BGH Beschluss v. - EnVR 37/21

Festlegung der Erlösobergrenzen für ein Gasverteilnetz in der 3. Regulierungsperiode: Bestimmung des Effizienzwerts durch die Bundesnetzagentur unter Einbeziehung regionaler Fernleitungsnetzbetreiber ohne Konzessionsgebiet

Gesetze: § 6 Abs 3 ARegV, § 12 Abs 3 Anl 3 Nr 2 S 2 ARegV, § 12 Abs 4a S 3 ARegV, § 13 Abs 3 S 4 ARegV, § 14 Abs 1 Nr 3 ARegV, § 14 Abs 2 ARegV, § 15 Abs 1 S 1 ARegV, § 21a Abs 2 S 1 EnWG, § 21a Abs 5 S 1 EnWG, § 21a Abs 6 EnWG

Instanzenzug: Az: VI-3 Kart 812/19 (V)

Gründe

1A. Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz in einer Großstadt.

2Mit Beschluss vom (fortan: angefochtene Festlegung) legte die Bundesnetzagentur die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode für das Netz der Betroffenen niedriger als beantragt fest. Dabei berechnete sie den Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 ARegV abweichend von der Betroffenen und setzte deren individuellen Effizienzwert auf 96,0357 % zuzüglich eines Aufschlags von 0,9444 %, insgesamt auf 96,9801 % fest.

3Die Festsetzung des Effizienzwerts der Betroffenen beruht auf dem von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Effizienzvergleich für die dritte Regulierungsperiode Gas, in dem die Daten von 183 Gasverteilernetzbetreibern berücksichtigt wurden. Diese Daten holte die Bundesnetzagentur beginnend mit einer - auf Grundlage ihrer Festlegung vom (BK 9-15-603) vorgenommenen - Strukturdatenabfrage bei den Netzbetreibern ein. Bei der Durchführung des Effizienzvergleichs ließ sich die Bundesnetzagentur von einem Beraterkonsortium sachverständig beraten und unterstützen. Dieses Konsortium entwickelte ab Herbst 2017 auf der Grundlage der von der Bundesnetzagentur bei den Netzbetreibern abgefragten Daten ein Effizienzvergleichsmodell, dessen Umsetzung in einem schriftlichen Gutachten vom (fortan: Gutachten des Beraterkonsortiums oder Gutachten) dokumentiert und das Bestandteil der angefochtenen Festlegung ist. In dem Modell werden die Methoden der Dateneinhüllungsanalyse (Data Envelopment Analysis - DEA) und der Stochastischen Effizienzgrenzenanalyse (Stochastic Frontier Analysis - SFA) angewendet und fünf Vergleichsparameter herangezogen, nämlich das Rohrvolumen, die zeitgleiche Jahreshöchstlast aller Ausspeisungen, die Anzahl der Messstellen bei Letztverbrauchern und Netzkopplungspunkten, die Anzahl der Ausspeisepunkte über 5 bar (Druckstufen HD 2 bis HD 4) sowie die Gewichtung des Anteils der vorherrschenden Bodenklassen 4, 5 und 6 (Tiefenstufe 0 bis 1 m) mit der Netzlänge. Der individuelle Effizienzwert der Betroffenen entspricht dem für sie in der SFA mit standardisierten Kosten errechneten hypothetischen Effizienzwert einschließlich des Aufschlags nach § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV.

4Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben und diese hinsichtlich der Berechnung des Kapitalkostenabzugs, nicht jedoch bezüglich der Festlegung des Effizienzwerts zur Neubescheidung verpflichtet. Dagegen haben sich sowohl die Bundesnetzagentur als auch die Betroffene mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde gewandt. Die Betroffene hat ihre Beschwerde während des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Zustimmung der Bundesnetzagentur zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Behandlung des Kapitalkostenabzugs richtet. Die Bundesnetzagentur tritt der Rechtsbeschwerde der Betroffenen entgegen.

5B. Die Teilrücknahme der Beschwerde durch die Betroffene bewirkt, dass das Verfahren insoweit als nicht anhängig geworden anzusehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 47/12, juris Rn. 2; vom - EnVR 19/10, juris Rn. 1). Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur hat sich dadurch erledigt (vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 55/20, RdE 2023, 163 Rn. 4 - Regionetz GmbH; vom - EnVR 45/21, juris Rn. 4 - Datenkorrektur).

6C. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat Erfolg.

7I. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Festlegung des individuellen Effizienzwerts der Betroffenen durch die Bundesnetzagentur weise keine Rechtsfehler auf. Das von der Bundesnetzagentur verwendete Effizienzvergleichsmodell sei rechtmäßig und bilde die Versorgungsaufgabe städtischer Netzbetreiber in angemessener Weise ab. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur die ehemaligen regionalen Fernleitungsnetzbetreiber in den Effizienzvergleich einbezogen habe; den besonderen Strukturen der von diesen betriebenen Netze werde in angemessener Weise durch die Durchführung von Ausreißeranalysen auf verschiedenen Ebenen Rechnung getragen. Die Auswahl der Vergleichsparameter zur Modellierung des Effizienzvergleichs sei fehlerfrei, da sie die strukturelle Vergleichbarkeit möglichst weitgehend gewährleiste und die Heterogenität der Aufgaben der Netzbetreiber möglichst weitgehend abbilde. Auch die methodische Vorgehensweise der Bundesnetzagentur bei der Durchführung des Effizienzvergleichs begegne keinen Bedenken. Insbesondere würden die Besonderheiten innerstädtischer Gasverteilernetze mit der sogenannten Granularität der Versorgungsaufgabe durch den Vergleichsparameter Anzahl der Messstellen hinreichend adressiert.

