BGH Beschluss v. - 6 StR 332/23

Gesetze: § 73d StGB

Instanzenzug: Az: 21 KLs 12/22nachgehend Az: 6 StR 332/23 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

3Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nach den getroffenen Feststellungen bestellten der Angeklagte und sein Mittäter    H.       am von einem unbekannt gebliebenen Betäubungsmittelhändler aus M.     zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs 15 Kilogramm Marihuana. Diese Bestellmenge erhöhte der Komplize zwischen dem 4. und in einem nicht aufgeklärten Umfang. Die hierauf erfolgte Auslieferung von neun Kilogramm dieser Drogen sowie deren erfolgreicher Absatz Anfang April 2020 im Umfang von sieben Kilogramm hat die Strafkammer als Handeltreiben im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG abgeurteilt (Tat 2/UA S. 13f.). Wegen des Abverkaufs weiterer fünf Kilogramm Marihuana im selben Zeitraum, die der Angeklagte mit dem Beteiligten H.        ebenfalls im Frühjahr des Jahres 2020 von demselben Betäubungsmittelhändler aus dem Raum M.        bezogen hatte, sprach das Landgericht den Angeklagten einer weiteren Tat des Handeltreibens im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig (Tat 7/UA S. 17).

Angesichts dieser Feststellungen begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die Strafkammer diese zwei Drogengeschäfte ohne nähere Erörterung als zueinander in Tatmehrheit stehende Taten bewertet hat (vgl. , Rn. 3); denn mit Blick auf den zeitlichen Zusammenfall der Erwerbsvorgänge sowie der Herkunft der Betäubungsmittel von demselben Lieferanten (der Angeklagte und sein Mittäter bezeichneten die Bezugsquelle des Rauschgifts in ihren EncroChat-Nachrichten jeweils als ‚MD‘ [UA S. 39, 56]) und deren gleichzeitigen Absatz liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass das jeweils gehandelte Marihuana aus derselben und durch einen einheitlichen Erwerbsvorgang erworbenen Rauschgiftmenge stammen könnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 529/20, Rn. 7; und vom – 4 StR 240/18, Rn. 5). Das Landgericht hätte daher für die konkurrenzrechtliche Einordnung nicht allein auf die Anzahl der Veräußerungsgeschäfte abstellen dürfen, sondern anhand der Grundsätze der Bewertungseinheit prüfen müssen, ob die Verkäufe lediglich unselbständige Teilakte einer einzigen Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gewesen waren (vgl. , Rn. 6).

Dass das Landgericht weitere zur Bewertung der konkurrenzrechtlichen Einordnung dieser Taten dienliche Feststellungen treffen könnte, erscheint vor dem Hintergrund der sich in den EncroChat-Nachrichten im Wesentlichen erschöpfenden Beweismittellage nicht wahrscheinlich.“

4Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs, die zum Wegfall der Strafe im Fall 7 führt, bleibt ohne Einfluss auf die Höhe der Gesamtstrafe. Der Senat schließt im Hinblick auf die Einsatzstrafe von sieben Jahren, die weiteren neun Strafen und den gleichbleibenden Schuldumfang aus, dass die Strafkammer ohne die Strafe im Fall 7 eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.

52. Auch die Einziehungsentscheidung bedarf der Korrektur.

6Zwar ist wegen der durch die Abrede, die Geschäfte abzurechnen und Gewinne sowie Verluste hälftig zu teilen, begründeten Verfügungsmacht des Angeklagten nicht zu beanstanden, dass er auch insoweit als Gesamtschuldner haftet, als er das Geld aus dem Verkauf von Betäubungsmitteln nicht persönlich in den Händen hielt (vgl. , Rn. 36; Beschlüsse vom – 5 StR 149/20; vom – 3 StR 414/22). Die Strafkammer hat aber nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass in den Fällen 10 und 11 Taterträge an ihn oder den Mittäter flossen. So übergab der Käufer im Fall 10 das Geld direkt an den Fahrer des Lieferanten des Angeklagten, der wegen der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch diese Zahlung auch nicht von einer Verbindlichkeit befreit wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 331/21; vom – 2 StR 491/21). Im Fall 11 belegt die Beweiswürdigung schon nicht, dass die Betäubungsmittel geliefert wurden. Da weitere Feststellungen insoweit nicht zu erwarten sind, setzt der Senat den Einziehungsbetrag entsprechend § 354 Abs. 1 StPO um die auf diese beiden Taten entfallenden Beträge von insgesamt 76.000 Euro herab.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:161123B6STR332.23.1

Fundstelle(n):
MAAAJ-55248