Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 1 Ks 46842/19
Gründe
I.
1Das Landgericht hat den Angeklagten im zweiten Rechtsgang durch Urteil vom wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig gesprochen und gegen ihn auf eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, die es mit den bereits in Rechtskraft erwachsenen Einzelfreiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und vier Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten zusammengeführt hat. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, das Revisionsverfahren ist seit beim Senat anhängig.
2Mit Schreiben vom hat der Angeklagte die Beiordnung eines neuen Verteidigers beantragt, da sein derzeitiger Verteidiger, dem er „gekündigt“ habe, „untätig“ sei und sich weigere, „eine Revisionsbegründung zu schreiben“. Mit Verfügung vom hat die Strafkammervorsitzende des Landgerichts die Bestellung eines neuen Verteidigers abgelehnt.
3Der bisherige Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Y. hat gegen das Urteil vom fristgerecht Revision eingelegt und diese im Anschluss an die am erfolgte Urteilszustellung mit Schriftsatz vom mit der unausgeführten Verfahrens- und Sachrüge begründet.
4Mit Schreiben vom , wiederholt mit Schreiben vom , hat der Angeklagte erneut beantragt, die Bestellung von Rechtsanwalt Y. zum Pflichtverteidiger aufzuheben.
II.
5Der Antrag ist unbegründet, da die Voraussetzungen für einen Pflichtverteidigerwechsel gemäß § 143a Abs. 3 und 2 StPO nicht vorliegen.
6Die Regelung des § 143a Abs. 3 StPO, der eine vereinfachte Möglichkeit für den Pflichtverteidigerwechsel im Revisionsverfahren enthält, greift nicht ein. Der Antrag des Angeklagten vom wurde bereits durch die zuständige Strafkammervorsitzende mit Verfügung vom beschieden. Bezüglich des hier zu entscheidenden Antrags vom , wiederholt mit Schreiben vom , ist die Wochenfrist des § 143a Abs. 3 StPO abgelaufen und kein neuer Verteidiger bezeichnet.
7Auch die daneben anwendbaren allgemeinen Tatbestände für einen Wechsel des Pflichtverteidigers gemäß § 143a Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Insbesondere ist eine endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum bisherigen Pflichtverteidiger (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 StPO) nicht glaubhaft gemacht.
8Auch sonst ist kein Grund ersichtlich, der einer angemessenen Verteidigung des Angeklagten entgegensteht und einen Wechsel in der Person des Pflichtverteidigers gebietet (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 StPO). Eine offenkundige Untätigkeit des Pflichtverteidigers, durch die dem Angeklagten ein an sich zustehendes Rechtsmittel genommen wird (vgl. hierzu EGMR, Urteil vom – 59519/00, NJW 2008, 2317, 2323; , NStZ-RR 2019, 349) liegt nicht vor. So hat der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Y. die Revision ordnungsgemäß mit der allgemeinen Sachrüge begründet und damit eine Überprüfung des Urteils durch den Senat ermöglicht.
Dr. Appl
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:261023B2STR268.23.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-55109