8II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts trägt der von der Bundesnetzagentur durchgeführte Effizienzvergleich den objektiven strukturellen Unterschieden der einbezogenen Netzbetreiber nicht hinreichend Rechnung. Zudem verstößt er gegen die Vorgabe in Nr. 2 Satz 2 der Anlage 3 zu § 12 ARegV, wonach für Netzbetreiber, die im Effizienzvergleich als effizient ausgewiesen werden, ein Effizienzwert in Höhe von 100 Prozent gilt.

91. Nach § 21a Abs. 2 Satz 1 EnWG werden in der Anreizregulierung für eine Regulierungsperiode unter Berücksichtigung von Effizienzvorgaben Obergrenzen für die Höhe der Netzzugangsentgelte oder die Gesamterlöse aus Netzzugangsentgelten vorgegeben. Die Effizienzvorgaben werden gemäß § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG durch Bestimmung unternehmensindividueller oder gruppenspezifischer Effizienzziele auf Grundlage eines Effizienzvergleichs unter Berücksichtigung insbesondere der bestehenden Effizienz des jeweiligen Netzbetriebs, objektiver struktureller Unterschiede, der inflationsbereinigten Produktivitätsentwicklung, der Versorgungsqualität und auf diese bezogener Qualitätsvorgaben sowie gesetzlicher Regelungen bestimmt. In den §§ 12 ff. der auf Grundlage von § 21a Abs. 6 EnWG von der Bundesregierung erlassenen Anreizregulierungsverordnung ist geregelt, dass und auf welche Weise die Bundesnetzagentur vor Beginn der Regulierungsperiode jeweils einen bundesweiten Effizienzvergleich für die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen und Gasverteilernetzen mit dem Ziel durchführt, die Effizienzwerte für diese Netzbetreiber zu ermitteln.

10Diese Regelungen finden - wie die übrigen Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung und der Gasnetzentgeltverordnung - auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (C-718/18, RdE 2021, 534 Rn. 112 bis 138) weiterhin Anwendung (BGH, Beschlüsse vom - EnVR 17/20, RdE 2022, 119 Rn. 14 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; vom - EnVR 6/21, WM 2023, 630 Rn. 9 - Kapitalkostenabzug mwN). Sie sind angesichts der durch das Unionsrecht geforderten Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur von externen Weisungen anderer öffentlicher oder privater Stellen jedoch bis zu der den Gerichten durch den Willen des nationalen Gesetzgebers gezogenen Grenze im Sinne einer Gewährleistung und Sicherung dieser Unabhängigkeit auszulegen. Eine gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Regulierungsbehörde erfolgt daher im Grundsatz nur noch in Bezug auf den nach den vorgenannten Maßstäben fortgeltenden nationalen Regulierungsrahmen sowie anhand unionsrechtlicher Vorgaben (BGH, RdE 2022, 119 Rn. 15 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; WM 2023, 630 Rn. 10 - Kapitalkostenabzug).

112. Die Ermittlung der Effizienzwerte erfolgt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 ARegV in Anwendung der in Anlage 3 zu dieser Vorschrift aufgeführten Methoden, nämlich der DEA und der SFA, unter Berücksichtigung der dort genannten Vorgaben sowie nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 bis 4 ARegV sowie der §§ 13 und 14 ARegV. Trotz der in den §§ 12 ff. ARegV enthaltenen detaillierten Vorgaben ist die Ausgestaltung des Effizienzvergleichs nicht in allen Details vorgegeben; vielmehr stehen der Bundesnetzagentur insoweit erhebliche Spielräume zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 10, 21 bis 28 - Stadtwerke Konstanz GmbH; vom - EnVR 58/12, juris Rn. 13, 19 bis 27; vom - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 13, 19 bis 27 - Stromnetz Berlin GmbH; vom - EnVR 53/16, RdE 2018, 424 Rn. 55 - Stadtwerke Essen AG; vom - EnVR 43/16, juris Rn. 34; vom - EnVR 54/17, juris Rn. 55).

12Soweit die Wahl der Methoden sowie deren Anwendung der Regulierungsbehörde überlassen ist, sind deren Auswahlentscheidungen bei der Modellierung und Anwendung im Einzelnen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar, nämlich nur - insoweit aber vollständig - darauf hin, ob die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Grenzen eingehalten worden sind, die die Bundesnetzagentur zu beachten hatte. Zu prüfen ist daher stets, ob die Regulierungsbehörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat. Darüber hinaus kann eine von der Bundesnetzagentur bei der Wahl der Methode oder der Anwendung der gewählten Methode getroffene Auswahlentscheidung von Rechts wegen nur dann beanstandet werden, wenn sich feststellen lässt, dass der gewählte methodische Ansatz von vornherein ungeeignet ist, die Funktion zu erfüllen, die ihm nach dem durch die Entscheidung der Regulierungsbehörde auszufüllenden gesetzlichen Rahmen zukommt, oder wenn ein anderes methodisches Vorgehen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände so deutlich überlegen ist, dass die getroffene Auswahlentscheidung nicht mehr als mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar angesehen werden kann. Dieser eingeschränkte Prüfungsmaßstab folgt aus den Grenzen der rechtlichen Determinierung und Determinierbarkeit der Aufklärung und Bewertung komplexer ökonomischer Zusammenhänge und ist deshalb sowohl mit Art. 19 Abs. 4 GG als auch mit dem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes vereinbar (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom - EnVR 7/20, BGHZ 228, 286 Rn. 27 f. - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor I; RdE 2022, 119 Rn. 16 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; vom - EnVR 77/20, RdE 2022, 527 Rn. 38 mwN - REGENT; , BVerwGE 158, 301 Rn. 31 f.).

