Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt - 42 - S 2702 - 3

Gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Behandlung sog. Familiengenossenschaften; modellhafte Gestaltung

Bezug:

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In dem Zuständigkeitsbereich einiger Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt ist ein steuerliches Gestaltungsmodell aufgetreten, das eng mit dem Genossenschaftsrecht verbunden ist. Dieses Modell wird aktiv von interessierter Seite beworben und vertrieben.

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Grundlage ist die Gründung einer Genossenschaft, deren Mitglieder sich auf eine Familie im weiteren Sinne beschränken.

Eine Genossenschaft muss, um rechtlich Anerkennung durch Eintragung in das Genossenschaftsregister zu erlangen, u.a. die Voraussetzungen des 1. Abschnitts des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz - GenG) erfüllen.

Hierfür muss die obligatorische Satzung Angaben zum Zweck und dem Geschäftsbetrieb der Genossenschaft enthalten (§ 1 Abs. 1 GenG):

Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (Genossenschaften), erwerben die Rechte einer "eingetragenen Genossenschaft" nach Maßgabe dieses Gesetzes.

Es ist zu beachten, dass der Begriff der „Wirtschaft ihrer Mitglieder“ in einem sehr weiten Sinne verstanden wird. Er umfasst die gesamte private, der materiellen und ideellen Daseinsvorsorge dienende Lebenswirtschaft, also praktisch den gesamten nichtberuflichen Lebensbereich einschließlich ideeller Bedürfnisse (Dr. Andrea Althanns in: Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, 5. Ergänzungslieferung 2023, juris, § 1 GenG, Rn. 13, m.w.N.). Es begegnet vor diesem Hintergrund gesellschaftsrechtlich keinen Bedenken, wenn eine Genossenschaft der Unterstützung der privaten Hauswirtschaft in bestimmten Belangen dienen soll.

Der genossenschaftliche Grundsatz der Selbsthilfe findet seinen Ausdruck in der Erwartung, dass die Beteiligung an der eG und die Zusammenarbeit mit ihr oder in ihr zur Befriedigung eigener (wirtschaftlicher) Bedürfnisse, insbesondere zum Nachteilsausgleich im Wettbewerb, beitragen wird. Genossenschaftliche Selbsthilfe bedeutet im Einzelnen freiwilliger Zusammenschluss der Mitglieder, Aufbringung der erforderlichen finanziellen Mittel durch die Mitglieder und die Bereitschaft, füreinander einzustehen („Einer für alle, alle für einen“) - Holthaus/Lehnhoff in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, § 1 Wesen der Genossenschaft, juris, Rn. 5.

Die Förderung erfolgt dadurch, dass das Mitglied in Geschäftsverkehr mit dem genossenschaftlichen Unternehmen tritt bzw. die genossenschaftlichen Einrichtungen nutzt. Der Förderauftrag bedeutet, dass die Sach- und Dienstleistungen der Genossenschaften, die dem Zweck der Genossenschaft entsprechen (Zweckgeschäfte), unmittelbar dem Erwerb, d. h. den Einzelwirtschaften, oder der Wirtschaft, d. h. den Haushalten, der Mitglieder oder deren sozialer und kultureller Belange zugutekommen müssen. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn die Zweckgeschäfte der Genossenschaft nach dem für sie maßgebenden allgemeinen Geschäftsverkehr - vorbehaltlich der Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder - mit Mitgliedern abzuschließen sind und je nach der Art der Genossenschaft die Bereitstellung von Produktionsmitteln, von Bezugs- oder Absatzmöglichkeiten, von Spar- und Krediteinrichtungen oder sonstigen Dienstleistungen und Nutzungsmöglichkeiten zu bestmöglichen Bedingungen zum Inhalt haben. Die Mitglieder müssen die natürlichen Geschäftspartner der Genossenschaft sein. Das Unternehmen der Genossenschaft muss auf dem Grundsatz der Selbsthilfe beruhen (Dr. Andrea Althanns in: Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, 5. Ergänzungslieferung 2023, § 1 GenG, juris, Rn. 24). Der Betrieb muss den Mitgliedern die Möglichkeit geben, seine Leistungen in Anspruch zu nehmen (Holthaus/Lehnhoff in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, § 1 Wesen der Genossenschaft, juris, Rn. 18). Kennzeichnend für eine eG ist also, dass deren Mitglieder zugleich Kunden des genossenschaftlichen Unternehmens sind (sog. Identitätsprinzip) - Beuthien, AG 2006, 53-62; Beuthien, Beuthien/Wolff/Schöpflin, Genossenschaftsgesetz, Komm., 16. Aufl. 2018, § 1 Rz. 2, 22 und 29).

