BGH Urteil v. - 2 StR 369/22

Instanzenzug: Az: 2 StR 369/22 Beschlussvorgehend Az: 2 StR 369/22 Beschlussvorgehend LG Frankfurt Az: 5/29 KLs 5/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten   V.   wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in zwei Fällen und wegen versuchten banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und die „Einziehung eines Geldbetrages von 70.000,00 Euro angeordnet“. Den Angeklagten E.       hat es wegen Geldwäsche in Tateinheit mit Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und „die Einbeziehung eines Geldbetrages“ von 27.800 Euro als Gesamtschuldner angeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die hinsichtlich des Angeklagten   V.    auf die Einziehungsentscheidung, hinsichtlich des Angeklagten E.       auf den Strafausspruch beschränkt sind. Die Rechtsmittel sind im Umfang der Anfechtung begründet.

I.

2Das Landgericht hat, soweit es hier von Bedeutung ist, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

31. Im Tatzeitraum kontaktierte eine aus der Türkei agierende Tätergruppierung nach dem Tatmuster „falsche Polizeibeamte“ ältere Menschen. Dabei nahmen Hinterleute, sogenannte „Keiler“, telefonisch Kontakt zu den Geschädigten auf und gaben sich als Polizeibeamte aus. Durch geschickte Gesprächsführung der „Keiler“ wurden den Geschädigten persönliche Informationen entlockt. Ihnen wurde vorgetäuscht, dass sie in das Visier von Einbrecherbanden geraten seien, weshalb ihr Vermögen nicht mehr sicher sei. Die Täter seien auch mit dem Corona-Virus infiziert. Die Geschädigten sollten dazu gebracht werden, im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Behauptungen Bargeld und Wertgegenstände zu deren angeblicher Sicherung durch die Polizei in Behältnisse zu packen und diese an einem bestimmten Ort zur Abholung durch vermeintliche Polizeibeamte als „Abholer“ bereitzustellen. Außerdem wurde manchen Geschädigten vorgespiegelt, dass auch Bankmitarbeiter zu der Bande gehörten, sodass ihre Konten oder der Inhalt von Schließfächern nicht sicher seien und ebenfalls abgeholt werden müssten. Eine Kontaktaufnahme der Angerufenen mit Vertrauenspersonen wurde unterbunden, indem die „Keiler“ die Geschädigten lange am Telefon festhielten und ihnen eine Verschwiegenheitspflicht auferlegten. Parallel dazu koordinierten sogenannte „Logistiker“ die Abholung der Beute dadurch, dass sie den „Abholern“ auf Alias-Personalien registrierte SIM-Karten zur Verfügung stellten und mit diesen in ständigem Kontakt blieben, um zeitnah die Übernahme der Vermögensgegenstände zu dirigieren. Nach erfolgreicher Abholung wurde die Tatbeute an für die Verwertung zuständige Mitglieder der Gruppierung übergeben, die auch die „Versilberung“ von Wertgegenständen sicherstellten, die Abholer entlohnten und restliche Geldbeträge nach Abzug eines eigenen Beuteanteils an die Hinterleute weiterleiteten.

4Dem Angeklagten   V.   kam die Rolle eines „Abholers“ zu. Mit den Hintermännern vereinbarte er als Entlohnung für seine Tätigkeit einen Anteil von 10 % des erbeuteten Bargelds oder des Erlöses aus Wertsachen.

5Der Angeklagte E.     , der in einem Juweliergeschäft in K.   tätig war und zumindest nach außen als dessen Inhaber in Erscheinung trat, hatte „innerhalb der Gruppierung die Rolle des `Verwerters´ der Tatbeute“. Ihm wurde Beute aus den Betrügereien zur weiteren Verwertung übergeben. „Zumindest auch zu diesem Zweck öffnete er sporadisch und nur nach vorheriger Terminabsprache den Juwelierladen“. Für seine Tätigkeit als Verwerter wurde er in unbekannter Höhe entlohnt.

6Am wurden die Eheleute G.   und Go.     H.    nach dem genannten Tatmuster über die angebliche Gefährdung ihrer Wertsachen getäuscht. Go.     H.     packte zwei Goldbarren im Wert von mindestens 70.000 Euro in eine Aktentasche und platzierte diese vor der Haustür. Der Angeklagte   V.   nahm die Aktentasche als „Abholer“ an sich und gab sie innerhalb der Tätergruppe weiter (Fall 4 der Anklage).

