Online-Nachricht - Donnerstag, 14.09.2023

Körperschaftsteuer | Zur Berechnung der Beteiligungsschwelle für Streubesitzdividenden (BFH)

Der Begriff "Beteiligung" bei der Berechnung der Beteiligungsschwelle des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG für sog. Streubesitzdividenden (10 %) nimmt auf die allgemeinen Grundsätze der steuerrechtlichen Zurechnung von Wirtschaftsgütern (§ 39 AO) Bezug. Entscheidend ist somit das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bleiben Bezüge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. In diesem Fall gelten 5 % dieser Bezüge als nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Die Steuerfreistellung gilt nach § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG allerdings dann nicht, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar weniger als 10 % des Grund- oder Stammkapitals betragen hat.

Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH, und X waren Aktionäre der Y AG; deren Grundkapital war in Stückaktien aufgeteilt, die als Namensaktien nur mit Zustimmung der Y AG übertragbar waren. Die Klägerin hielt hiervon 9,898 %; Hauptaktionär war X mit 85,1 %.

Am schloss die Klägerin mit X einen Kauf- und Übertragungsvertrag über nicht verbriefte Stückaktien. Der von der Klägerin als Käuferin zu zahlende Kaufpreis war am fällig. Unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises trat X sämtliche Mitgliedschaftsrechte aus den verkauften Aktien nach §§ 413, 398 BGB an die Klägerin ab. Der auf die Aktien entfallene Gewinn des laufenden Geschäftsjahres und etwaige noch nicht verteilte Gewinne früherer Geschäftsjahre sollten allein der Klägerin zustehen. Die Überweisung des Kaufpreises am schlug fehl, da sie bei der Klägerin zu einer Gutschrift statt zu einer Belastung führte. In der Folge kam es erst nach dem zu einer Überweisung des Kaufpreises an X. Die Y AG stimmte der Übertragung der Aktien am zu.

Die Klägerin bezog im Jahr 2014 (Streitjahr) von der Y AG Dividenden (für die Jahre 2012 und 2013). In der für das Streitjahr eingereichten Körperschaftsteuererklärung erklärte sie insoweit steuerfreie Bezüge i. S. des § 8b Abs. 1 KStG.

Das Finanzamt lehnte eine Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG ab und berücksichtigte die Dividenden in voller Höhe bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin. Die Klägerin habe zu Beginn des Jahres 2014 noch nicht die nach § 8b Abs. 4 KStG erforderliche Beteiligungsschwelle von 10 % erreicht.

Der BFH führte hierzu aus:

  • Das FG hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG im Streitfall nicht durch § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG ausgeschlossen wird. Die Klägerin hatte die hierfür erforderliche Beteiligungsschwelle von 10 % bereits am überschritten.

  • § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG stellt auf die Beteiligung am Grund- oder Stammkapital ab. Hieraus folgt zunächst, dass inkongruente Gewinn- oder Stimmrechtsverteilungen nicht entscheidend sind.

  • Es kommt für die Ermittlung der Höhe der Beteiligung nicht allein auf das zivilrechtliche Eigentum an. Vielmehr ist die steuerrechtliche Zurechnung der Kapitalanteile nach § 39 AO maßgebend. Die damit verbindliche Anwendung des steuerrechtlichen Konzepts des sog. wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist auch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Tatbestand des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG an zivilrechtliche Begriffe (Grund- oder Stammkapital) anknüpft.

  • Der Verweis des FA auf das führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat das FG Köln in dieser Entscheidung auf die zivilrechtliche Rechtslage abgestellt. Allerdings ging es dort nicht um die Übertragung bereits bestehender Anteile, sondern um eine rückwirkende Zurechnung von Anteilen, die infolge einer Kapitalerhöhung zeitlich erst nach dem für § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG maßgeblichen Stichtag rechtlich entstanden waren.

  • Zum Stichtag war die Klägerin aber noch nicht zivilrechtliche Eigentümerin der Stückaktien geworden, die sie mit Vertrag vom von X erworben hatte und die ihre Beteiligungsquote an der Y AG von 9,898 % auf 10,00425 % anheben sollte. Denn die Eigentumsübertragung stand nach § 3 Abs. 1 des Vertrags unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, die aufgrund einer zunächst fehlgeschlagenen Überweisung erst nach dem erfolgte.

  • Allerdings war die Klägerin am nach den Maßgaben des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bereits wirtschaftliche Eigentümerin dieser Anteile. Nach dieser Vorschrift ist ein Wirtschaftsgut demjenigen zuzurechnen, der die tatsächliche Herrschaft über dieses Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den (zivilrechtlichen) Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
AAAAJ-48351