BGH Urteil v. - III ZR 216/22

Transparenzkontrolle in Anlagebedingungen einer Kapitalverwertungsgesellschaft: Anspruch auf Rückzahlung von Vertriebsentgelten - Anlagebedingungen, Transparenzkontrolle

Leitsatz

Anlagebedingungen, Transparenzkontrolle

Zur Transparenzkontrolle der Anlagebedingungen einer Kapitalverwaltungsgesellschaft eines inländischen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW).

Gesetze: § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 667 Alt 2 BGB, § 675 BGB

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 2-01 S 24/21vorgehend AG Frankfurt Az: 30 C 320/20 (47)

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Kapitalverwaltungsgesellschaft, auf anteilige Rückzahlung dem Fondsvermögen entnommener Vertriebsentgelte in Anspruch. Die Beklagte verwaltet unter anderem den offenen Investmentfonds "D.                    " (im Folgenden: D.   -Fonds), ein Sondervermögen in der Rechtsform eines inländischen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (im Folgenden: OGAW). Zulasten des Fondsvermögens entnimmt die Beklagte gestützt auf § 30 Abs. 1 Buchst. a ihrer "Besonderen Anlagebedingungen" eine als Kostenpauschale bezeichnete Gebühr. Diese wird unter anderem für die Auskehr von sogenannten Bestandsprovisionen (Vertriebsfolgeprovisionen), das heißt zur Finanzierung von Leistungen Dritter, etwa von Anlagevermittlern oder Anlageberatern, verwendet.

2§ 30 der Besonderen Anlagebedingungen ("BABen") lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Die Gesellschaft erhält aus dem OGAW-Sondervermögen eine tägliche Kostenpauschale in Höhe von 1,5 % p. a. des OGAW-Sondervermögens auf Basis des börsentäglich ermittelten Inventarwertes (vgl. § 18 der "AABen"). ... Mit dieser Pauschale sind folgende Vergütungen und Aufwendungen abgedeckt und werden dem OGAW-Sondervermögen nicht separat belastet:

a) Vergütung für die Verwaltung des OGAW-Sondervermögens (Fondsmanagement, administrative Tätigkeiten, Kosten für den Vertrieb, Service Fee für Reporting und Analyse);

(...)."

3§ 18 der Allgemeinen Anlagebedingungen ("AABen") lautet auszugsweise:

"1. Zur Errechnung des Ausgabe- und Rücknahmepreises der Anteile werden die Verkehrswerte der zu dem OGAW-Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände abzüglich der aufgenommenen Kredite und sonstigen Verbindlichkeiten (Nettoinventarwert) ermittelt und durch die Zahl der umlaufenden Anteile geteilt (Anteilwert). ... Die Bewertung der Vermögensgegenstände erfolgt gemäß §§ 168 und 169 KAGB und der Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung (KARBV).

....

4. Die Ausgabe- und Rücknahmepreise werden börsentäglich ermittelt. Soweit in den BABen nichts weiteres bestimmt ist, können die Gesellschaft und die Verwahrstelle an gesetzlichen Feiertagen, die Börsentage sind, sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres von einer Ermittlung des Werts absehen. Die BABen für Sondervermögen mit länderspezifischem Anlageschwerpunkt können darüber hinaus weitere länderspezifische Ausnahmen vorsehen. Die Details hinsichtlich der Ermittlung der Ausgabe- und Rücknahmepreise regelt der Verkaufsprospekt."

4Der Kläger verlangt die Rückzahlung der von der Beklagten im Zeitraum vom bis entnommenen Vertriebsentgelte, die er auf 102 € beziffert. Er behauptet, 44,987 Stück der Anteile des D.   -Fonds in Folge von dessen Verschmelzung mit dem vormaligen Fonds "O.               " erworben zu haben und weiterhin zu halten.

5Der Kläger vertritt die Auffassung, die Anlagebedingungen der Beklagten seien nicht wirksam in den Investmentvertrag der Parteien einbezogen worden und hielten jedenfalls einer Inhaltskontrolle nicht stand. Im Übrigen verstoße die Klausel gegen § 26 KAGB.

6Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, die Einbeziehungsvoraussetzungen von Anlagebedingungen nach erfolgter Fondsverschmelzung seien höchstrichterlich noch nicht geklärt. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Gründe

7Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8Die Revision ist zulässig. Das Berufungsgericht hat zwar die Revision zu Unrecht zugelassen. Der von ihm angenommene Zulassungsgrund ist auch aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich gewesen (vgl. zu diesem Erfordernis zB , BGHZ 154, 288, 291), weil es die Bestätigung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils selbständig tragend auch darauf gestützt hat, dass der geltend gemachte Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt sei. Der Senat ist jedoch gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden.