7Am wurde die Geschädigte Ga.      nach dem genannten Tatmuster über eine Gefahrenlage getäuscht und dazu veranlasst, 10.000 Euro Bargeld in einem Briefumschlag vor dem Hoftor ihres Anwesens abzulegen, wo das Geld von dem gesondert verfolgten M.   abgeholt wurde. Von diesem Geld gab M.   nach Abzug seines Beuteanteils 8.000 Euro an den früheren Mitangeklagten W.   weiter (Fall 16 der Anklage). Diesem wurde auch ein Großteil der Beute aus einem weiteren Betrugsfall übermittelt. In jenem Fall hatten Mitglieder der Tätergruppe am Kontakt zu der Geschädigten       He.  aufgenommen, diese über die Gefährdung ihres Vermögens getäuscht, sie dazu veranlasst 25.000 Euro von ihrem Bankkonto abzuheben und das Geld in einer Umhängetasche auf einem Kinderspielplatz abzustellen. Dort wurde es von einem Abholer der Tätergruppe übernommen (Fall 17 der Anklage). Ein Teilbetrag aus dieser Betrugsbeute in Höhe von 19.800 Euro gelangte ebenfalls an W.   . Dieser fuhr von B.   nach K.   und übergab dort insgesamt 27.800 Euro aus den beiden Betrugstaten unter Nennung eines Kennworts in dem Juweliergeschäft an den Angeklagten E.     . Dieser übermittelte das Geld auf unbekannte Weise an Hinterleute in der Türkei. Ihm war bewusst, dass es sich um Gelder handelte, die aus Straftaten herrührten, und dies nahm er zumindest billigend in Kauf.

82. Die Feststellungen zum Wert der im Fall 4 der Anklage erbeuteten Goldbarren hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte   V.   seinen Beuteanteil auf 7.000 bis 8.000 Euro beziffert habe. Unter Berücksichtigung der von ihm behaupteten Vereinbarung, dass er mit einem Anteil in Höhe von zehn Prozent des Wertes der jeweiligen Tatbeute entlohnt werden sollte, sei von einem Wert der Goldbarren in Höhe von mindestens 70.000 Euro auszugehen.

93. Das Landgericht hat den Angeklagten E.       wegen Geldwäsche in Tateinheit mit Begünstigung verurteilt. Dieser habe zwar gewerbsmäßig gehandelt, jedoch sei eine bandenmäßige Tatbegehung nicht nachzuweisen.

II.

10Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit der zuungunsten des Angeklagten   V.    eingelegten Revision die Bestimmung des Wertes des Erlangten. Sie beantragt die Aufhebung der Einziehungsentscheidung und die Festsetzung des Wertes des Erlangten durch das Revisionsgericht auf einen Betrag von 94.513 Euro.

111. Das Rechtsmittel ist nach dem Revisionsantrag und der Antragsbegründung auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkt. Die Beschränkung ist wirksam.

12a) Eine Revision kann nach § 344 Abs. 1 StPO auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Damit hat der Gesetzgeber dem Rechtsmittelberechtigten eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist. Eine Revisionsbeschränkung ist deshalb wirksam, wenn der nach dem Willen des Beschwerdeführers neu zu verhandelnde Entscheidungsteil nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von dem übrigen Urteilsinhalt rechtlich und tatsächlich selbständig geprüft und beurteilt werden kann (vgl. mwN).

13b) Das ist bei der Anfechtung des Urteils nur im Hinblick auf die Einziehungsentscheidung gegen den Angeklagten   V.   der Fall. Diese Entscheidung kann unabhängig von der Beurteilung der Strafzumessung überprüft werden. Nach der Urteilsbegründung der Strafkammer war der „nicht unerhebliche finanzielle Schaden“ für die von dem Angeklagten   V.   begangenen Einzeltaten ein pauschal bewerteter Strafzumessungsgesichtspunkt unter mehreren, ohne dass der genauen Bestimmung des Beutewerts im Fall 4 der Anklage dafür eine besondere Bedeutung zugemessen wurde.

142. Die Bestimmung der Höhe des Einziehungsbetrages ist rechtsfehlerhaft.

15a) Das Landgericht hat einen falschen Maßstab zu Grunde gelegt. Es hat zu Unrecht auf den zehnprozentigen Beuteanteil des Angeklagten   V.   als Bemessungsfaktor abgestellt. Sein Anteil an Bargeld stammte aus dem Erlös der Veräußerung des Goldes durch die Tätergruppe. Für eine Einziehung des Wertersatzes für Taterträge maßgeblich ist aber der zurzeit der Erlangung vorhandene Verkehrswert der Beutegegenstände (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 46/20, NZWiSt 2021, 245 f.).

16Der Verkehrswert der im Fall 4 der Anklage erbeuteten Goldbarren ist nicht festgestellt. Der Geschädigte H.      hat angegeben, die Goldbarren hätten ein Gewicht von 1,51 kg und 1,61 kg gehabt. Diese Gewichtsangabe hat das Landgericht im Hinblick auf die weitere Behauptung des Geschädigten, er habe die Goldbarren im Jahr 2013 für 51.000 Euro erworben, als unglaubhaft bezeichnet. Einzelheiten zur Herkunft dieser Daten werden in den Urteilsgründen nicht erläutert.

