BGH Beschluss v. - 2 StR 336/23

Strafzumessungsrechtliche Berücksichtigung von Tatfolgen bei einer Serie von Sexualdelikten

Gesetze: § 46 Abs 3 StGB, § 176a Abs 4 StGB vom , § 177 StGB

Instanzenzug: Az: 28 KLs 3/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in sechs Fällen und sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Nachprüfung des Urteils hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Allerdings hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 349 Abs. 4 StPO).

4Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nicht bedenkenfrei unter dem Gesichtspunkt des Doppelverwertungsverbots nach § 46 Abs. 3 StGB sind schon die zu Lasten des Angeklagten gewerteten Strafzumessungserwägungen im Fall 1 der Urteilsgründe, bei der Tat sei es „ohne langsame Annäherungsversuche direkt zum Oralverkehr mit der jungen Geschädigten gekommen“ (UA S. 14) und der Angeklagte habe „mit ihr als völlig unbedarftem Kind als erste Missbrauchshandlung den Oralverkehr“ vorgenommen (UA S. 17).

Zudem hat das Landgericht sowohl bei der Prüfung, ob in den Fällen 1 und 2 sowie 4 bis 7 der Urteilsgründe ein minder schwerer Fall nach § 176 a Abs. 4 StGB a.F. vorliegt, als auch bei der konkreten Strafzumessung bei sämtlichen Einzeltaten jeweils zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass die Geschädigten infolge des erlebten Missbrauchs der psychologischen Betreuung bedürfen (UA S. 14 f.). Dabei hat es nicht beachtet, dass festgestellte Tatfolgen einer Serie von Sexualdelikten nur dann bei der Einzelstrafbemessung mit ihrem vollen Gewicht berücksichtigt werden können, wenn sie unmittelbare Folge allein einzelner Taten sind; sind sie Folge mehrerer Taten einer Tatserie, können sie strafzumessungsrechtlich nur einmal bei der Gesamtstrafenbildung berücksichtigt  werden (vgl. –, NStZ-RR 2022, 170;  Senat, Beschluss vom – 2 StR 7/21 –, juris Rn. 4, jeweils mwN).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die rechtlich bedenklichen strafschärfenden Erwägungen die Bemessung der Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst haben. Die Einzelstrafaussprüche und damit auch die daraus gebildete Gesamtstrafe – auch wenn deren Höhe nicht unangemessen ist – können daher keinen Bestand haben.“

5Dem schließt sich der Senat an. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; jedoch können die Feststellungen aufrecht erhalten bleiben, da nur ein Wertungsfehler vorliegt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260923B2STR336.23.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-52564