Der Gesellschaftszweck muss mittels eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs verfolgt werden. Ein gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nicht nur erforderlich, wenn die Genossenschaft den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder fördern will, sondern auch dann, wenn die Genossenschaft die Förderung der sozialen und kulturellen Belange ihrer Mitglieder bezweckt (BT-Ds 16/1025, S. 80). Der Gesetzgeber nennt beispielhaft Schul-, Sport- oder Mediengenossenschaften oder auch Wohnungsgenossenschaften, bei denen dies neben der Wohnungsversorgung auch ein Nebenzweck sein kann.

Als gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine planmäßige, auf Dauer angelegte unternehmerische (nicht zwingend gewerbliche) Tätigkeit mit Hilfe sachlicher und personeller Ressourcen zur Erreichung des Unternehmenszwecks anzusehen. Das Gesetz schreibt keine Mindestanforderungen vor. So ist ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich. Unabhängig von der Frage, wie der Geschäftsbetrieb ausgestaltet ist, wird allgemein davon ausgegangen, dass der Betrieb unmittelbar den Belangen der Mitglieder in der Weise dient, dass es diese direkt unterstützt; die Genossenschaft grenzt sich insoweit von dem Betrieb einer Kapitalgesellschaft ab, die keinen bestimmten Zweck fördern muss und grundsätzlich auf Maximierung und Ausschüttung von Gewinnen gerichtet ist. Dabei wird klassisch angenommen, dass Geschäftsbetrieb und Förderzweck der Genossenschaft eine logische Verbindung aufweisen. Dies lässt sich aus den beispielhaften Aufzählungen in der Gesetzesbegründung und der Literatur ableiten (Dr. Andrea Althanns in: Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, 5. Ergänzungslieferung 2023, juris, § 1 GenG, Rn. 33 ff. m.w.N.).

Zwar ist auch eine Weiterleitung eines Förderauftrags möglich und somit eine nur mittelbare Verbindung zwischen Geschäftsbetrieb und Förderzweck. Als Beispiele sind sog. Halte- oder Holdinggenossenschaften zu nennen, die lediglich Vermögensverwaltung betreiben; hier vollzieht sich die Förderung der Mitglieder über die Leistungen der Beteiligungsgesellschaft. In Abgrenzung hierzu sind reine Vermögensverwaltungsgenossenschaften, die lediglich der Erhaltung und Verwaltung des Genossenschaftsvermögens bezwecken, unzulässig, da keine aktive Mitgliederförderung bezweckt wird. Dies gilt auch für eine Kapitalanlagegenossenschaft (Beispiel: Genossenschaft, die VL-Anlagen von Arbeitnehmern sammelt) sowie eine sog. Dividendengenossenschaft, deren Zweck nur darin besteht, aus Geschäften mit Dritten Gewinn zu erwirtschaften und den Mitgliedern in Form einer Dividende auszuschütten; denn die Mitglieder müssen durch Geschäfte mit der Genossenschaft gefördert werden.

Das GenG geht somit von einem Idealbild einer Genossenschaft aus.

Gegenstand des Modells

Als Zweck der Genossenschaft wird i.d.R. in der Satzung inhaltlich der Wortlaut des § 1 Abs. 1 GenG wiedergegeben.

