BGH Beschluss v. - 3 StR 69/22

Anforderungen an richterliche Beweiswürdigung im Rahmen der Bewertung eines Geständnisses

Gesetze: § 261 StPO

Instanzenzug: Az: 8 KLs 17/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

21. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen schloss sich der Angeklagte mit fünf anderen Personen zusammen, um im arbeitsteiligen Zusammenwirken Menschen mit guten Deutschkenntnissen mit verfälschten Aufenthaltstiteln oder Ausweisen anderer Personen auszustatten. Damit sollte jeweils in fremdem Namen ein Deutschtest absolviert und so die Grundlage für eine Einbürgerung der legitimen Ausweisinhaber geschaffen werden. Dementsprechend vermittelte der Angeklagte sechs Kunden und übergab deren originale Ausweisdokumente am Tag vor dem Sprachtest an einen Mittäter. Dieser verfälschte die Dokumente durch Überkleben der Passbilder und reichte sie an diejenigen weiter, die im Folgenden die Ausweise den Prüfern beim Sprachtest vorlegten und unter dem Namen der Kunden an der Prüfung teilnahmen.

3Im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Strafkammer lediglich dargelegt, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen sei. Der festgestellte Sachverhalt stehe zu ihrer Überzeugung "aufgrund der glaubhaft geständigen Einlassung des Angeklagten, von deren Richtigkeit die Kammer überzeugt ist, fest".

42. Das Rechtsmittel ist begründet. Das Urteil hat keinen Bestand, da die Feststellungen in dem mitgeteilten Beweisergebnis keine tragfähige Grundlage finden.

5a) Die Bewertung eines Geständnisses unterfällt dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO. Will das Tatgericht die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, muss es von deren Richtigkeit überzeugt sein. Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das Geständnis den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat erfüllt, ob es in sich stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt. Dabei sind, wenn sich der Angeklagte auf der Grundlage einer Absprache geständig eingelassen hat, an die Überprüfung dieser Einlassung und deren Darlegung im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen Geständnis. In jedem Fall müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (s. insgesamt , BGHR StPO § 261 Abs. 1 Satz 2 Geständnis 1 Rn. 7 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21 Rn. 26 ff.; vom - 2 StR 322/15, NStZ-RR 2016, 147; vom - 3 StR 35/13, NStZ 2014, 53; vom - 4 StR 698/95, StV 1996, 214, 215; LR/Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 261 Rn. 63).

6b) Nach diesen Maßstäben lassen die Urteilsgründe eine revisionsgerichtliche Prüfung der Beweiswürdigung nicht zu. Da der Angeklagte nach den Feststellungen weder an der Abänderung der Dokumente noch an deren Vorlage bei der Prüfung unmittelbar beteiligt war, erschließt sich mangels eigener Wahrnehmung bereits nicht, auf welcher Grundlage er zu diesen für die Tatbestandsverwirklichung maßgeblichen Umständen Angaben hat machen können (vgl. etwa , NStZ 2009, 467). Hinzu kommt, dass die Taten über sechs Jahre vor der Hauptverhandlung begangen worden sein sollen und die Feststellungen Details wie etwa die Namen der einzelnen Kunden enthalten. Insgesamt ist nicht ersichtlich, auf welche Weise sich das Landgericht von der Glaubhaftigkeit des Geständnisses überzeugt hat. Ein einfach gelagerter Fall, bei dem möglicherweise nähere Darlegungen entbehrlich sein könnten (vgl. , StV 1996, 214, 215), liegt angesichts der aufgezeigten Umstände nicht vor.

7c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten Bedenken in Bezug auf die konkurrenzrechtliche Bewertung hin.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:220322B3STR69.22.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-54277