Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
I. Allgemeines
Die nachstehenden Regelungen gelten für Mitglieder von Gemeinderäten, von Verbandsgemeinderäten oder von Stadträten und für Bürgermeister, für Mitglieder von Kreistagen, für Vorsitzende von Fraktionen, für Mitglieder von Gemeinschaftsausschüssen der Verwaltungsgemeinschaften sowie für Mitglieder von Ortschaftsräten, für Ortsbürgermeister und für Ortsvorsteher.
Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährten Entschädigungen grundsätzlich der Einkommensteuer als Einnahmen aus sonstiger selbständiger Arbeit. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.
Steuerfrei sind
nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären,
die nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen.
II. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)
1. Ehrenamtliche Mitglieder eines Gemeinderates, eines Verbandsgemeinderates oder eines Stadtrates
1.1 Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
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in der Gemeinde oder
Stadt mit | monatlich | jährlich | |
a) | höchstens 20 000 Einwohnern | 125 Euro | 1 500 Euro |
b) | 20 001 bis 50 000 Einwohnern | 199 Euro | 2 388 Euro |
c) | 50 001 bis 150 000 Einwohnern | 245 Euro | 2 940 Euro |
d) | 150 001 bis 450 000 Einwohnern | 307 Euro | 3 648 Euro |
e) | mehr als 450 000 Einwohnern | 367 Euro | 4 404 Euro. |
Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft im Gemeinderat, im Verbandsgemeinderat oder im Stadtrat während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat.
Die pauschalierten Entschädigungen und Sitzungsgelder sind jedoch mindestens in Höhe von derzeit 250 Euro monatlich steuerfrei gemäß R 3.12 Abs. 3 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien 2008 vom (BStBl I Sondernr. 1/2007), zuletzt geändert durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2021 vom (BStBl 2021 I S. 776).
1.2 Neben den steuerfreien Beträgen nach Nummer 1.1 werden die Erstattung der Reisekosten für Dienstreisen sowie die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Sitzungen des Stadtrates, des Gemeinderates, des Verbandsgemeinderates, der Fraktion, der Bürgerversammlung und ähnliches teilzunehmen, nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 des Einkommensteuergesetzes als steuerfrei anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder einem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.
Pauschale Fahrtkostenerstattungen - soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die Höchstbeträge nach Nummer 1.1 übersteigen - sind dagegen nicht als steuerfreie Aufwandsentschädigung anzuerkennen. Sie sind selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernungen oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.
1.3 Die steuerfreien Beträge erhöhen sich
für den ehrenamtlichen Bürgermeister, der zugleich Vorsitzender des Gemeinderates oder des Stadtrates ist, sowie im Fall der Verhinderung des Vertretenen für den Stellvertreter des ehrenamtlichen Bürgermeisters auf das Dreifache der Beträge nach Nummer 1.1.
für den Vorsitzenden des Gemeinderates, Verbandsgemeinderates oder Stadtrates - soweit diese Funktion nicht vom ehrenamtlichen Bürgermeister wahrzunehmen ist - sowie im Fall der Verhinderung des Vertretenen für den Stellvertreter des Vorsitzenden des Gemeinderates, Verbandsgemeinderates oder Stadtrates auf das Zweifache der Beiträge nach Nummer 1.1.
Der Erhöhungsbetrag nach den Buchstaben a und b kann für die Monate steuerfrei gewährt werden, für die ein Anspruch auf eine entsprechende Zahlung besteht. Eine Nachholung eines nicht ausgeschöpften Erhöhungsbetrages ist nur für diese Monate möglich.
für Vorsitzende der Fraktionen, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, auf das Zweifache der Beträge nach Nummer 1.1.
2. Ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages
2.1 Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
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in einem Landkreis
mit | monatlich | jährlich | |
a) | höchstens 250 000 Einwohnern | 245 Euro | 2 940 Euro |
b) | mehr als 250 000 Einwohnern | 307 Euro | 3 684 Euro |
2.2 Die Nummern 1.2 und 1.3 sind entsprechend anzuwenden.
3. Ehrenamtliche Mitglieder eines Gemeinschaftsausschusses von Verwaltungsgemeinschaften
Die Regelungen der Nummer 1 gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl der Verwaltungsgemeinschaft maßgebend.
4. Ehrenamtliche Mitglieder eines Ortschaftsrates, ehrenamtliche Ortsbürgermeister und ehrenamtliche Ortsvorsteher
Die Regelungen nach den Nummern 1.1 und 1.2 gelten sinngemäß auch für die ehrenamtlichen Mitglieder des Ortschaftsrates, für ehrenamtliche Ortsbürgermeister sowie für ehrenamtliche Ortsvorsteher. Dabei ist jedoch nicht die Einwohnerzahl der Gemeinde oder der Stadt, sondern die der Ortschaft maßgebend. Für ehrenamtliche Ortsbürgermeister verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Nummer 1.1.
5. Mitglieder kommunaler Zweckverbände
Die Regelungen der Nummer 1 gelten nicht bei kommunalen Zweckverbänden (z. B. Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsverband).
6. Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen
Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglied mehrerer kommunaler Volksvertretungen sind, können steuerfreie Entschädigungen im Sinne der vorstehenden Nummern 1 bis 4 nebeneinander beziehen. Die R 3.12 Abs. 3 Satz 6 der Lohnsteuer-Richtlinie 2008 ist insoweit nicht anzuwenden.
III. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen
Mit den steuerfreien Aufwandsentschädigungen nach Abschnitt II sind alle Aufwendungen, die mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des Abschnitts II zusammenhängen, abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesem Fall können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Die teilweise Anerkennung von pauschalen Steuerfreibeträgen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht möglich; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.
IV. Schlussvorschriften
Dieser Erlass ist ab dem Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden. Gleichzeitig treten die Bezugserlasse außer Kraft.
Ministerium der Finanzen
Sachsen-Anhalt v. - 45-S 2121-10
Fundstelle(n):
AAAAJ-50797