133. Nach diesen Maßstäben hat das Beschwerdegericht allerdings zu Recht die Auswahl der Vergleichsparameter für den Effizienzvergleich für rechtmäßig erachtet. Aufgrund des der Regulierungsbehörde zustehenden weiten Entscheidungsspielraums ist diese - für sich genommen - nicht zu beanstanden.

14a) Vergleichsparameter sind gemäß § 13 Abs. 3 ARegV Parameter zur Bestimmung der Versorgungsaufgabe und der Gebietseigenschaften, insbesondere die geografischen, geologischen oder topografischen Merkmale und strukturellen Besonderheiten der Versorgungsaufgabe auf Grund demografischen Wandels des versorgten Gebietes. Sie müssen geeignet sein, die Belastbarkeit des Effizienzvergleichs zu stützen, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn sie messbar oder mengenmäßig erfassbar, nicht durch Entscheidungen des Netzbetreibers bestimmbar und nicht in ihrer Wirkung ganz oder teilweise wiederholend sind, insbesondere nicht bereits durch andere Parameter abgebildet werden. Exemplarisch nennt § 13 Abs. 3 Satz 4 ARegV als mögliche Vergleichsparameter für Gasversorgungsnetze die Anzahl der Ausspeisepunkte oder der Messstellen, die Fläche des versorgten Gebietes, die Leitungslänge oder das Rohrvolumen, die Jahresarbeit und die zeitgleiche Jahreshöchstlast.

15Anders als in den ersten beiden Regulierungsperioden, in denen die Anzahl der Ausspeisepunkte, die Fläche des versorgten Gebietes, die Leitungslänge (Systemlänge) und die zeitgleiche Jahreshöchstlast als Pflichtparameter neben möglichen weiteren Vergleichsparametern vorgegeben waren (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 1 ARegV in der bis zum geltenden Fassung), hat in der hier zu beurteilenden dritten Regulierungsperiode die Regulierungsbehörde sämtliche Vergleichsparameter zu bestimmen. § 13 Abs. 3 ARegV gibt insoweit nur vor, dass die Auswahl der Vergleichsparameter mit qualitativen, analytischen oder statistischen Methoden zu erfolgen hat, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen (§ 13 Abs. 3 Satz 7 ARegV) und dass durch die Auswahl der Vergleichsparameter die strukturelle Vergleichbarkeit möglichst weitgehend gewährleistet sein und die Heterogenität der Aufgaben der Netzbetreiber möglichst weitgehend abgebildet werden sollen (§ 13 Abs. 3 Satz 8 ARegV). Ferner darf die Regulierungsbehörde bei der Bestimmung von Parametern zur Beschreibung geografischer, geologischer oder topografischer Merkmale und struktureller Besonderheiten der Versorgungsaufgabe auf Grund demografischen Wandels des versorgten Gebietes flächenbezogene Durchschnittswerte bilden (§ 13 Abs. 3 Satz 5 ARegV) oder die Vergleichsparameter bezogen auf die verschiedenen Netzebenen verwenden (§ 13 Abs. 3 Satz 6 ARegV).

16b) Vor diesem Hintergrund hat das Beschwerdegericht die Heranziehung des Rohrvolumens als einen der im Modell verwendeten Vergleichsparameters zu Recht nicht als fehlerhaft eingeordnet.

17aa) Das Rohrvolumen erfüllt die in § 13 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 ARegV genannten Anforderungen und wird in § 13 Abs. 3 Satz 4 ARegV ausdrücklich als möglicher Vergleichsparameter genannt. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, der Vergleichsparameter Rohrvolumen sei nicht geeignet, die räumliche Ausdehnung des Versorgungsgebiets abzubilden, da für die Kostenhöhe nicht primär das Volumen, sondern die Netzlänge verantwortlich sei, greift nicht durch. Das Rohrvolumen wird von der Leitungslänge und der (inneren) Rohrquerschnittsfläche bestimmt (V = π·r2·L) und bildet damit zumindest teilweise die Leitungslänge ab, die wiederum auch nach Auffassung der Betroffenen die Ausdehnung des Versorgungsgebiets repräsentiert. Dass der mathematisch bedingt unterschiedliche Einfluss von Leitungslänge und Rohrdurchmesser auf das Rohrvolumen nicht deckungsgleich mit dem Einfluss von Leitungslänge und Rohrdurchmesser auf die Baukosten ist, stellt die grundsätzliche Eignung des Rohrvolumens als Parameter, der die Ausdehnung des Versorgungsgebietes abbildet, nicht in Frage. Denn die Parameterauswahl dient nicht der exakten Abbildung von Baukosten, sondern der Abbildung der Versorgungsaufgabe in einem Gesamtmodell.

18bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war die Bundesnetzagentur nicht verpflichtet, neben dem Rohrvolumen einen weiteren Vergleichsparameter heranzuziehen, durch den die räumliche Ausdehnung der Versorgungsaufgabe abgebildet wird. Nach den Berechnungen des Beraterkonsortiums der Bundesnetzagentur wies unter verschiedenen getesteten Modellen dasjenige mit dem Vergleichsparameter Rohrvolumen die höchste Modellgüte auf und war gegenüber einem Modell, in dem zusätzlich der Parameter versorgte Fläche oder der Parameter Netzlänge herangezogen wird, auch für die Abbildung der räumlichen Ausdehnung der Versorgungsaufgabe vorzugswürdig. Dem ist die Rechtsbeschwerde nicht hinreichend entgegengetreten. Sie rügt lediglich das Fehlen eines ingenieurwissenschaftlich fundierten Zusammenhangs, zeigt aber nicht auf, dass die Beschränkung auf den Vergleichsparameter Rohrvolumen von vornherein ungeeignet ist, die räumliche Ausdehnung der Versorgungsaufgabe sachgerecht abzubilden, oder dass ein anderes methodisches Vorgehen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände so deutlich überlegen ist, dass die getroffene Auswahlentscheidung nicht mehr als mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar angesehen werden kann.

194. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde stellt es auch keinen Rechtsfehler dar, dass das Beschwerdegericht das Vorgehen der Bundesnetz-agentur gebilligt hat, die acht Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet in den Effizienzvergleich einzubeziehen. Zwar weisen die Netze dieser Betreiber, wie der Bundesgerichtshof in Bezug auf die am Effizienzvergleich für die zweite Regulierungsperiode beteiligten fünf ehemaligen regionalen Fernleitungsnetzbetreiber festgestellt hat und auch hier von der Bundesnetzagentur nicht in Abrede gestellt wird, besondere Strukturen auf. So liegt der Anteil von mit Hochdruck (mehr als 16 bar) betriebenen Leitungen bei fast 100 % und wird das Gas in diesen Netzen über große Entfernungen und in hohen Durchsatzmengen transportiert bei einer im Verhältnis dazu geringen Zahl von Anschlusspunkten und sonstigen Betriebseinrichtungen, was bei einigen Vergleichsparametern zu Werten führt, die sich von denjenigen anderer Verteilernetze fundamental unterscheiden (vgl. BGH, RdE 2018, 424 Rn. 47 - Stadtwerke Essen AG). Diese Abweichungen in den von den Netzbetreibern ohne Konzessionsgebiet einerseits und den übrigen Netzbetreibern andererseits zu erfüllenden Versorgungsaufgaben und den daraus resultierenden Netzstrukturen haben jedoch nicht zur Folge, dass die Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet aus dem Effizienzvergleich für die Verteilernetzbetreiber zwingend auszuschließen wären. Vielmehr wäre die Durchführung eines gesonderten Effizienzvergleichs für solche regionalen Transportnetzbetreiber durch die gesetzlichen Vorgaben nur dann geboten, wenn aufgrund der Versorgungsaufgabe oder anderer objektiver Umstände bestehenden Unterschieden durch die geeignete Ausgestaltung eines gemeinsamen Effizienzvergleichs nicht angemessen Rechnung getragen werden könnte (BGH, RdE 2018, 424 Rn. 45 - Stadtwerke Essen AG). Dies steht indes auch für die dritte Regulierungsperiode nicht fest.

205. Das Beschwerdegericht hat jedoch außer Acht gelassen, dass das von der Bundesnetzagentur für die Durchführung des Effizienzvergleichs herangezogene Modell insgesamt den objektiven strukturellen Unterschieden der von den am Vergleich beteiligten Netzbetreibern zu erfüllenden Versorgungsaufgaben nicht hinreichend Rechnung trägt und aus diesem Grund mit den Vorgaben des § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG nicht in Einklang steht. Es führt zu einer systemischen Bevorzugung von Unternehmen mit besonderen Netzstrukturen, insbesondere von Netzbetreibern ohne Konzessionsgebiet, was von den der Bundesnetzagentur auch bei der Wahl der Methode zustehenden Spielräumen, wie einzelnen strukturellen Besonderheiten der verglichenen Netze Rechnung getragen wird, nicht mehr gedeckt ist.

21a) Die Methodik der DEA in Verbindung mit der in § 12 Abs. 3 und Abs. 4a Satz 3 ARegV festgelegten Best-of-Four-Abrechnung birgt das Risiko, dass Netzbetreiber mit besonderen Netzstrukturen - wie Fernleitungsnetzbetreiber - nicht allein aufgrund ihrer unternehmerischen Leistung als effizient eingestuft und aufgrund der spezifisch von ihnen zu erbringenden Versorgungsaufgabe im Effizienzvergleich gegenüber anderen Netzbetreibern bevorzugt werden.

22aa) Nach der Definition in Nr. 1 Satz 1 Buchst. a) der Anlage 3 zu § 12 ARegV ist die DEA eine nicht-parametrische Methode, in der die optimalen Kombinationen von Aufwand und Leistung aus einem linearen Optimierungsproblem resultieren. Die Bestimmung einer Effizienzgrenze erfolgt aus den Daten aller in den Effizienzvergleich einzubeziehenden Unternehmen und der Ermittlung der relativen Positionen der einzelnen Unternehmen gegenüber dieser Effizienzgrenze. In der DEA werden die Faktoreinsätze der Unternehmen den Unternehmensleistungen gegenübergestellt und der Effizienzmaßstab durch eine optimale Kombination von Kosten (Input) und Versorgungsaufgabe (Output) bestimmt. Auf eine Annahme zum funktionalen Zusammenhang zwischen Kosten und Versorgungsaufwand wird verzichtet. Als Outputs können alle wesentlichen Kostentreiber (Vergleichsparameter) erfasst und daneben Variablen berücksichtigt werden, die verschiedene Randbedingungen der Leistungserbringung erfassen. Der Effizienzmaßstab leitet sich aus den übermittelten Daten aller in den Effizienzvergleich einbezogenen Netzbetreiber ab und bildet bildlich gesprochen eine effiziente mehrdimensionale Hülle. Die zu 100 % effizienten Unternehmen befinden sich auf der Hülle. Für die übrigen Unternehmen errechnet sich ihr Effizienzwert aus dem relativen Abstand zu dieser effizienten Hülle (vgl. Gutachten des Beraterkonsortiums, S. 16 f.).

