Online-Nachricht - Donnerstag, 07.12.2023

Einkommensteuer | § 17 EStG: Keine Anwendung des KapErhStG auf Genossenschaftsanteile (BFH)

Die Kündigung des Geschäftsguthabens an einer Genossenschaft nach § 65 GenG ist als Veräußerungstatbestand i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 7 EStG zu werten (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist die Höhe der Anschaffungskosten von Genossenschaftsanteilen für die Ermittlung der Einkünfte nach § 17 EStG.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus der Kündigung von Genossenschaftsanteilen, die aus eigenen Mitteln der Genossenschaft geschaffen wurden, ist der Anwendungsbereich des § 3 i. V. mit § 1 des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln und bei Überlassung von eigenen Aktien an Arbeitnehmer (KapErhStG) nicht eröffnet.

  • Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG gebietet keine Einbeziehung von Genossenschaften in den Anwendungsbereich von § 3 i. V. mit § 1 KapErhStG.

  • Soweit die Gewährung von Vertrauensschutz wegen unechter Rückwirkung im Zusammenhang mit der Einführung von § 17 Abs. 7 EStG in Betracht kommt, gilt dies jedenfalls nur für bis zum Inkrafttreten dieser Regelung zum angefallene Wertsteigerungen.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Die Entscheidung betrifft die Veräußerung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 Abs. 7 EStG. Die Kündigung eines (nicht frei veräußerbaren) Genossenschaftsanteils steht danach einer Veräußerung gleich. Dies hatte der BFH zu § 17 Abs. 7 EStG bereits mit Urteil vom - IX R 5/18 (s. hierzu NWB Online-Nachricht v. 25.6.2020) entschieden. Die Regelung will Anteile an Genossenschaften mit Anteilen an Kapitalgesellschaften gleichstellen Zudem werden mit der Regelung auch Modelle verhindert, die das Ziel haben, Wertsteigerungen bei Genossenschaftsanteilen steuerfrei vereinnahmen zu können.

Der Fall betraf Genossenschaftsanteile, die aus einer LPG-Umwandlung entstanden waren und hat damit eine in den östlichen Bundesländern häufige Situation zum Gegenstand. Im Kern geht es darum, ob nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln die Anschaffungskosten sämtlicher Anteile quotal auf alle Anteile aufzuteilen sind oder die Anteilsrechte ihre jeweils eigenständigen Anschaffungskosten behalten. Eine quotale Aufteilung wirkte sich hier für den Steuerpflichtigen günstig aus, da er für den ersten Anteil, der nicht veräußert worden war, erhebliche Anschaffungskosten aufgewandt hatte, während auf die übrigen Anteile keine Anschaffungskosten entfielen.

Der BFH hat - wie zuvor das FG - die quotale Aufteilung verworfen. Eine Anwendung von § 3 KapErhStG auf Genossenschaftsanteile hat er abgelehnt, d.h. die für den zuerst angeschafften Anteil aufgewandten Anschaffungskosten blieben auch mit diesem Anteil verhaftet. Die Regelung in § 3 KapErhStG betreffe nur Kapitalgesellschaften. Eine Analogie oder teleologische Erweiterung der Regelung dahingehend, dass diese auch Genossenschaften erfasst, lehnt der BFH ab.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
LAAAJ-54327