Die betreffenden Genossenschaften vertreten entsprechend der oben dargestellten herrschenden Meinung die Auffassung, dass die Förderung der Wirtschaft ihrer Mitglieder i.S.d. § 1 Abs. 1 GenG in Gestalt von Maßnahmen erfolgen kann, die auf die Senkung der privaten Ausgaben der Mitglieder gerichtet sind. In diesem Sinne werden die Haushalte der Mitglieder gefördert durch z.B. den gemeinschaftlichen Bezug von Wirtschaftsgütern des täglichen Bedarfs, aber auch durch die Erstellung / Anmietung von Wohnungen und durch andere Maßnahmen (einschließlich solcher zur Befriedigung ideeller, sportlicher und kultureller Bedürfnisse, wie z.B. Sportkurse, Urlaub, Mietaufwendungen des studierenden Kindes, Lebenshaltungskosten usw), die den Mitgliedern Ersparnisse vermitteln. Häufig werden auch die bereits bisher selbst genutzten Wohnimmobilien der Mitglieder auf die eG durch Einlage oder Verkauf übertragen; die eG überlässt dann die Immobilie gegen ein – regelmäßig nicht marktgerechtes bzw. unter den Selbstkosten liegendes - Entgelt wiederum den Mitgliedern.

Der Geschäftsbetrieb der fraglichen Genossenschaften entspricht in der Regel einer bisher von der Familie (oder einem Mitglied) betriebenen selbständigen oder gewerblichen Tätigkeit (z.B. Einzelhandel oder Steuerberatung). Aus diesen Tätigkeiten erfolgen regelmäßig keine oder nur in untergeordnetem Umfang Leistungen an die Mitglieder. Es sind aber auch Fälle aufgetreten, in denen explizit zahlreiche Unternehmungen aufgeführt werden, die einzelne (private) Interessen der Mitglieder abbilden (z.B. Förderung der artgerechten Hundehaltung, des Hundetrainings und des Hunde- und Pferdesportes; Einzelhandel mit Dingen des täglichen Bedarfs), ohne dass diese Zwecke nachweislich in Gestalt eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 EStG ausgeübt worden sind.

Im Ergebnis ist anzunehmen, dass unter Fehlinterpretation des genossenschaftlichen Prinzips die Kosten der privaten Lebensführung mit den Erlösen aus der gewerblichen Tätigkeit verrechnet werden, ohne dass der Geschäftsbetrieb in einem vom GenG geforderten Zusammenhang mit den Mitgliederleistungen der Genossenschaft steht (s. dazu auch nachfolgend). Im Einzelfall dient der satzungsmäßig beschriebene Unternehmensgegenstand der Legitimierung der Finanzierung der Lebensführung der Mitglieder.

Gesellschaftsrechtliche Bewertung des Modells

Bei den hier in Rede stehenden Familiengenossenschaften dürfte es regelmäßig an dem Merkmal eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs fehlen. Bei einer breiten und unspezifischen Abdeckung alltäglicher Lebensbedürfnisse einer Familie wird man im Verhältnis der Genossenschaft zu ihren Mitgliedern Leistungsabrufe durch mit der Genossenschaft Geschäftsabschlüsse tätigende Kunden kaum annehmen können. Die Abdeckung eines breiten Spektrums alltäglicher Lebensbedürfnisse wird auch nicht von Wirtschaftsunternehmen am Markt angeboten. Üblich ist das Angebot spezifischer Leistungen gegen Entgelt, z. B. der Bereitstellung von Wohnraum, der Nutzungsmöglichkeit von Sportanlagen oder Fahrzeugen sowie des vergünstigten Erwerbs von Nahrungsmitteln und Alltagsgegenständen. Geschäftliche Anbieter, die Kunden praktisch ein vollständiges privates Lebensumfeld anbieten, gibt es am Markt nicht. Ein entsprechendes unternehmerisches Geschäftsmodell ist in einem marktwirtschaftlichen System auch praktisch nicht vorstellbar. Der Förderauftrag von Genossenschaften besteht demgemäß regelmäßig in der Versorgung ihrer Mitglieder mit spezifischen Wirtschaftsgütern (Keßler in Berliner Komm. zum Genossenschaftsgesetz, 3. Aufl. 2029, § 1 Rz. 24).