23Demgegenüber ist die SFA eine parametrische Methode, die einen funktionalen Zusammenhang zwischen Aufwand und Leistung in Form einer Kostenfunktion herstellt (vgl. Nr. 1 Satz 1 Buchst. b) der Anlage 3 zu § 12 ARegV). Im Rahmen der SFA werden die Abweichungen zwischen den tatsächlichen und den regressionsanalytisch geschätzten Kosten in einen symmetrisch verteilten Störterm und eine positiv verteilte Restkomponente zerlegt, die Ausdruck von Ineffizienz ist und bei der von einer schiefen Verteilung ausgegangen wird. Mittels einer Regressionsanalyse wird in der SFA ein statistischer Zusammenhang zwischen Kosten und Kostentreibern (Vergleichsparametern) identifiziert und die Stärke dieses Zusammenhangs ermittelt (vgl. Gutachten S. 17).

24Für die Festlegung des individuellen Effizienzwerts des jeweiligen Netzbetreibers ist nach den Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung eine doppelte Bestabrechnung vorzunehmen (sog. Best-of-Four-Abrechnung). Gemäß § 12 Abs. 3 ARegV ist der höhere Effizienzwert zu verwenden, wenn die für ihn in der DEA und der SFA ermittelten Effizienzwerte voneinander abweichen; Entsprechendes gilt, wenn die mit gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ARegV standardisierten Kosten errechneten Effizienzwerte sich nicht mit denjenigen decken, die sich bei einer Rechnung mit nicht-standardisierten Kosten ergeben (§ 12 Abs. 4a Satz 3 ARegV).

25bb) Folge des DEA-Modells ist, was auch die Bundesnetzagentur nicht in Frage stellt, dass ein Netzbetreiber, der bei nur einem Vergleichsparameter in Bezug auf seine Gesamtkosten ein hervorragendes Input-Output-Verhältnis hat, (insgesamt) als effizient eingestuft wird, also einen Effizienzwert von 100 % erlangen und damit zugleich sogenanntes Peer-Unternehmen für die übrigen Netzbetreiber in diesem Vergleichsparameter werden kann. In der DEA hindern daher gegebenenfalls auch (in Relation zu den Gesamtkosten) schlechte Outputwerte bei anderen Parametern nicht die Einstufung als Peer-Unternehmen und die Erlangung eines Effizienzwerts von 100 %. Der methodische Ansatz der DEA hat somit zur Folge, dass bei Unternehmen mit extremen Ausprägungen bei einzelnen Vergleichsparametern des Effizienzvergleichsmodells, sogenannten Alleinstellungsmerkmalen, die Effizienz überschätzt werden kann, worauf auch in der Literatur ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Albrecht/Mallossek/Petermann in Holznagel/Schütz, Anreizregulierungsrecht, 2. Aufl., § 12 ARegV Rn. 61; Breßlein in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 12 ARegV Rn. 19).

26Da auch für Unternehmen, die aufgrund extremer Ausprägungen bei einem einzigen oder einzelnen Vergleichsparametern Peer-Unternehmen werden, aufgrund der Best-of-Four-Abrechnung im Ergebnis ein individueller Effizienzwert von (mindestens) 100 % gilt, besteht systemisch das Risiko, dass solche Unternehmen im Gesamtergebnis des Effizienzvergleichs im Verhältnis zu anderen Unternehmen besser eingestuft werden, ohne dass dies durch eine tatsächlich höhere Effizienz begründet wäre, und dass sie außerdem die Effizienzwerte der anderen Unternehmen nachteilig beeinflussen. Das bedeutet zugleich, dass gegebenenfalls entgegen § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG und § 13 Abs. 3 Satz 8 ARegV die besondere Struktur der Versorgungsaufgabe eines Netzbetreibers und nicht allein seine Effizienz bestimmt, welchen individuellen Effizienzwert er erlangt.

27b) Die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen und die im Gutachten des Beraterkonsortiums aufgeführten Ergebnisse des Effizienzvergleichs, insbesondere die individuellen Effizienzwerte der beteiligten Netzbetreiber, indizieren, dass jedenfalls die Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet, deren Netzstruktur, wie ausgeführt (oben Rn. 19), erheblich von der Struktur der übrigen Verteilernetze abweicht, durch das von der Bundesnetzagentur für den Effizienzvergleich entwickelte und angewandte Modell systemisch bevorzugt werden und zugleich eine Schlechterstellung der anderen Netzbetreiber bewirken.

28aa) Bereits die Gesamtbetrachtung der individuellen Effizienzwerte aller 183 am Effizienzvergleich beteiligten Netzbetreiber legt die strukturelle Bevorzugung der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet durch das Effizienzvergleichsmodell nahe. So haben alle acht Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet nach der Best-of-Four-Methode aus der DEA einen Effizienzwert von 100 % erhalten, während diesen Wert von den übrigen 175 am Effizienzvergleich beteiligten Netzbetreibern (nur) 14 weitere Unternehmen erreichen (vgl. Gutachten S. 132, 244 ff., Tabelle 75). Es erscheint aber fernliegend, dass 100 % der reinen Transportnetzbetreiber effizient sind, jedoch nur 8 % der übrigen Verteilernetzbetreiber. Die gegensätzlichen Werte deuten daher darauf hin, dass die besonderen Strukturen der reinen Fernleitungsnetze durch die Ausgestaltung des Effizienzvergleichs, insbesondere die Wahl der Vergleichsparameter, begünstigt werden, die objektive Vergleichbarkeit der Unternehmen mit unterschiedlichen Netzstrukturen also gerade nicht hergestellt wurde.

29bb) Aus dem Gutachten des Beraterkonsortiums ergibt sich darüber hinaus, dass die Gruppe der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet, die weniger als 5 % der am Effizienzvergleich beteiligten Netzbetreiber ausmachen, einen weit überproportionalen Einfluss auf das Ergebnis des Effizienzvergleichs hat. Von den acht Netzbetreibern ohne Konzessionsgebiet bleiben in der DEA nach der Ausreißeranalyse bei beiden Kostenarten sechs Unternehmen im Datensatz und spannen zusammen mit weiteren neun beziehungsweise zehn Netzbetreibern die Effizienzgrenze auf (vgl. Gutachten S. 132 ff.). Sämtliche im Datensatz verbleibenden Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet sind also sogenannte Peer-Unternehmen.