II.

9Die Revision ist begründet.

101. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf (Rück-)Zahlung der Vertriebsfolgeprovisionen aus § 675 Abs. 1 i.V.m. § 667 Alt. 2 BGB in Verbindung mit einem Investmentvertrag zu.

11Zwischen dem Kläger und der Beklagten sei in Folge der Verschmelzung des "O.               " auf den D.   -Fonds am ein Investmentvertrag zustande gekommen. Dass ein solcher Vertrag zwischen den Parteien mit dem Ziel des direkten Anteilserwerbs vereinbart worden sei, könne dagegen nicht festgestellt werden.

12Der Kläger könne sich wegen einer Rückzahlung der Vertriebsfolgeprovision nicht auf § 667 Alt. 2 BGB berufen. Der Beklagten stehe gemäß § 30 Abs.1 Buchst. a der Besonderen Anlagenbedingungen i.V.m. § 670 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe der entrichteten Vertriebsfolgeprovisionen zu.

13Einer Einbeziehung der Besonderen Anlagenbedingungen in den Investmentvertrag nach Maßstab des § 305 Abs. 2 BGB habe es nicht bedurft. Es bestehe im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass das Vertragsverhältnis des Klägers mit der Beklagten kraft Gesetzes gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 InvG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: InvG) begründet worden sei.

14§ 30 Abs. 1 Buchst. a der Besonderen Anlagebedingungen sei hinreichend transparent. Die Klausel lasse keinen vernünftigen Zweifel aufkommen, welche Tätigkeiten mit der Pauschale vergütet würden und wie diese zu berechnen sei. Sie genüge auch den Transparenzanforderungen des § 162 Nr. 11 und Nr. 13 KAGB. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot folge auch nicht daraus, dass die Klausel nicht den Anforderungen des § 31d WpHG in der bis zum geltenden Fassung genügte. Diese Vorschrift finde keine Anwendung und stelle reines Aufsichtsrecht dar, dessen Verletzung keine zivilrechtliche Außenwirkung entfalte. Es habe auch nicht eines ausdrücklichen Verweises auf diese Vorschrift bedurft.

15Der Einwand des Klägers, die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts nicht vereinbar, verfange nicht. Die Klausel sei von einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgenommen. Es bestehe die Besonderheit, dass die Klausel neben der Vergütung auch zahlreiche Kosten und Aufwendungen erfasse. Solche als "All-in-Fee" bezeichnete Klauseln seien zulässig, wenn der Verwender - wie hier - die Aufwendungen in seine Hauptvergütung einkalkuliert habe. Die Klausel sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 26 KAGB unwirksam.

16Schließlich habe der Kläger Berechnung und Höhe der vereinnahmten Vertriebsfolgeprovisionen nicht schlüssig dargelegt. Nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast müsse die darlegungs- und beweispflichtige Partei für ihre Behauptung greifbare Anhaltspunkte respektive schlüssige Indizien liefern und diese auch beweisen. Dies habe der Kläger nicht getan. Sein Vortrag sei durch nicht berücksichtigungsfähige Annahmen und Schätzungen geprägt.

172. Diese Erwägungen halten in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung der von der Beklagten vereinnahmten Vertriebsprovisionen nicht ausschließen.

18a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass zwischen den Parteien ein Investmentvertrag besteht und ist damit davon ausgegangen, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - Anteile an dem D.   -Fonds hält. Diese Feststellung wird von der Beklagten in der Revisionsinstanz nicht mehr angegriffen.

19Dementsprechend hat das Berufungsgericht seiner weiteren Würdigung rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt, dass sich der zwischen den Parteien bestehende Investmentvertrag nach §§ 611, 675 Abs. 1 BGB richtet, so dass die Beklagte gemäß § 675 Abs. 1 i.V.m. § 666 Fall 2 BGB verpflichtet ist, dem Kläger alles herauszugeben, was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, soweit sich nicht aus dem Vertrag etwas anderes ergibt. Nach den bisherigen Feststellungen besteht eine Grundlage für die Entnahme von Vertriebsprovisionen, für die die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 108/22, NJW-RR 2023, 749 Rn. 18), nicht. Auf § 30 Abs. 1 der Besonderen Anlagebedingungen kann sich die Beklagte nicht stützen. Diese Bestimmung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. Senat aaO Rn. 15) jedenfalls gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist und daher die Vertragspartner der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unangemessen benachteiligt. Deshalb kann die vom Berufungsgericht als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen im Falle der Verschmelzung zweier Sondervermögen im Sinne der §§ 40 ff InvG beziehungsweise §§ 181 ff KAGB die Anlagebedingungen des Unternehmens, auf das verschmolzen wird, in die Investmentverträge mit den Anlegern des übernommenen Fonds einbezogen werden.