Da Förderziel („die Wirtschaft ihrer Mitglieder“) und Fördermittel („durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“) untrennbar miteinander verknüpft sind, stellen sie einen funktionalen Gesamttatbestand dar (Beuthien, a.a.O., § 1 Rz. 27). Wenn der Geschäftsbetrieb jedoch in keinem oder nur untergeordnetem Maß dem Förderziel dient, ist der genannte funktionale Gesamttatbestand bei den hier dargestellten Familiengenossenschaften als nicht erfüllt anzusehen. Diese Betrachtung ist auch aus dem genossenschaftlichen Grundsatz der Selbsthilfe abzuleiten. Hiernach ist erforderlich, dass die Mitglieder die Mittel für den Geschäftsbetrieb aufbringen und dessen Unternehmung einen unmittelbaren Nutzen durch Empfang von Dienst- oder Sachleistungen für den satzungsmäßigen Zweck der Genossenschaft ziehen. Diese Voraussetzung ist in dem Modell regelmäßig als nicht erfüllt anzusehen.

Die von den Steuerpflichtigen vorgetragene Argumentation, dass die Genossenschaften frei in der Bestimmung des Unternehmensgegenstands sind, verkennt dabei den Zweck einer Genossenschaft. Da die Mitglieder durch Geschäfte mit der Genossenschaft gefördert werden müssen, findet sich hier die Grenze in der Bestimmung des Unternehmensgegenstands. Steht dieser in keinem Zusammenhang mit dem Förderzweck und dient er nur als Mittelbeschaffung zur Tilgung privater Ausgaben, liegt bereits kein zulässiger Unternehmensgegenstand vor, so dass eine der nachfolgend beschriebenen Prüfungsmechanismen zu Beanstandungen führen müsste.

Gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten der Prüfung von Genossenschaften

Die Genossenschaften unterliegen grundsätzlich drei Prüfungsmechanismen:

  1. Zunächst erfolgt eine Prüfung durch das Registergericht im Rahmen des Eintragungsverfahrens auf der Grundlage der Satzung. Die vorliegenden Satzungen der Familiengenossenschaften erfüllen augenscheinlich die formellen Voraussetzungen des GenG, so dass Registergerichte regelmäßig keine Beanstandungen haben und die Genossenschaften ordnungsgemäß durch Eintragung in das Genossenschaftsregister entstanden sind.

  2. Zudem muss die Genossenschaft Mitglied in einem Prüfungsverband sein, der regelmäßig die Einhaltung der genossenschaftsrechtlichen Vorschriften zu prüfen hat (§ 53 GenG). Eine Beanstandung des genossenschaftlichen Handelns ist in den bekannt gewordenen Fällen bisher nicht erfolgt.

  3. Ferner ist das Verfahren nach § 81 GenG zu beachten, wonach die oberste zuständige Landesbehörde ein Verfahren zur Auflösung der Genossenschaft betreiben kann, wenn z.B. der Zweck der Genossenschaft entgegen § 1 GenG nicht auf die Förderung der Mitglieder gerichtet ist. Ein derartiges Verfahren ist bisher noch in keinem Fall eingeleitet worden.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Prüfungsmechanismen in der Praxis (noch) nicht greifen, obwohl der rechtliche Rahmen hierfür gegeben ist.

Steuerrechtliche Beurteilung der Modellgestaltung

Allgemeines

Für die Besteuerung von Genossenschaften sind die Vorschriften des § 8 KStG anzuwenden. Es sind daher auch die Regelungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) zu beachten (vgl. auch , BStBl II 1990, 88).

VGA in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. alle bei einer Kapitalgesellschaft eingetretenen und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Vermögensminderungen, die sich auf das Einkommen der Kapitalgesellschaft auswirken, nicht auf einer offenen Ausschüttung beruhen und zu einem Vermögensvorteil des Gesellschafters führen können. Das gilt auch für Genossenschaften, vorausgesetzt, es bestehen Rechtsbeziehungen auf mitgliedschaftlicher oder mitgliedschaftsähnlicher Grundlage (, BStBl II 2016, 298).