30cc) Die Bundesnetzagentur hat nicht festgestellt und dargelegt, dass diese Dominanz der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet bei den in der DEA ermittelten Effizienzwerten durch eine tatsächlich gegenüber den anderen Netzbetreibern höhere Effizienz bedingt ist. Bereits angesichts des - statistisch jedenfalls sehr auffälligen - Umstands, dass in der DEA sämtliche Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet einen Effizienzwert von 100 % erreichen, von den übrigen Verteilernetzbetreibern jedoch nur jeder Zwölfte, wäre eine Überprüfung des Ergebnisses aber angezeigt gewesen. Denn bei diesem Befund drängt sich auf, dass die ermittelten Werte wesentlich darauf beruhen, dass die von den Netzbetreibern ohne Konzessionsgebiet zu erfüllende Versorgungsaufgabe objektiv einen geringeren Kostenaufwand erfordert als die Versorgungsaufgaben der übrigen Verteilernetzbetreiber.

31c) Der somit anzunehmenden systemischen Bevorzugung der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet in der DEA, die sich wegen der Best-of-Four-Abrechnung nach § 12 Abs. 3 und Abs. 4a Satz 3 ARegV im Effizienzvergleich insgesamt niederschlägt, hat die Bundesnetzagentur in dem angewandten Modell nicht hinreichend entgegengewirkt.

32aa) Bei der Auswahl der Vergleichsparameter wurde die oben (Rn. 25 f.) beschriebene Wirkungsweise der DEA und die damit verbundene Gefahr einer Bevorzugung von Unternehmen, die - wie die Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet - Netze mit extremen Strukturen betreiben, nicht berücksichtigt.

33(1) Zwar sollte das Verfahren zur Auswahl der Vergleichsparameter nach der Begründung im Gutachten des Beraterkonsortiums der Priorisierung der Vergleichsparameter im Hinblick auf ihre Eignung dienen, die Unterschiede in der Versorgungsaufgabe optimal zu beschreiben (Gutachten S. 34). Allerdings sind die Analysen zur Bestimmung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Kostentreibern und Kosten sowie die Identifizierung der relevanten Kostentreiber allein anhand stochastischer Verfahren erfolgt und haben nur darauf abgestellt, welche Kombination von Parametern die verschiedenen Dimensionen der Versorgungsaufgabe der Verteilernetzbetreiber insgesamt am besten beschreibt (vgl. Gutachten S. 34). Es wurde nicht in den Blick genommen, dass in der DEA modellbedingt bereits bei einem einzelnen Parameter ein besonders gutes Input-Output-Verhältnis dazu führen kann, dass der betreffende Netzbetreiber zum Benchmarkführer wird und einen Effizienzwert von 100 % - oder über den Effizienzbonus nach § 12a ARegV sogar von bis zu 105 % - erhält. Dementsprechend wurde auch nicht bei den einzelnen Vergleichsparametern geprüft, ob und inwiefern das jeweilige Input-Output-Verhältnis eines Netzbetreibers durch die Struktur der von ihm zu erfüllenden Versorgungsaufgabe beeinflusst wird, obwohl im Gutachten selbst ausdrücklich festgestellt wird, dass die Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet bei den Parametern Jahreshöchstlast und Anzahl der Ausspeisepunkte durch extreme Merkmalsausprägungen auffallen, dass nämlich die zeitgleiche Jahreshöchstlast pro Euro standardisierte Kosten oberhalb des 95%-Quantils und die Anzahl der Ausspeisepunkte pro Euro standardisierte Kosten unterhalb des 5%-Quantils liegen (Gutachten S. 55).

34(2) Die unzureichende Beachtung der Wirkungsweise der DEA bei der Vergleichsparameterauswahl wird durch die erfolgte regulierungssystematische Einordnung des zuvor ausgewählten Modells belegt (Gutachten des Beraterkonsortiums, S. 117). Mit der Modellspezifikation sollte erklärtermaßen besonderes Augenmerk auf die strukturelle Vergleichbarkeit und die Heterogenität der Aufgaben der Netzbetreiber gelegt werden. Dies ist allerdings nur unter dem Gesichtspunkt erfolgt, ob gerade die Kombination der gewählten Vergleichsparameter geeignet ist, alle von einem Gasverteilernetzbetreiber potenziell zu erfüllenden Versorgungsaufgaben abzubilden. Ein solches Vorgehen wäre ausreichend, wenn die Strukturen der verglichenen Netze sich so ähnlich wären, dass sämtlichen der gewählten Vergleichsparameter bei jedem Netz ein ähnlicher Erklärungswert zukommt. Das aber ist hier, wie beschrieben, nicht der Fall. Insofern wäre auch eine Prüfung der einzelnen Vergleichsparameter im Hinblick darauf angezeigt gewesen, ob sie bei bestimmten Netz- und Versorgungsstrukturen besonders stark ausgeprägt sind und daher - in Kombination mit den anderen Vergleichsparametern - in der DEA zu einer Bevorzugung von Netzbetreibern mit besonderen Versorgungsstrukturen führen können.

