BGH Beschluss v. - XII ZB 499/22

Rechtsbeschwerdeberechtigung von Beteiligten; Anwaltliche Sorgfaltspflichten im elektronischen Rechtsverkehr

Gesetze: § 14 Abs 2 S 2 FamFG, § 303 Abs 2 FamFG, § 130a Abs 5 S 2 ZPO

Instanzenzug: Az: 6 T 151/22vorgehend AG Bergisch Gladbach Az: 5 XVII 350/17 L

Gründe

I.

1Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 4 und 5 sind unzulässig.

2Erfährt die erstinstanzliche Entscheidung auf das Rechtsmittel eines anderen Verfahrensbeteiligten keine inhaltliche Abänderung durch das Beschwerdegericht, haben auch die in § 303 Abs. 2 FamFG genannten und am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt gewesenen Personen, die nicht selbst eine Erstbeschwerde geführt haben, kein Recht, sich im Interesse des Betroffenen gegen die den amtsgerichtlichen Beschluss lediglich bestätigende Beschwerdeentscheidung mit der Rechtsbeschwerde im eigenen Namen zu wenden (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 91/20 - FamRZ 2021, 228 Rn. 18 und vom - XII ZB 383/21 - FamRZ 2022, 654 Rn. 3). Dies gilt nicht nur dann, wenn die Erstbeschwerde des anderen Verfahrensbeteiligten zurückgewiesen, sondern auch dann, wenn sie - wie hier - als unzulässig verworfen worden ist, zumal Verfahrensgegenstand der Rechtsbeschwerde gegen eine Verwerfungsentscheidung (nur) die Zulässigkeit der Erstbeschwerde des anderen Verfahrensbeteiligten ist (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 291/19 - FamRZ 2020, 770 Rn. 9 und BGHZ 156, 165, 168 = FamRZ 2004, 180, 181).

II.

3Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen ist nicht begründet.

41. Das Beschwerdegericht hat die Erstbeschwerde der Betroffenen zu Recht als unzulässig angesehen.

5a) Die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass die Betroffene bei der Mandatserteilung an den zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aufgrund der Vorsorgevollmacht vom durch die Beteiligten zu 4 und 5 vertreten werden konnte, hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass die Beteiligten zu 4 und 5 im Rahmen des im Jahre 2017 eingeleiteten Betreuungsverfahrens auf die Rechte aus der Bevollmächtigung verzichtet haben, lässt rechtsbeschwerderechtlich relevante Auslegungsfehler nicht erkennen.

6b) Im Übrigen ist die Erstbeschwerde nicht innerhalb der Beschwerdefrist in der gesetzlich vorgeschriebenen elektronischen Form (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 428/22 - juris Rn. 8 mwN) bei dem Amtsgericht eingegangen. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht. Das Vorbringen im Wiedereinsetzungsgesuch, die Beschwerdeschrift sei durch den zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten am gegen 17:45 Uhr über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) in elektronischer Form an das Amtsgericht übermittelt worden, ist nicht geeignet, ein der Betroffenen zurechenbares Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten auszuschließen. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA gebieten insbesondere eine Überprüfung des Versandvorgangs. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob eine Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG iVm § 130 a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Bleibt die Eingangsbestätigung aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen. Die Betroffene hätte daher im Rahmen einer aus sich heraus verständlichen und geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 264/22 - FamRZ 2022, 1957 Rn. 15 mwN) zumindest darlegen müssen, ob und mit welchem Ergebnis ihr Verfahrensbevollmächtigter den Erhalt der gerichtlichen Eingangsbestätigung nach dem Abschluss des behaupteten Übermittlungsvorgangs am überprüft hat (vgl. - FamRZ 2023, 1139 Rn. 19). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen im Wiedereinsetzungsgesuch nicht.

72. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:160823BXIIZB499.22.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-49526