Im Regelfall ist die Frage, ob eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) durch das Mitgliedschaftsverhältnis zur Genossenschaft veranlasst ist, an dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der Genossenschaft zu messen. Danach ist die Annahme einer vGA regelmäßig auch bei einer Genossenschaft gerechtfertigt, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Genossenschaft den beanstandeten Vermögensvorteil dem Mitglied der Genossenschaft nicht zugewendet hätte. Dies ist auf der Grundlage eines Fremdvergleichs zu prüfen, also ob der Geschäftsleiter einem Nichtmitglied diesen Vorteil ebenfalls gewährt hätte. Dabei ist die besondere Aufgabenstellung der Genossenschaft, wie sie sich aus § 1 Abs.1 GenG ergibt, zu berücksichtigen.

Die zu prüfende Handlung wird bei Genossenschaften regelmäßig in einer verbilligten Dienstleistung oder Lieferung eines Wirtschaftsgutes bestehen.

Bei einer eG, die dem Prinzip des GenG entsprechende Leistungen an ihre Mitglieder erbringt, ist es dabei ausreichend, wenn die Leistungsentgelte nach dem Kostendeckungsprinzip ermittelt werden ( a.a.O., Rn. 11). Eine vGA würde in diesen Fällen nur anzunehmen sein, wenn die Leistungen zu einem Preis erbracht werden, der die Selbstkosten der eG unterschreitet.

Besonderheiten bei Familiengenossenschaften des vorliegenden Modells

Problematisch ist bei Familiengenossenschaften die Bewertung des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters; denn dieser muss dem Zweck der Genossenschaft entsprechend handeln, der den Regelungen des § 1 GenG folgend auf die Begünstigung der Mitglieder gerichtet ist. Es wird daher von den Steuerpflichtigen vertreten, dass in der Erfüllung des Satzungszwecks keine vGA gesehen werden kann. Hier könne nur insoweit eine vGA vorliegen, als die Leistung unter den Selbstkosten erbracht wird, nicht aber aufgrund der Art der Leistung dem Grunde nach.

Die Besonderheiten einer Genossenschaft sind jedoch dann außer Acht zu lassen, wenn die Leistungen der Genossenschaft zwar dem Genossenschaftszweck entsprechen, diese jedoch aus dem Unternehmen finanziert werden, das von seiner Art her in keinem oder nur untergeordnetem Zusammenhang mit dem satzungsmäßigen Förderzweck steht. Die Verfahrensweise des formal in der Rechtsform einer Genossenschaft betriebenen Unternehmens entspricht faktisch der einer Kapitalgesellschaft. Das Rechtskleid der Genossenschaft darf daher in diesen Fällen nicht vor der Anwendung allgemeiner steuerrechtlicher Regelungen schützen.

Die auf die Finanzierung der privaten Lebensführung gerichteten Leistungen an die Mitglieder erfüllen daher die Voraussetzungen einer (verdeckten) Gewinnausschüttung. Hiervon ist auszugehen, wenn der Unternehmenszweck in keinem oder nur in einem untergeordneten Zusammenhang zu den genossenschaftlichen Leistungen stehen. Im Ergebnis dient dann das Unternehmen nur der Mittelbeschaffung zur Finanzierung der an die Mitglieder erbrachten Leistungen; aus dem Unternehmen heraus erfolgen jedoch regelmäßig nicht die dem Genossenschaftsrecht entsprechenden Sachleistungen zur Erfüllung des satzungsgemäßen Zwecks.

Die Übernahme der Kosten stellt eine Vermögensminderung im Jahr der bilanziellen Berücksichtigung des Aufwands dar.

Die vGA sind mit deren gemeinen Wert unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinnaufschlags anzusetzen. Eine Begrenzung auf die Selbstkosten i.S.d. der o.g. Rechtsprechung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht, da die hier zu beurteilende Gestaltung nicht dem genossenschaftsrechtlichen Grundgedanken entspricht. Es besteht somit keine Veranlassung, die Grundsätze des (a.a.O.) zu beachten.

Ob und in welcher Höhe jeweils eine vGA anzunehmen ist, bleibt jedoch einer Einzelfallprüfung vorbehalten.

Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt v. - 42 - S 2702 - 3

Fundstelle(n):
KSt-Kartei ST KStG § 8 Abs. 3 Karte 6
RAAAJ-54902