BGH Beschluss v. - 5 StR 405/23

Instanzenzug: Az: 506 KLs 28/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 26 Fällen, vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Schusswaffen und Munition sowie wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.

21. Gegen das am in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der dem Angeklagten beigeordnete Pflichtverteidiger am Revision eingelegt, woraufhin ihm das Urteil am zugestellt worden ist. Nachdem eine Revisionsbegründung innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO, mithin bis zum , nicht eingegangen war, hat die Strafkammer die Revision durch Beschluss vom gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.

3Der Beschluss ist dem Verteidiger am zugestellt worden. Mit seinem am beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom hat er die Revision des Angeklagten gegen das Urteil mit der Rüge der Verletzung „formellen und materiellen Rechts“ begründet und Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist „bezüglich der Revision sowie der Revisionsbegründungsfrist“ beantragt. Zudem richtet sich der Antrag gegen den Verwerfungsbeschluss des . Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er vorgetragen, der Angeklagte habe ihn mit Urteilsverkündung beauftragt, gegen das Urteil Revision einzulegen, was er auch fristgemäß getan habe. Im Büro des Verteidigers sei jedoch in der Handakte weder das Urteil noch der Nachweis seines Eingangs gefunden und demzufolge auch keine Frist für die Revisionsbegründung notiert worden. Dieser Umstand sei dem Verteidiger erst durch den am eingegangenen Verwerfungsbeschluss des Landgerichts aufgefallen. Am habe er sich zur Geschäftsstelle des Landgerichts begeben, wo man ihm mitgeteilt habe, dass das Urteil am zugestellt worden sei. Anschließend habe er den Angeklagten über die Fristversäumung informiert. Die Richtigkeit dieser Angaben hat der Verteidiger anwaltlich versichert. Nach seiner Auffassung treffe den Angeklagten kein Verschulden an der Fristversäumung.

42. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unzulässig, soweit der Angeklagte Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Revision beantragt hat, da diese rechtzeitig (§ 341 Abs. 1 StPO) eingelegt worden ist.

5Soweit er Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Revision begehrt, ist der Antrag unzulässig, weil er entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumung trifft.

Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller, sofern sich – wie hier – die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nicht offensichtlich aus den Akten ergibt, auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen; dies kann nicht nachgeholt werden. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten; auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verteidigers kommt es hingegen nicht an (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ-RR 2022, 378).

An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es. Der Antrag vom enthält keine ausreichenden Angaben dazu, wann das Hindernis tatsächlich weggefallen ist, dass der Fristwahrung entgegenstand. Dem Antrag kann – zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten – nur entnommen werden, dass der Verteidiger den Angeklagten am Freitag, den „über die Versäumung der Fristen informiert“ hat. Wann dem Angeklagten tatsächlich die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bekannt geworden ist, wird indes nicht konkret vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Akten. Diesen ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vorsitzende am Mittwoch, den die Übersendung des Verwerfungsbeschlusses vom gleichen Tag mit Rechtsmittelbelehrung an den Angeklagten und dessen Verteidiger verfügt hat (Bd. V, Bl. 218). Aus dem auf dieser Verfügung angebrachten Erledigungsvermerk ergibt sich, dass die Absendung am Freitag, den erfolgt ist (Bd. V, Bl. 218 f.).

Angesichts der üblichen Postlaufzeiten in einer Großstadt von einem Werktag (vgl. , NStZ-RR 2022, 378;https://www.deutschepost.de/de/q/qualitaet gelb.html) ist mithin naheliegend, dass der Angeklagte den Verwerfungsbeschluss bereits am Samstag, den , jedenfalls aber – ebenso wie der Verteidiger (Bd. V, Bl. 220) – am Dienstag, den erhalten hat, sodass die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO am Dienstag, den abgelaufen wäre. Darauf, dass der Angeklagte – nach Erhalt des Beschlusses – seinen Wohnsitz am Samstag, den gewechselt hat (Bd. V, Bl. 231 f.), kommt es nicht mehr an.

Anhaltspunkte für einen zur Wiedereinsetzung von Amts wegen nötigenden „offenkundigen Mangel“ der Verteidigung (vgl. , NStZ-RR 2022, 378) liegen nicht vor.

6Dem schließt sich der Senat an.

73. Das als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegende Begehren des Verteidigers, den Beschluss vom „mit den Feststellungen“ aufzuheben und die Sache „zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurück zu verweisen“ ist unzulässig. Der Antrag gegen den dem Verteidiger am zugestellten Verwerfungsbeschluss ging nicht fristgerecht binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) beim Landgericht ein. Der Antrag wäre außerdem unbegründet, weil das Landgericht die Revision mangels rechtzeitiger Begründung innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO zu Recht gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen hat.

84. Im Übrigen hätte die Revision des Angeklagten aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260923B5STR405.23.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-51012