Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des staatlichen Verwalters
Gesetze: § 82 Abs 1 S 1 VwGO, § 13 VermG
Instanzenzug: Az: 2 A 1985/21 HGW Urteil
Gründe
1Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommern restituierte 1996 das Grundstück W.straße .../F.straße ... in G. an den Kläger. Mit Bescheid vom sprach es ihm außerdem einen Anspruch auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung der Einnahmen aus dem Grundstück während der staatlichen Verwaltung in Höhe von 2 560,24 € zu. Weitergehende Schadensersatzansprüche wegen entgangener Mieteinnahmen und unterlassener Instandhaltungsmaßnahmen lehnte es ab. Die dagegen vom Kläger eingelegten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
2Im Oktober 2021 beantragte der Kläger die Bescheidung der für den Zeitraum 1981 bis 1994 geltend gemachten und aus seiner Sicht bislang nicht beschiedenen Schadensersatzansprüche gemäß § 13 VermG. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, da über alle Ansprüche rechtskräftig entschieden sei.
3Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, da die Klage unbestimmt und damit unzulässig sei. Der Kläger habe auch auf gerichtlichen Hinweis nicht klargestellt, zu welcher Art des von ihm beantragten "Folgebescheides" der Beklagte verpflichtet werden solle.
4Das Verwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die ohne Erfolg bleibt. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt zwar vor. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist jedoch im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO analog).
51. Der Kläger macht zu Recht der Sache nach geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Bestimmtheit der Klage überspannt und damit gegen § 82 Abs. 1 VwGO verstoßen.
6Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Letzterer ist schon dann hinreichend im Sinne der Vorschrift bezeichnet, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben wird ( 2 C 16.15 - Buchholz 310 § 44a VwGO Nr. 13 Rn. 12). Bei dem Erfordernis eines bestimmten Klageantrags nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO handelt es sich um eine Sollvorschrift. Ein Antrag ist bestimmt, wenn Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes benannt werden. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalls ab ( 7 C 21.12 - NVwZ 2014, 64 Rn. 54). Der Antrag muss jedoch nicht juristisch ausformuliert sein (Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82 Rn. 10). Vielmehr reicht es aus, wenn das Ziel der Klage aus der Klageerhebung, der Klagebegründung oder den im Verfahren abgegebenen Erklärungen hinreichend erkennbar ist ( 7 C 31.15 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 26).
7Gemessen hieran genügt die Klage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dem Bestimmtheitserfordernis. Sie hat einen Sachverhalt angegeben, über den das Gericht entscheiden soll, und damit den Gegenstand des Klagebegehrens im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezeichnet. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich auch ein hinreichend bestimmter Antrag entnehmen. Er begehrt vom Beklagten die Feststellung eines Schadensersatzspruchs wegen Pflichtverletzungen des staatlichen Verwalters gemäß § 13 VermG für den Zeitraum vom bis zum . Die Höhe dieses Anspruchs soll aus den "verbrieften" Mieteinnahmen für das streitgegenständliche Grundstück im genannten Zeitraum abzüglich der während dieser Zeit getätigten Instandhaltungsaufwendungen ermittelt werden (vgl. Schriftsatz des Klägers vom ).
82. Das Urteil erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (analog § 144 Abs. 4 VwGO, der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ist). Die Klage ist aus anderen als vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen unzulässig.
9Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, denn der Kläger kann seine Rechtsstellung durch das Verfahren nicht verbessern.
10Über die im Zeitraum vom bis zum vereinnahmten Mieten, auf die sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bezieht, ist bereits mit Bescheid vom bestandskräftig entschieden worden. Die Rechtsmittel des Klägers hiergegen sind erfolglos geblieben (vgl. - NJW-RR 2009, 89). Zu einer erneuten Entscheidung über die Mieteinnahmen ist der Beklagte nicht verpflichtet. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger die Mieteinnahmen nicht direkt, sondern lediglich als Rechnungsposten des geltend gemachten Anspruchs fordert.
11Unabhängig davon kann der Kläger die Mieteinnahmen auch deshalb nicht - auch nicht als bloßen Rechnungsposten - erfolgreich zum Gegenstand seiner Klage machen, weil der Schadensersatzanspruch nach § 13 VermG voraussetzt, dass die staatliche Verwaltung des Vermögensgegenstands bei Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am noch bestand (vgl. - NJW-RR 2009, 89 f.). Das war hier in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück nicht der Fall. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist es bereits vor 1990 in Volkseigentum überführt worden. Aus diesem Grund scheiden die Mieteinnahmen auch als Gegenstand eines auf das Verwalterkonto bezogenen Schadensersatzanspruchs nach § 13 VermG aus (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 1 VermG und - NJW-RR 2009, 89 <90>).
12Sollte das Vorbringen des Klägers so zu verstehen sein, dass er jedenfalls hilfsweise auch das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens begehrt, bestünde auch hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis. Ein Wiederaufnahmegrund ist weder geltend gemacht, noch sonst erkennbar.
133. Angesichts der Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kommt es auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten Verfahrensrügen nicht mehr an.
144. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:201222B8B30.22.0
Fundstelle(n):
RAAAJ-48341