1. Führt der Arzt eine Behandlungsmaßnahme infolge unzureichender Aufklärung ohne wirksame Einwilligung des Patienten aus, verletzt er damit zwar seine vertraglichen Pflichten und ist zugleich die durchgeführte Behandlungsmaßnahme rechtswidrig im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, sodass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, namentlich, wenn der Patient infolge der nicht von einer wirksamen Einwilligung gedeckten Behandlung auch einen Schaden an Körper oder Gesundheit erlitten hat, dem Patienten ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch gemäß §§ 249 ff., 253 Abs. 2 BGB zustehen kann. Voraussetzung einer Haftung des Behandelnden ist jedoch stets und zwar sowohl im Bereich der deliktsrechtlichen als auch im Bereich der vertraglichen Anspruchsgrundlagen, dass die Behandlung auch nachweislich zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit des Patienten geführt hat.
2. Kann ein gesundheitlicher Primärschaden - also die als erster Verletzungserfolg geltend gemachte Schädigung des Rechtsguts der körperlichen Integrität in seiner konkreten Ausprägung - noch nicht aus der infolge einer unzureichenden Aufklärung pflicht- und rechtswidrigen Behandlungsmaßnahme selbst abgeleitet werden, so muss der Nachweis eines solchen durch den Patienten (hier: das ungeborene Kind) geführt werden, wobei insoweit das Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO gilt.
3. Verwirklicht sich bei einer Geburtseinleitung mittels Misoprostol (Cytotec) ausschließlich dasjenige spezifische Behandlungsrisiko, das mit der medikamentösen Geburtseinleitung gerade intendiert und über welches die Schwangere hinreichend aufgeklärt war, dann scheidet eine Haftung der Behandlerseite wegen etwaig unzureichender Risikoaufklärung im Übrigen unter Schutzzweckgesichtspunkten aus.
4. Eine Pflicht des geburtsleitenden Arztes zur vorgezogenen Aufklärung über eine sekundäre Sectio besteht, wenn aus medizinischer Sicht ex ante aufgrund konkreter Umstände deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass sich der Geburtsvorgang so entwickeln kann, dass eine Schnittentbindung zu einer echten bis hin zu gebotenen Alternative zur vaginalen Entbindung werden wird. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn aus medizinischer Sicht ex ante lediglich von einer leichten Erhöhung der Grundwahrscheinlichkeit für eine sekundäre Sectio auszugehen ist.
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