BGH Beschluss v. - EnZR 20/22

Instanzenzug: Az: 29 U 3413/19 Kartvorgehend LG München I Az: 37 O 728/17

Gründe

1I. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit des von der Drittwiderbeklagten durchgeführten Verfahrens zur Vergabe der Konzession für das Stromversorgungsnetz in ihrem Stadtgebiet. Die Klägerin macht als Neukonzessionärin im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche sowie nach Erteilung der Auskunft Ansprüche auf Übereignung der noch zu benennenden Stromverteilungsanlagen Zug um Zug gegen Vergütung gegen die Beklagte als Altkonzessionärin geltend. Im Wege der Wider- und Drittwiderklage begehrt die Beklagte die Feststellung, dass der zwischen Klägerin und Drittwiderbeklagten geschlossene Konzessionsvertrag sowie das von der Drittwiderbeklagten durchgeführte Vergabeverfahren nichtig sind.

2Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Wider- und Drittwiderklage, unter Abweisung im Übrigen, festgestellt, dass der am zwischen Klägerin und Drittwiderbeklagten geschlossene Stromkonzessionsvertrag nichtig sei. Auf die hiergegen gerichteten Berufungen der Klägerin und Drittwiderbeklagten hat das Oberlandesgericht die Klageabweisung auf die weiteren, im Berufungsverfahren gestellten, Klage- und Hilfsklageanträge erstreckt und die Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Revision hat es gegen seine Entscheidung nicht zugelassen.

3Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Klägerin und die Drittwiderbeklagte mit einem beim Bundesgerichtshof am eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

4Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin die Rücknahme der Klage erklärt. Die Beklagte hat der Klagerücknahme mit Schriftsatz vom zugestimmt und ihrerseits die Rücknahme von Widerklage und Drittwiderklage erklärt. Dem haben die Klägerin und die Drittwiderbeklagte mit Schriftsatz vom zugestimmt.

5Nachdem der Senat den Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren festgesetzt hatte, hat die Beklagte beantragt, über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Das Landgericht hat den Antrag dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

6II. Über die Kosten des Rechtsstreits hatte der Senat auf Antrag der Beklagten zu entscheiden, nachdem Klage und Widerklage wirksam im laufenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zurückgenommen worden sind.

71. Zuständig für die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist dasjenige Gericht, bei dem die Sache im Zeitpunkt der Rücknahme anhängig ist (vgl. , MDR 2023, 1000 Rn. 18; Bacher in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 48. Ed., § 269 Rn. 21). Mit Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde war dies der Bundesgerichtshof. Nach Rücknahme von Klage und (Dritt-)Widerklage im laufenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist somit der Senat zur Kostenentscheidung berufen. Unerheblich ist, dass die Beklagte den Kostenantrag beim Landgericht gestellt hat. Mit Übersendung der Prozessakten durch das Landgericht ist der keiner Frist unterworfene Kostenantrag am Bundesgerichtshof anhängig geworden.

82. Die Parteien haben jeweils die Klage sowie die Wider- und Drittwiderklage (diese aber nur soweit nicht bereits rechtskräftig hierüber entschieden worden ist, vgl. Bacher, aaO, § 269 Rn. 11) zurückgenommen und der Rücknahme durch die andere Partei jeweils wirksam zugestimmt, § 269 Abs. 1 ZPO.

9Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten war. Die Klagerücknahme (bzw. hier die Rücknahme von Widerklage und Drittwiderklage) kann auch durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erklärt werden (vgl. , NJW 2015, 557 Rn. 6 mwN). Gleiches gilt für die Stellung eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, NJW 2015, 557 Rn. 7 f.), da der qualifizierte Anwaltszwang gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine geordnete Rechtspflege durch spezialisierte Anwälte mit besonderer Erfahrung und Kompetenz im Revisionsrecht sicherstellen will; dieser bedarf es indes nicht für die Stellung eines Kostenantrags oder die Rücknahme der Klage sowie die Zustimmung zur Klagerücknahme. Zudem wäre es nicht prozessökonomisch, wenn eine Partei allein zur Abgabe dieser Erklärungen oder zur Stellung eines Kostenantrags einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt bestellen müsste.

103. Soweit vom Landgericht bereits teilweise rechtskräftig über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist, da Wider- und Drittwiderklage teilweise abgewiesen worden sind und dies die Beklagte nicht mit Rechtsmitteln angefochten hat, verbleibt es wegen § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO hierbei. Im Übrigen gilt bei wechselseitiger Rücknahme von Klage und Widerklage, dass die Kosten des Rechtsstreits entsprechend § 92 ZPO quotenmäßig zu verteilen sind (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 269 Rn. 18b), wobei jedoch unter den Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO das Gericht einer Partei die übrigen Prozesskosten auferlegen kann (vgl. , NJW-RR 1996, 256 [juris Rn. 1]). Von dieser Möglichkeit hat der Senat hier Gebrauch gemacht, da die (Dritt-)Widerklage den Streitwert nicht erhöht hat und sich ihre Rücknahme im Verhältnis zum Wert der Klage als geringfügig erweist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:241023BENZR20.22.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-53986