35Dass das Beraterkonsortium diesen Aspekt nicht im Blick hatte, folgt auch aus dem Umstand, dass im Gutachten ausdrücklich betont wird, durch die im finalen Effizienzvergleichsmodell verwendeten Parameter würden die verschiedenen "Verteilnetztypen" abgebildet. Dort wird ausgeführt, die Besonderheiten sogenannter Flächennetzbetreiber, die Gas über weite Distanzen transportierten und in weniger dicht besiedelten Gebieten tätig seien, würden sowohl durch das Rohrvolumen (mit Querschnitt gewichtete Leitungslänge) als Ausdehnungsparameter als auch durch die Gewichtung der kostenerhöhenden Bodenklassen mit der Netzlänge abgebildet. Besonderheiten von Netzbetreibern, die eher im verdichteten städtischen Raum tätig seien, würden durch den Parameter Anzahl der Messstellen in Verbindung mit dem Ausdehnungsparameter Rohrvolumen abgebildet, und die Besonderheiten von Netzbetreibern mit hohem regionalem Transportanteil würden durch den Parameter Jahreshöchstlast und die Anzahl der Ausspeisepunkte über 5 bar erfasst (Gutachten S. 117). Die Frage, ob durch die ausgewählten Parameter den Besonderheiten der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet im Vergleich zu den Netzbetreibern mit Konzessionsgebiet gerade dergestalt Rechnung getragen wird, dass eine Verzerrung des Ergebnisses des Effizienzvergleichs verhindert wird, wirft das Gutachten weder auf, noch beantwortet es diese.

36bb) Ein Ausgleich der dargelegten systemischen Bevorzugung der Betreiber von Netzen mit besonderen Merkmalsausprägungen durch die Methodik der DEA erfolgt nicht systemimmanent dadurch, dass die Anreizregulierungsverordnung mit der SFA eine zweite, unabhängig neben der DEA stehende Methode zur Effizienzwertbestimmung vorsieht. Selbst wenn die effizienten Netzbetreiber ohne besondere Merkmalsausprägungen über die SFA einen Effizienzwert von 100 % erzielen könnten - was im vorliegenden Effizienzvergleichsverfahren allerdings gerade nicht der Fall war (vgl. dazu sogleich unter 6., Rn. 42 ff.) - und dieser über die Best-of-Four-Abrechnung auch im Ergebnis für sie maßgeblich wäre, würde dies nichts daran ändern, dass es für Betreiber von Netzen mit besonderen Merkmalsausprägungen systembedingt leichter ist, in der DEA Spitzenpositionen zu besetzen, die für andere (effiziente) Netzbetreiber dadurch nicht erreichbar sind und die überdies wegen der erheblichen Einflüsse ihrer extremen Outputwerte in der DEA die Werte anderer Unternehmen negativ beeinflussen.

37cc) Auch die von der Bundesnetzagentur - in der DEA wie in der SFA - durchgeführte Ausreißeranalyse wiegt die im Effizienzvergleichsmodell angelegte Ungleichbehandlung der beteiligten Netzbetreiber nicht auf.

38(1) Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats die Ausreißeranalyse zur Identifikation und Aussonderung von Extremwerten genutzt werden, die sich aus objektiven Besonderheiten einzelner Netze ergeben (vgl. BGH, RdE 2018, 424 Rn. 58 f. - Stadtwerke Essen AG; Beschluss vom - EnVR 76/18, RdE 2019, 466 Rn. 39 - Effizienzvergleich). Daraus folgt indes nicht, dass diesen Besonderheiten auch dann hinreichend Rechnung getragen wird, wenn die Ausreißeranalyse - wie hier - nicht zur Aussonderung der betreffenden Netzbetreiber führt.

39Die Ausreißeranalyse dient dazu, statistische Auffälligkeiten zu erkennen und zu verhindern, dass durch solche Auffälligkeiten die Ergebnisse des Effizienzvergleichs verzerrt werden. Sie ist jedoch nicht in der Lage, strukturbedingte Besonderheiten von Netzen aufzudecken, die keine statistischen Auffälligkeiten aufweisen, und damit die strukturelle Vergleichbarkeit von nicht als Ausreißern erkannten Netzbetreibern mit der restlichen Vergleichsgruppe positiv festzustellen. Aus diesem Grund ist zwar die Ausreißeranalyse an sich nicht zu beanstanden, wenn sie im Ergebnis nicht zur Identifizierung aller Netzbetreiber mit zuvor erkannter besonderer Merkmalsausprägung als Ausreißer führt. Der Umkehrschluss, dass durch die Ausreißeranalyse den Besonderheiten der Verteilernetzbetreiber ohne Konzessionsgebiet Rechnung getragen wird, kommt aber allenfalls dann in Betracht, wenn sie - wie im Effizienzvergleich der zweiten Regulierungsperiode - im Ergebnis dazu führt, dass durch die Identifizierung der in Rede stehenden Netzbetreiber als Ausreißer ein verzerrender Einfluss dieser Netzbetreiber auf den Effizienzvergleich ausgeschlossen wird.

40(2) Vorliegend sind die acht am Effizienzvergleich beteiligten Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet - anders als in der zweiten Regulierungsperiode - im Effizienzvergleich in der DEA nicht sämtlich als Ausreißer identifiziert worden. Zwar wurden zwei dieser Unternehmen infolge der Ausreißeranalyse aus dem Datensatz für die Berechnung der Effizienzwerte herausgenommen. Dadurch wird ein verzerrender Einfluss der Gruppe der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet auf den Effizienzvergleich aber nicht ausgeschlossen. Denn die im Datensatz verbleibenden sechs Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet nehmen, wie dargelegt (oben Rn. 29), erheblichen Einfluss auf die in der DEA errechneten Effizienzwerte (vgl. dazu auch , juris Rn. 53).

