Instanzenzug: Az: 527 KLs 21/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2Die auf die Sachrüge und die nicht ausgeführte Verfahrensrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt zum Schuld- und Strafausspruch ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Absehen von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt erweist sich jedoch als rechtsfehlerhaft, so dass das Urteil insoweit keinen Bestand hat.
31. Das Landgericht hat bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der Maßregel des § 64 StGB hinsichtlich des symptomatischen Zusammenhangs einen unzutreffenden Maßstab zugrundegelegt. Hierauf beruht das Urteil insoweit auch.
4a) Die sachverständig beratene Strafkammer hat beim Angeklagten vor dem Hintergrund seiner Polytoxikomanie einen Hang im Sinne des § 64 StGB in der bis zum geltenden Fassung (vgl. zur ab dem geltenden Neuregelung des § 64 StGB, BGBl. 2023 I Nr. 203) angenommen. Sie hat zudem festgestellt, dass der Angeklagte bei der Tat erheblich alkoholisiert und daher seine Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich vermindert war. Das Landgericht hat ferner eine „im Rausch“ begangene Tat angenommen, indes die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt, weil „abgesehen von einer alkoholbedingten Enthemmung“ nicht feststellbar sei, dass die Tat auf den Hang zurückgehe, mithin kein symptomatischer Zusammenhang vorliege. So spreche gegen eine Beschaffungstat insbesondere der mit vier Euro geringe Wert der erbeuteten Pfandflaschen.
5b) Die Strafkammer hat die Voraussetzungen für die Anordnung der Maßregel des § 64 StGB verkannt. Danach ist erforderlich, dass die rechtswidrige Tat im Rausch begangen worden ist oder auf den Hang zurückgeht, wobei die erste Alternative sich als Unterfall der zweiten darstellt. Die konkrete Tat muss in dem Hang ihre Wurzel finden, mithin Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln haben, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert. Im Rausch begangen ist die Tat, wenn sich der Täter dabei in dem für das jeweilige Rauschmittel typischen Intoxikationszustand befindet und der Rausch Einfluss auf die Begehung der Tat gehabt hat. Hierfür kann es schon genügen, dass eine festgestellte alkoholbedingte Enthemmung Auswirkungen auf die Tatintensität hatte. Der Feststellung einer besonderen Motivation für die Tatbegehung – wie bei nicht im Rausch begangenen Taten, die auf den Hang zurückgehen – bedarf es hier entgegen der Auffassung des Landgerichts darüber hinaus nicht. Die Alternative einer – zutreffend als solche erkannten – im Rausch begangenen und damit auf den Hang zurückgehenden Tat hat das Landgericht ersichtlich nicht im Blick gehabt (vgl. zu alledem , NStZ-RR 2023, 138).
6Diese Grundsätze liegen auch der Entscheidung des Senats zugrunde, da er § 64 StGB in der noch bis zum geltenden Fassung anzuwenden hat (vgl. demgegenüber die engere Fassung der ab dem geltenden Neuregelung des § 64 StGB, BGBl. 2023 I Nr. 203).
7c) Angesichts des vom Landgericht festgestellten Tatbildes, welches von „großer Brutalität“ gekennzeichnet war, kann hier zudem eine vom Angeklagten ausgehende Gefährlichkeit im Sinne des § 64 StGB nicht allein mit dem Hinweis darauf verneint werden, es sei trotz der jahrelangen Alkoholabhängigkeit bislang „nicht zu hangbedingten erheblichen Taten“ gekommen. Der Senat kann auch das Vorliegen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht, zu der sich das Landgericht in den Urteilsgründen nicht verhalten hat, nicht ausschließen.
82. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Gesetzesänderung wird das neu zuständige Landgericht für die Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen die Vorschrift des § 2 Abs. 6 StGB in den Blick zu nehmen haben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260923B5STR248.23.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-50928