Markenlöschungsverfahren: Verwerfung des Löschungsantrags als unzulässig bei Verlust der Beteiligtenfähigkeit des Löschungsantragstellers; Absehen von einer Zurückverweisung an das Bundespatentgericht - Kaffeekapsel II
Leitsatz
Kaffeekapsel II
1. Verliert der Löschungsantragsteller oder derjenige, der im Hinblick auf eine IR-Marke einen Schutzentziehungsantrag stellt, seine Beteiligtenfähigkeit, ist der Löschungsantrag beziehungsweise der Schutzentziehungsantrag als unzulässig zu verwerfen.
2. Ist der angefochtene Beschluss des Bundespatentgerichts aufzuheben, weil der Antragsteller des Verfahrens seine Beteiligtenfähigkeit verloren hat, und ist aus diesem Grund eine Sachentscheidung durch das Bundespatentgericht nicht mehr erforderlich, kann der Bundesgerichtshof von einer Zurückverweisung an das Bundespatentgericht absehen und abschließend selbst entscheiden.
Gesetze: § 50 Abs 1 ZPO, § 56 Abs 1 ZPO, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 Abs 1 MarkenG, § 82 Abs 1 MarkenG, § 89 Abs 4 S 1 MarkenG, § 115 Abs 1 MarkenG, § 124 MarkenG
Instanzenzug: Az: I ZB 114/17 Beschlussvorgehend Az: 25 W (pat) 112/14 Beschluss
Gründe
1A. Für die Markeninhaberin ist seit dem die dreidimensionale IR-Marke Nr. 763 699
unter anderem für die Waren der Klasse 30 "Coffee, coffee extracts and coffee-based preparations; coffee substitutes and artificial coffee extracts" eingetragen. Seit dem ist der Schutz auf Deutschland erstreckt.
2Die in der Schweiz geschäftsansässige Antragstellerin hat am beim Deutschen Patent- und Markenamt die Schutzentziehung für Deutschland in Bezug auf die vorstehend genannten Waren mit der Begründung beantragt, das Zeichen sei nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig.
3Das Deutsche Patent- und Markenamt hat der IR-Marke den Schutz in Bezug auf diese Waren für Deutschland entzogen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, GRUR 2018, 522).
4Mit ihrer vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Markeninhaberin die Zurückweisung des Schutzentziehungsantrags begehrt. Die Antragstellerin hat beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
5Über das Vermögen der Antragstellerin ist am in der Schweiz das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Senat hat mit Beschluss vom festgestellt, dass das Rechtsbeschwerdeverfahren aus diesem Grund unterbrochen ist (, GRUR 2019, 549 = WRP 2019, 624 - Kaffeekapsel I).
6Das Konkursverfahren über das Vermögen der Antragstellerin ist am geschlossen und die Antragstellerin am im Handelsregister gelöscht worden. Die Markeninhaberin beantragt nunmehr, den Schutzentziehungsantrag zu verwerfen, weil die Antragstellerin ihre Parteifähigkeit verloren habe.
7II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der angegriffenen Marke sei gemäß §§ 50, 54, § 115 Abs 1, § 124 MarkenG im beantragten Umfang der Schutz zu entziehen, weil sie insoweit nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig sei.
8III. Die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Bundespatentgerichts und zur Verwerfung des Schutzentziehungsantrags der Antragstellerin (§ 50 Abs. 1, § 54 Abs. 1, § 115 Abs. 1, § 124 MarkenG) als unzulässig.
91. Der Schutzentziehungsantrag ist unzulässig geworden, weil die Antragstellerin im Lauf des Verfahrens ihre Beteiligtenfähigkeit verloren hat.
10a) Die Beteiligtenfähigkeit in einem markenrechtlichen Registerverfahren zählt zu den Verfahrensvoraussetzungen, deren Mangel das Gericht grundsätzlich in jeder Verfahrenslage einschließlich der Rechtsbeschwerdeinstanz in entsprechender Anwendung von § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen hat (zur Parteifähigkeit im Zivilprozess vgl. , BGHZ 205, 195 [juris Rn. 16] - Tagesschau-App, mwN). Verliert der Löschungsantragsteller seine Beteiligtenfähigkeit, ist der Löschungsantrag als unzulässig zu verwerfen (vgl. 24 W [pat] 59/02, juris Rn. 7; Beschluss vom - 25 W [pat] 21/06, juris Rn. 12). Dasselbe gilt, wenn derjenige, der im Hinblick auf eine IR-Marke einen Schutzentziehungsantrag stellt, seine Beteiligtenfähigkeit verliert. Beteiligtenfähig ist in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 1 ZPO (§ 82 Abs. 1 MarkenG), wer rechtsfähig ist.
11b) Die Antragstellerin hat ihre Rechtsfähigkeit und damit ihre Beteiligtenfähigkeit verloren.
12aa) Die Antragstellerin ist eine außerhalb des Gebiets der Europäischen Union in der Schweiz geschäftsansässige Aktiengesellschaft. Ihre Rechtsfähigkeit ist nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem sie ihren Verwaltungssitz hat (, ZInsO 2009, 149 [juris Rn. 20]). Vorliegend ist danach das Recht der Schweiz maßgeblich.