20b) § 30 Abs. 1 Satz 1 der Besonderen Anlagebedingungen verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist daher unwirksam.

21aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB die Unwirksamkeit der betreffenden Bestimmung zur Folge hat, auch daraus ergeben, dass diese nicht klar und verständlich ist. Aus § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB folgt, dass das Transparenzgebot auch für das Hauptleistungsversprechen und das Preis-/Leistungsverhältnis gilt (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 38/18, NJW-RR 2019, 942 Rn. 21 mwN).

22Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist; sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein. Erforderlich ist ferner, dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang aufgeführt werden oder dieser in anderer Weise, zum Beispiel durch Bezugnahme auf konkrete Klauseln, deutlich gemacht wird. Die Klausel muss die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach den Umständen gefordert werden kann. Der Vertragspartner des Verwenders muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls "auf ihn zukommt". Eine Vertragsgestaltung, die objektiv dazu geeignet ist, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung in die Irre zu führen, verstößt gegen das Transparenzgebot (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom aaO Rn. 22 mwN).

23Die Transparenzanforderungen dürfen aber nicht überspannt werden. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen. Weder bedarf es eines solchen Grades an Konkretisierung, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können, noch ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können. Sogar eine unnötige Wirrnis im Klauseltext ist unschädlich, wenn sich der Klauseltext mit der gebotenen Aufmerksamkeit erschließen lässt (Senat, Urteil vom aaO Rn. 23 mwN). Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen, sondern den aufmerksamen und sorgfältigen Betrachter abzustellen. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten ist (Senat, Urteile vom - III ZR 96/20, NJW-RR 2021, 839 Rn. 25 und vom aaO Rn. 24). Diese sind so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Klauselwerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Kunden erkennbar sind (Senat, Urteile vom aaO und vom aaO Rn. 23 f mwN).

24bb) Unter Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich § 30 Abs. 1 Satz 1 der Besonderen Anlagebedingungen als intransparent.

25Die Angabe einer "täglichen" Kostenpauschale mit einem Zinssatz von 1,5 % "p.a." ist noch hinreichend klar. Es wird deutlich, dass nicht etwa eine (ansonsten massiv überhöhte) Kostenpauschale von 1,5 % täglich geschuldet wird, sondern eine solche von 1,5 % pro Jahr, wobei der zugrunde zu legende Wert der Fondsanteile tagesgenau berechnet wird. Unklar bleibt jedoch, in welchem Zeitintervall die Beklagte diese Vergütung erhalten soll. Dies ist deshalb für die Berechnung der Vergütung relevant, weil sich der Inventarwert durch die Entnahme verringert. Je länger die Entnahmeabstände sind, desto höher bleibt der der Abrechnung zugrunde zu legende Inventarwert.

26Offen bleibt auch, wie die Vergütung für solche Tage zu berechnen ist, die nicht Börsentage sind. Hierzu verhalten sich weder § 30 Abs. 1 der Besonderen Anlagebedingungen noch der dort in Bezug genommene § 18 der Allgemeinen Anlagebedingungen. Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, der Prospekt verschaffe hierzu Klarheit, ist dies bereits deshalb im Revisionsverfahren unbeachtlich, weil die insoweit darlegungsbelastete Beklagte (vgl. oben unter 2. a) diesen Prospekt nicht vorgelegt und das Berufungsgericht daher zu dessen Inhalt bisher keine Feststellungen getroffen hat. Daher kann dahinstehen, ob der Verweis in den Anlagebedingungen auf den Prospekt hinreichend konkret ist.

