragstellerin übermittelte "Antwort auf Vermerk der Zielvereinbarung" als Anhang zu dem Gesprächsvermerk in die Personalgrundakte aufzunehmen und die Antwort auch digital an das entsprechende PDF-Dokument anzuhängen. Was die Umsetzung dieser Verfügung betrifft, ist allerdings festzustellen, dass die dem Senat im Juni 2023 vorgelegte Personalgrundakte weder den Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch vom noch die Stellungnahme der Antragstellerin vom enthält.

20Auch soweit sich die Antragstellerin gegen den Klammerzusatz "mit gemeinsamer Zielvereinbarung" in der Bezeichnung des Vermerks über ein Personalentwicklungsgespräch wendet, ist ein Rechtsverstoß nicht zu erkennen. Es handelt sich dabei offenkundig um eine formularmäßig vorgegebene Bezeichnung. Ob und in welcher Form eine gemeinsame Zielvereinbarung nicht nur angestrebt, sondern auch tatsächlich erzielt wurde, kann sich nur aus dem Inhalt des Gesprächsvermerks ergeben. Im vorliegenden Fall ist der offene Dissens zwischen der Personalführung und der Antragstellerin sowohl ausdrücklich als Ergebnis des Gesprächs festgehalten (Nr. 2.4 des Vermerks) als auch aus der Gegenüberstellung der beiderseitigen Positionen in Nr. 2.2 und 2.3 des Vermerks und der angehängten Stellungnahme der Antragstellerin ersichtlich.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:261023B1WB27.23.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-55950