BGH Beschluss v. - 1 StR 184/23

Instanzenzug: LG Osnabrück Az: 2 KLs 5/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen und wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen in 379 Fällen unter Einbeziehung von neun Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts O.       vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt; dabei hat es wegen der Zahlung auf eine im anderen Verfahren verhängte Bewährungsauflage einen Monat angerechnet (§ 56f Abs. 3 Satz 2 iVm § 58 Abs. 2 Satz 2 StGB). Schließlich hat das Landgericht die zur Manipulation der Restaurantausgangsumsätze eingesetzten Kassensysteme nebst Zubehör eingezogen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat nach einer Verfahrensteileinstellung (§ 154 StPO) den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Wesentlichen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat die Verfolgung hinsichtlich der zunächst am und nachfolgend im Zeitraum vom bis zum begangenen ersten 16 Fälschungen von technischen Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 3 StGB) eingestellt (§ 154 Abs. 2, 1 Nr. 1 StPO). Damit kann offenbleiben, ob diese Fälle – auch unter Beachtung des für Verjährungsfragen geltenden Zweifelsgrundsatzes ( Rn. 52; Beschluss vom – 1 StR 72/22 Rn. 5; je mwN) – verjährt sind oder ob sich der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden bei den Ermittlungsmaßnahmen vom und , mit denen sie den Ablauf der Verjährungsfristen für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuerverkürzungen u.a. bezüglich der Besteuerungszeiträume 2013 und 2014 wirksam unterbrochen haben (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 4 bzw. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB), nicht doch hierauf erstreckte. Denn der Angeklagte bereitete die Steuerverkürzungen vor, indem er die Tagesabschlussbuchungen manipulierte, sodass in der Buchhaltung nur die niedrigeren Ausgangsumsätze erfasst wurden; in diesem Sinne sind die Fälschungstaten der Grund für die Unvollständigkeit der sechs Steuererklärungen (vgl. zu einem solchen sachlichen Zusammenhang trotz Annahme von Tatmehrheit: Rn. 8). Hingegen könnte für Verjährung des ersten Falles vom sprechen, dass zunächst allein die Steuerfahndung das Verfahren führte und die Staatsanwaltschaft dieses erst am im Zuge der Beantragung von Durchsuchungsbeschlüssen übernahm (vgl. § 386 Abs. 2 AO sowie 5 StR 238 und 239/89, BGHSt 36, 283, 284 f.; vom – 3 StR 170/90 Rn. 9 und vom – 1 StR 328/19 Rn. 78).

32. Die Gesamtstrafe bleibt durch das Entfallen von 16 Einzelstrafen (zu je acht Monaten Freiheitsstrafen) unberührt (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend; § 337 Abs. 1 StPO). Der Zusammenzug der 378 verbleibenden Einzelstrafen unter Erhöhung der rechtskräftigen Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem anderen Verfahren (Einkommensteuerverkürzung 2016) erweist sich nach wie vor als außerordentlich straff.

43. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht dem Angeklagten, der das Restaurant „M.      “ zusammen mit seiner Ehefrau führte, die Abgabe der unvollständigen Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für die Besteuerungszeiträume 2013 und 2014 durch die Nichtrevidentin am bzw. unter dem Gesichtspunkt der Mittäterschaft (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 1 Alternative 2 StGB) zugerechnet; dies entsprach dem gemeinsamen Tatplan der einkommensteuerlich zusammenveranlagten Eheleute. Angesichts dessen verbieten sich jegliche Ausführungen zu einer Verfügungsberechtigung nach § 35 AO; diese Vorschrift wird erst bei der Frage relevant, ob einem Angeklagten eine eigene strafbewehrte steuerliche Erklärungspflicht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) obliegt (dazu zuletzt Rn. 7 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:171023B1STR184.23.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-53569