27Das Fehlen dieser Information führt dazu, dass die von der Beklagten beanspruchte Vergütung für Nichtbörsentage nicht bestimmbar ist. Zu deren Ermittlung kommt entweder - insbesondere wenn eine jährliche Berechnung und Auszahlung geschuldet sein sollte - ein über das Jahr ermittelter Durchschnittswert in Betracht oder ein Abstellen auf den Börsentag nach dem Nichtbörsentag oder umgekehrt auf den letzten Börsentag vor diesem Tag, wie dies der Beklagtenvertreter in der Revisionsverhandlung ausgeführt hat. Weitere Unklarheiten ergeben sich daraus, dass nach § 18 der Allgemeinen Anlagebedingungen an gesetzlichen Feiertagen, die Börsentage sind, sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres von einer Ermittlung des Werts abgesehen werden kann. Insoweit bleibt zum einen unklar, nach welchen Maßstäben darüber zu entscheiden ist, ob für solche Tage ein Wert ermittelt wird, und welcher Wert maßgeblich ist, wenn dies nicht erfolgt. Zum anderen bleibt offen, auf welchen Ort bei der Bestimmung von gesetzlichen Feiertagen und/oder Börsentagen abzustellen ist. Je nachdem, wie diese Parameter bestimmt werden, können sich erheblich unterschiedliche Inventarwerte ergeben.

28Schließlich bleibt der Begriff des "Inventarwerts", der nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Besonderen Anlagebedingungen für die Berechnung der Vergütung maßgeblich ist, unklar. Zwar wird insoweit - mit dem relativierenden - Zusatz "vgl." auf § 18 der Allgemeinen Anlagebedingungen verwiesen. Dort wird aber der sprachlich abweichende Begriff "Nettoinventarwert" definiert, was aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners Zweifel begründet, ob jener mit dem "Inventarwert" i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 1 der Besonderen Anlagebedingungen gleichzusetzen oder hiervon zu unterscheiden ist.

29Es bleibt mithin für den Vertragspartner unklar, welche Vergütung er der Beklagten schuldet, obwohl eine klare Regelung ohne weiteres möglich gewesen wäre, wie sich bereits aus dem Vergleich mit der jedenfalls teilweise erheblich klareren Regelung in § 30 der Anlagebedingungen des Fonds "O.            " ergibt.

30c) Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Klage kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Kläger habe die Höhe seines Anspruchs nicht schlüssig dargelegt. Das Berufungsgericht hat insoweit die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast verkannt.

31Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger als Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs aus §§ 675, 667 BGB trägt (vgl. , NJW 2019, 1458 Rn. 16 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebietet jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben eine sekundäre Darlegungslast des Gegners, wenn die darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner angesichts des unterschiedlichen Informationsstands beider Parteien zumutbar nähere Angaben machen kann (st. Rspr. vgl. zB Senat, Urteil vom - III ZR 24/21, BGHZ 234, 102 Rn. 36 mwN). Im Ansatz richtig hat das Berufungsgericht auch zugrunde gelegt, dass eine sekundäre Darlegungslast die primär beweisbelastete Partei nicht davon entbindet, für ihre Behauptung zunächst hinreichende Anhaltspunkte vorzutragen und gegebenenfalls auch zu beweisen (Senat, Urteil vom - III ZR 211/20, VersR 2023, 265 Rn. 17 mwN).

32Nach diesen Maßstäben hätte das Berufungsgericht jedoch vom Kläger weiteren Vortrag nicht verlangen dürfen. Hinreichende Anhaltspunkte in dem vorgenannten Sinn liegen bereits deshalb vor, weil der Kläger vorgetragen hat, dass die Beklagte Vertriebsprovisionen entnommen hat, was unstreitig geblieben ist. Die Höhe dieser Entnahmen ist - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat - dem Einblick des Klägers entzogen, da sich diese nur aus internen Daten der Beklagten ergibt, so dass der Kläger hierzu nur Annahmen und Schätzungen vortragen konnte. Daher wäre es nunmehr Sache der Beklagten gewesen, die Höhe der von ihr einbehaltenen Vertriebsprovisionen mitzuteilen.

33d) Darauf, ob der Kläger hilfsweise zulässig einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung der gesamten Entnahmen für Kostenpauschalen geltend gemacht und ob er deren Höhe hinreichend dargelegt hat, kommt es im jetzigen Verfahrensstadium nicht an.

III.

34Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache war, da sie zur Endentscheidung nicht reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:051023UIIIZR216.22.0

Fundstelle(n):
AG 2024 S. 34 Nr. 1
BB 2023 S. 2817 Nr. 49
DB 2024 S. 317 Nr. 6
NJW 2023 S. 3794 Nr. 52
NJW 2023 S. 3796 Nr. 52
WM 2023 S. 2230 Nr. 48
ZIP 2023 S. 2524 Nr. 48
ZIP 2024 S. 736 Nr. 14
ZIP 2024 S. 737 Nr. 14
OAAAJ-53127