13bb) Nach dem Recht der Schweiz hat die Antragstellerin infolge der nach Durchführung des Konkursverfahrens erfolgten Löschung im Handelsregister ihre Parteifähigkeit verloren (vgl. , BGHZ 51, 27 [juris Rn. 10 bis 12]).
14Anders als im deutschen Recht (vgl. , NJW 2015, 2424 [juris Rn. 19] mwN; 33 W [pat] 134/08, juris Rn. 18) wird in der Schweiz allgemein angenommen, dass die Parteifähigkeit der Gesellschaft durch die Löschung im Handelsregister verloren geht. Eine im Handelsregister bereits gelöschte juristische Person muss - wenn sich herausstellt, dass noch Vermögenswerte vorhanden sind - im Handelsregister ausnahmsweise wieder eingetragen werden, um klagen oder auf Herausgabe eines Vermögensgegenstands beziehungsweise Abtretung einer Forderung verklagt werden zu können (BGE 78 I 451; BGE 115 II 276; BGE 132 III 731). Dies hat im Registerverfahren zu erfolgen, kann nur auf Antrag geschehen und setzt eine Glaubhaftmachung schutzwürdiger Interessen voraus, die nur durch Wiedereintragung der Gesellschaft in das Handelsregister befriedigt werden können (vgl. Stäubli in Honsell/Vogt/Watter, Basler Kommentar, 5. Aufl., Art. 746 OR Rn. 6 mwN).
15Die Markeninhaberin hat einen aktuellen Handelsregisterauszug vorgelegt, aus dem sich die Löschung der Antragstellerin ergibt. Danach steht fest, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht mehr parteifähig ist. Es bedarf deshalb - anders, als wenn sich die Parteifähigkeit nach deutschem Recht richtete (vgl. , NJW-RR 2011, 115 [juris Rn. 22] mwN; Beschluss vom - VII ZB 53/13, NJW 2015, 2424 [juris Rn. 19] mwN; 33 W [pat] 134/08, juris Rn. 18) - keiner Prüfung, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Markeninhaberin möglicherweise noch über verwertbares Vermögen verfügt.
162. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden. Eine Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht ist nicht erforderlich. Zwar sieht § 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG vor, dass im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen ist. Die Bestimmung ist vorliegend jedoch nach Sinn und Zweck einschränkend auszulegen.
17§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG geht zurück auf § 41x Abs. 1 PatG 1961, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Warenzeichengesetz nach dessen § 13 Abs. 5 Satz 2 entsprechend anwendbar war. Die Bestimmung ist durch das 6. Überleitungsgesetz vom (BGBl. I, S. 274) aus praktischen Erwägungen eingeführt worden, weil der Bundesgerichtshof bei der Erteilung eines Schutzrechts häufig keine Sachentscheidung treffen könnte; zudem diente die Vorschrift der Arbeitsentlastung des Bundesgerichtshofs (vgl. Begründung zum Entwurf eines 6. Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes BlPMZ 1961, 140, 158).
18Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind aus Gründen der Prozessökonomie Ausnahmen von der Vorschrift zulässig (vgl. , GRUR 1998, 818 [juris Rn. 3] = WRP 1998, 767 - Puma; Beschluss vom - I ZB 26/05, GRUR 2008, 714 [juris Rn. 46] = WRP 2008, 1092 - idw; Beschluss vom - I ZB 54/07 juris Rn. 21; Beschluss vom - I ZB 52/15, BGHZ 211, 268 [juris Rn. 115] - Sparkassen-Rot; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen teleologischen Reduktion des § 89 Abs. 4 MarkenG vgl. BVerfG, WRP 2018, 412 [juris Rn. 9 f.). Danach besteht insbesondere nach rechtskräftiger Löschung der angegriffenen Marke kein Anlass, die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. In einem solchen Fall ist eine Sachentscheidung durch das Bundespatentgericht nicht mehr erforderlich. Vergleichbar verhält es sich im Streitfall. Durch den Verlust der Beteiligtenfähigkeit der Antragstellerin kommt keine andere Entscheidung als die Verwerfung ihres Schutzentziehungsantrags als unzulässig in Betracht.
19IV. Es entspricht nicht der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Antragstellerin aufzuerlegen. Die von ihr im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen ließen ihr Verlangen nicht als von vornherein aussichtslos erscheinen. Die Antragstellerin hat vielmehr mit ihrem Schutzentziehungsantrag vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht Erfolg gehabt. Bei diesem Verfahrensablauf ist von einer Entscheidung über die Kosten abzusehen, so dass jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 90 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
Der Senatsbeschluss vom wird wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:
Auf Seite 6 muss es in Rn. 15 im letzten Satz statt "Markeninhaberin" richtig "Antragstellerin" heißen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:270723BIZB114.17.0
Fundstelle(n):
BB 2023 S. 2433 Nr. 43
RAAAJ-50200