41d) Dadurch, dass die Bundesnetzagentur bei der Durchführung des Effizienzvergleichs den objektiv gegebenen strukturellen Besonderheiten der Netzbetreiber ohne Konzessionsgebiet im Vergleich zu den anderen Netzbetreibern nicht - wie nach § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG geboten - Rechnung getragen hat, hat sie den Spielraum überschritten, der ihr auch hinsichtlich der Frage zusteht, durch welche methodische Vorgehensweise sie die verschiedenen Strukturen der Versorgungsaufgaben berücksichtigt. Sie hat objektiv gegebene Besonderheiten nicht oder zumindest nicht in angemessener Weise berücksichtigt. Damit erweist sich ihre Entscheidung nach den geltenden Maßstäben (vgl. oben Rn. 12; BGH, RdE 2018, 424 Rn. 56 - Stadtwerke Essen AG) als rechtsfehlerhaft.

426. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht auch gebilligt, dass nach dem von der Bundesnetzagentur für den Effizienzvergleich verwendeten Modell in der SFA lediglich Effizienzwerte von unter 97 % vergeben worden sind. Dies verstößt gegen die Vorgabe in Nr. 2 Satz 2 der Anlage 3 zu § 12 ARegV, dass die Effizienzgrenze von den Netzbetreibern mit dem besten Verhältnis zwischen netzwirtschaftlicher Leistungserbringung und Aufwand gebildet wird und für Netzbetreiber, die im Effizienzvergleich als effizient ausgewiesen werden, ein Effizienzwert in Höhe von 100 Prozent gilt.

43a) Nach der Gesamtaufstellung der individuellen Effizienzwerte der beteiligten Netzbetreiber im Gutachten des Beraterkonsortiums (dort S. 244 ff., Tabelle 75) erhalten 150 der beteiligten 183 Netzbetreiber nach der Best-of-Four-Methode ihren Effizienzwert aus der SFA. Der höchste in der SFA vergebene Effizienzwert beträgt 96,97 %, der höchste über die Best-of-Four-Methode bestabgerechnete SFA-Wert liegt bei 96,78 %. Demgegenüber erlangen in der DEA 23 Netzbetreiber einen Effizienzwert von 100 %.

44b) Dieses Resultat verstößt gegen die Vorgaben in Nr. 2 Satz 2 der Anlage 3 zu § 12 ARegV.

45aa) Nr. 2 Satz 2 der Anlage 3 zu § 12 ARegV ist dahin auszulegen, dass in beiden Methoden - der DEA und der SFA - die als am effizientesten ausgewiesenen Unternehmen einen Effizienzwert von 100 % erhalten müssen. Beide Methoden, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen, stellen einen relativen Vergleich an, bei dem die als am effizientesten ermittelten Unternehmen die Bezugsgröße darstellen (vgl. Bundesrat, 836. Sitzung vom , Plenarprotokoll 836, S. 299 f.; Breßlein in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 12 ARegV, Rn. 9 f.). Aus dieser normativen Vorgabe folgt, dass in beiden Methoden die Unternehmen, die als die relativ effizientesten ermittelt worden sind, einen Effizienzwert von 100 % erhalten müssen. Es ist somit normativ ausgeschlossen, dass die gemäß Nr. 2 Satz 2 der Anlage 3 zu § 12 ARegV "effizienten" Unternehmen ausschließlich solche sind, die in der DEA einen Effizienzwert von 100 % erzielen.

46bb) Dem steht, anders als das Beschwerdegericht meint, nicht entgegen, dass die rechnerische Erreichbarkeit eines Effizienzwerts von 100 % in der SFA aufgrund des methodenimmanenten Abzugs der Störtermkomponente selbst für den effizientesten Netzbetreiber ausgeschlossen ist. Diese in der Methodik liegende Besonderheit der SFA steht nicht in Zweifel und wird auch von der Betroffenen nicht in Abrede gestellt. Das Beschwerdegericht und die Bundesnetzagentur verkennen aber, dass ein Wert von 100 % für die relativ effizientesten Unternehmen auch auf andere Weise - etwa durch Zuschläge oder Anhebung des Niveaus - festgesetzt werden kann, wenn er methodenbedingt rein rechnerisch nicht zu erzielen ist, und dass eine solche "Nachjustierung" die notwendige Konsequenz aus der Gleichwertigkeit der beiden Methoden - DEA und SFA - ist. Auf welche Weise dies geschieht, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur.

47c) Die Festsetzung der individuellen Effizienzwerte in der SFA erweist sich danach auch aus diesem Grund als rechtswidrig. Da die (relativ) effizientesten Netzbetreiber die Bezugsgröße für die übrigen Netzbetreiber darstellen und damit deren individuelle Effizienzwerte beeinflussen, gilt dies nicht nur für die Festlegung der Effizienzwerte der (relativ) effizientesten Netzbetreiber auf die rechnerisch ermittelten Werte von unter 97 %, sondern auch für alle übrigen in der SFA festgesetzten Effizienzwerte. Die Bundesnetzagentur ist insoweit von einem unrichtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen, und ihr Vorgehen ist auch nicht durch die ihr bei der Methodenwahl eingeräumten Spielräume gedeckt. Sie war, wie bereits ausgeführt (oben Rn. 10), trotz ihrer durch das Unionsrecht geforderten Unabhängigkeit bei der Durchführung des Effizienzvergleichs und der Festsetzung der individuellen Effizienzwerte an die Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung gebunden.

48III. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, soweit er die Festlegung des individuellen Effizienzwerts der Betroffenen durch die Bundesnetzagentur gebilligt hat. Die angefochtene Festlegung der Bundesnetzagentur kann keinen Bestand haben; vielmehr ist der Effizienzwert für die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu ermitteln, und auf dieser Basis sind die Erlösobergrenzen für die Betroffene neu festzulegen. Die Art und Weise, in der dies geschieht, unterliegt den der Bundesnetzagentur innerhalb der aufgezeigten rechtlichen Grenzen eingeräumten Spielräumen, wobei sie hinsichtlich der dabei herangezogenen Datengrundlage ihr Ermessen neu auszuüben hat.

49IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260923BENVR37.21.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-51119