BGH Beschluss v. - 1 StR 328/23

Steuerstrafverfahren: Umfang der Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung bei Gewinnermittlung durch Einnahmeüberschussrechnung

Gesetze: § 370 Abs 1 AO, § 370 Abs 4 S 3 AO, § 4 Abs 1 S 1 EStG, § 4 Abs 3 EStG, § 5 Abs 1 S 1 EStG

Instanzenzug: Az: 6 KLs 545 Js 18832/18

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts ist auszuführen:
Der Angeklagte, ein Gebrauchtwagenhändler, ermittelte seinen Gewinn mittels Einnahmeüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG); er verschwieg bei Abgabe der Gewerbe- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 erhebliche Teile seines Betriebsgewinns bzw. seiner gewerblichen Einkünfte, bei Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen entsprechend einen erheblichen Teil seiner Ausgangsumsätze (neun Steuerhinterziehungsfälle). In dieser Konstellation hat das Landgericht bei Bestimmung des Umfangs der verkürzten Gewerbe- und nachfolgend der Einkommensteuer die zugleich hinterzogenen und nachzuzahlenden Umsatzsteuerbeträge rechtsfehlerfrei nicht gewinnmindernd berücksichtigt.
Die zum Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) entwickelten Grundsätze stehen nicht entgegen. Denn die Umsatzsteuer ist als Betriebsausgabe erst abziehbar, wenn sie geleistet worden ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG); bereits deswegen fehlt es an der in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO normierten Eingangsvoraussetzung eines „anderen Ermäßigungsgrundes“ (vgl. Rn. 13 und – indes nicht tragend – Beschluss vom – 1 StR 112/11 unter 2.; zweifelnd Rn. 10). Anders als bei der Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), innerhalb derer sich die nachzuentrichtenden Umsatzsteuern „unmittelbar (ohne Weiteres)“ aus der Nacherklärung der verschwiegenen Betriebseinnahmen ergeben würden, erfordert das Zu- und Abflussprinzip der Einnahmeüberschussrechnung mit der Ausgabe eine weitere Abzugsvoraussetzung; eine solche kann nicht fingiert werden, erst recht nicht über die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. Auf eine weitere Auslegung nach einem „engen wirtschaftlichen Zusammenhang“ kommt es damit nicht an. Das Abzugsgebot bezüglich der nachzuentrichtenden Umsatzsteuer gilt nach alledem nur bei der Gewinnermittlung auf der Grundlage einer – nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellenden – Bilanz, und zwar bereits auf Tatbestandsebene sowie im jeweiligen Jahr der Verkürzung der Ertrag- und Umsatzsteuern ( Rn. 45; Beschlüsse vom – 1 StR 30/21 Rn. 17; vom – 1 StR 379/19 Rn. 12; vom – 5 StR 466/92 Rn. 10 und vom – 3 StR 211/89 Rn. 5, BGHR KStG 1977 § 8 Ermittlung 1).
Jäger     
      
Bellay     
      
Bär     
      
Leplow     
      
Allgayer     
      

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:051023B1STR328.23.0

Fundstelle(n):
PStR 2024 S. 74 Nr. 4
wistra 2024 S. 127 Nr. 3
wistra 2024 S. 3 Nr. 2
TAAAJ-53575