Revisionsbegründung in Strafsachen: Konkludente Erhebung der Verfahrensrüge
Gesetze: § 300 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO
Instanzenzug: Az: 3 StR 1/23 Beschlussvorgehend Az: 3 StR 1/23 Beschlussvorgehend LG Osnabrück Az: 15 KLs 8/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „banden- und gewerbsmäßig begangenen Betruges in neun tateinheitlichen Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, sowie des banden- und gewerbsmäßig begangenen Betruges in drei weiteren Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist“, unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mainz vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Des Weiteren hat es auf die Einziehung des Wertes „des Taterlangten“ von 149.000 €, davon in Höhe von 7.000 € als Gesamtschuldner, erkannt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zum Nachteil des Angeklagten eingelegten Revision. Das auf die Hinzurechnung des Einziehungsbetrages aus dem genannten Urteil des Amtsgerichts Mainz beschränkte Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
2I. Die Beschränkung der Revision auf den Ausspruch betreffend die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73, § 73c StGB (vgl. , juris Rn. 10; vom - 1 StR 651/17, juris Rn. 38; BeckOK StPO/Wiedner, 48. Ed., § 344 Rn. 28; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 344 Rn. 4 i.V.m. § 318 Rn. 22a, jeweils mwN) und innerhalb desselben auf die Hinzurechnung des in dem einbezogenen Urteil des Amtsgerichts Mainz festgesetzten Einziehungsbetrages ist wirksam, weil der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. , juris Rn. 8; Beschluss vom - 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 6, jeweils mwN).
3II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
41. Es führt nicht bereits mit der ausdrücklich erhobenen Sachrüge zum Erfolg, weil das angefochtene Urteil hinsichtlich einer in dem einbezogenen Urteil des Amtsgerichts Mainz etwa getroffenen Einziehungsentscheidung keine ausreichenden Feststellungen enthält. Im Rahmen der Erörterung der Vorbelastungen des Angeklagten weist das angefochtene Urteil zwar Angaben über den festgestellten Sachverhalt und die im Rahmen der Strafzumessung angestellten Erwägungen auf, nicht aber in Bezug auf eine Einziehungsentscheidung. Eine Korrektur des angefochtenen Urteils durch das Revisionsgericht im Wege der Nachholung der Hinzurechnung des Einziehungsbetrages aus der früheren Einziehungsentscheidung analog § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 313/20, juris Rn. 4; vom - 3 StR 203/21, juris Rn. 4 ff., jeweils mwN) kommt daher vorliegend nicht in Betracht.
52. Der mit der Sachrüge erhobenen Beanstandung, das Landgericht habe bei der Festsetzung des Einziehungsbetrages die in dem einbezogenen Urteil des Amtsgerichts Mainz getroffene Einziehungsentscheidung nicht berücksichtigt, bleibt auch bei einem Verständnis als Verfahrensrüge nach § 261 StPO der Erfolg versagt.
6Zwar ist anerkannt, dass Beanstandungen, die im Rahmen der Sachbeschwerde erhoben worden sind, dann im Wege der Auslegung (§ 300 StPO) als Verfahrensrüge behandelt werden können, wenn sich aus der Revisionsbegründung deutlich ergibt, welche Beanstandung gemeint ist, sich alle für eine Verfahrensrüge erforderlichen Tatsachen im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO dem Vorbringen und den Urteilsgründen entnehmen lassen und die Rüge vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden ist (vgl. , NJW 2007, 92 Rn. 49; MüKoStPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl., § 344 Rn. 71; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 72). Diese Voraussetzungen sind indessen nicht erfüllt.
7Eine Verfahrensrüge nach § 261 StPO ist nicht in zulässiger Weise erhoben worden. Es fehlt an vollständigem Revisionsvortrag im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, soweit es den Vollstreckungsstand der Entziehungsentscheidung aus dem Urteil des Amtsgerichts Mainz betrifft. Weder aus dem Revisionsvorbringen noch aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils wird deutlich, ob die in Rede stehende Einziehungsentscheidung noch besteht und/oder vollstreckt ist. Ohne Kenntnis dieses Umstands ist eine revisionsgerichtliche Prüfung der Begründetheit der erhobenen Beanstandung nicht möglich.
8III. Rechtsfehler zulasten des Angeklagten weist das Urteil im Umfang der Anfechtung nicht auf (§ 301 StPO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:100823U3STR1.23.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-49450