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NWB-EV Nr. 11 vom Seite 345

Wirksamkeit von Immobilienverfügungen eines nicht befreiten Vorerben mit Zustimmung des Nacherben

Konkretisierung anhand von Praxisbeispielen

Michael Bisle

Immobilien bilden oftmals den Mittelpunkt des Familienlebens, so dass häufig der Wunsch besteht, diese langfristig im Generationenverbund zu halten. In der Praxis wird zu diesem Zweck i. d. R. das Instrument der Vor- und Nacherbschaft eingesetzt, wobei der Vorerbe nicht von den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB befreit wird, so dass Verfügungen über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück nach dem Wortlaut der Norm eigentlich nicht dauerhaft wirksam sind. Nach ganz h. M. in Rechtsprechung und Literatur hat jedoch auch der nicht befreite Vorerbe die Möglichkeit, mit Zustimmung des Nacherben dauerhaft rechtswirksam über Immobilien zu verfügen, was nachfolgend näher dargestellt wird.

Kernaussagen
  • Auch wenn sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 2113 BGB ergibt, sind Immobilienverfügungen des nicht befreiten Vorerbens nach h. M. in Rechtsprechung und Literatur uneingeschränkt und dauerhaft wirksam, wenn der Nacherbe ihnen zustimmt.

  • Dies muss in der Beratungspraxis berücksichtigt werden, da der Erblasser gerade bei Immobilienvermögen mit der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft sicherstellen möchte, dass sein Vermögen über Generationen in der Familie gebunden bleibt.

  • Auf Basis der h. M. kann dieser Erblasserwille allerdings unterlaufen werden.

I. Übersicht

Das Gesetz regelt in den §§ 2100 ff. BGB die Vor- und Nacherbschaft. Nach § 2100 BGB kann der Erblasser einen Erben in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe (Nacherbe) wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe (Vorerbe) geworden ist. Vorerben sind dabei – wenn auch zeitlich nacheinander – beide Erben des Erblassers. Mit dem Nacherbfall geht die Erbschaft, die sich bis dahin als Sondervermögen in der Hand des Vorerben befunden hat, nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge von selbst und unmittelbar auf den Nacherben über (vgl. § 2139 BGB), wobei die Nacherbfolge in der Praxis zumeist mit dem Tod des Vorerben eintritt. Bis dahin hat der Nacherbe nicht nur eine Erbaussicht, sondern eine echte Anwartschaft, die veräußerlich, übertragbar und vererblich ist.

Durch die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft hat der Erblasser somit die Möglichkeit, die Zuordnung seines Vermögens auf längere Zeit zu bestimmen (sog. Steuerungsfunktion).

Dem Interesse des Erblassers an der Erhaltung des Nachlasses zu Gunsten des Nacherben dienen dabei die §§ 2113 ff. BGB, welche Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen des Vorerben enthalten, von denen der Erblasser zwar weitgehend Befreiung erteilen kann, jedoch nicht muss.

Dabei ist im Zusammenhang mit Immobilienvermögen § 2113 Abs. 1 BGB zu beachten. Nach dieser Vorschrift werden Verfügungen des nicht befreiten Vorerben über Grundstücke mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam.

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