17b) Weil der Senat nicht ausschließen kann, dass ein neues Tatgericht nähere Feststellungen zu den Bemessungsfaktoren und auf dieser Grundlage zum Verkehrswert des Goldes nach dem Tageskurs zurzeit der Abholung durch den Angeklagten   V.   treffen kann, ist - entgegen einem weitergehenden Antrag der Staatsanwaltschaft - nicht entsprechend § 354 Abs. 1 StPO der feststellbare (Mindest-) Wert vom Revisionsgericht selbst festzusetzen.

183. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht auch zu erörtern haben wird, ob nur ein transitorischer Besitz des Angeklagten   V.   vorgelegen hat, der für eine Einziehung nicht ausreichend wäre.

19Die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB knüpft an § 73 Abs. 1 StGB an und setzt voraus, dass der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat. Erforderlich ist bei einer Tatbegehung durch mehrere Beteiligten eine faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsmacht des von der Einziehung Betroffenen über die Tatbeute. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen. Eine gemeinsame Mitverfügungsmacht über die gesamte Beute ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch verneint worden, wenn der Angeklagte den Gesamtbetrag nur kurzfristig und transitorisch erhalten hatte (vgl. , BeckRS 2018, 13152 mwN). Allein aus der Überlassung der Beute zum Transport oder einer zeitlich nicht näher eingegrenzten Aufbewahrung folgt noch keine solche Mitverfügungsgewalt.

III.

201. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Angeklagten E.       wendet, ist auf den Strafausspruch beschränkt. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam. Die Frage der bandenmäßigen Begehung der Einzeltat des Angeklagten E.       betrifft im Rahmen eines Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall lediglich den der Strafzumessung zugrunde liegenden Schuldumfang; sie ist unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Tat im angefochtenen Urteil als Geldwäsche in Tateinheit mit Begünstigung und nicht als Beteiligung an der Vortat des Betruges zu beurteilen.

212. Die gegen den Strafausspruch für den Angeklagten E.      gerichtete Revision ist begründet. Die Annahme des Landgerichts, eine bandenmäßige Tatbegehung durch den Angeklagten E.      sei nicht feststellbar, ist anhand der Urteilsgründe nicht nachzuvollziehen.

22a) Die bandenmäßige Begehung setzt voraus, dass der Täter die Tat als Mitglied einer Verbindung von mindestens drei Personen begangen hat, die sich für eine gewisse Dauer aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zur fortgesetzten Begehung von gleichartigen Taten verbunden hat. Dabei ist nicht zwingend eine gleichartige rechtliche Bewertung der Handlungen der Bandenmitglieder als Geldwäsche erforderlich. Da die mögliche Straflosigkeit eines Vortäters wegen Geldwäsche lediglich ein persönlicher Strafaufhebungsgrund ist, kann auch ein Beteiligter an einem Vermögensdelikt, der nach § 261 Abs. 7 StGB nicht wegen Geldwäsche strafbar ist, Mitglied einer gemischten Bande sein, die auch Geldwäsche durch ein weiteres Bandenmitglied einschließt, sofern die Tathandlungen sich auf Objekte beziehen, die aus derselben Straftat herrühren (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 226/05, BGHSt 50, 224, 230; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 261 Rn. 63; a.A. Krack, JR 2006, 435 ff.).

23b) Die Urteilsgründe des Landgerichts zur Frage einer bandenmäßigen Tatbegehung durch den Angeklagten E.      sind lückenhaft. Sie enthalten einerseits die Feststellung, er habe „innerhalb der Gruppierung die Rolle des `Verwerters´ der Tatbeute“ gehabt, was eine Einbeziehung in diese Bande als Geldwäscher andeutet. Andererseits wird im Urteil behauptet, eine „bandenmäßige Begehungsweise“ der konkreten Einzeltat des Angeklagten E.     sei „nicht nachzuweisen“. Worauf die Ablehnung eines bandenmäßigen Handelns beruht, ist bei dieser Sachlage mangels weiterer Erläuterung nicht nachzuvollziehen.

243. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin: Die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen aus Geldwäschetaten kann nicht auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB gestützt werden. Nach der zu den Tatzeiten geltenden und gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 5 StGB anwendbaren Fassung des § 261 Abs. 7 StGB - vor der Neufassung durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom (BGBl. 2021 I S. 327 ff.) - kann ein Geldwäscheobjekt nur nach § 74 Abs. 2 StGB und im Fall einer Vereitelungshandlung der entsprechende Wert nach § 74c StGB eingezogen werden. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 395/22, juris, Rn. 17, mwN), die so bisher nicht getroffen wurde.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:190723U2STR369.22.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-50587