BGH Beschluss v. - StB 51/23

Strafbarkeit eines Sichbereiterklärens zur Durchführung eines Brandanschlags; Rücktritt von Ausführung

Gesetze: § 203 StPO, § 210 Abs 2 StPO, § 304 Abs 4 S 2 Halbs 2 Nr 2 StPO, § 30 Abs 2 Alt 1 StGB, § 31 Abs 1 Nr 2 StGB, § 53 StGB, § 306a Abs 1 Nr 2 StGB

Gründe

1Der Generalbundesanwalt wirft dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhobenen Anklage vor, durch zwei rechtlich selbständige Handlungen (1.) am in D.     versucht zu haben, einen anderen zur Begehung einer schweren Brandstiftung zu bestimmen (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 StGB), und (2.) am in B.    versucht zu haben, eine Brandstiftung zu begehen (§ 306 Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB). Das Oberlandesgericht hat die Anklage lediglich in Bezug auf den zweiten Vorwurf zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Bochum eröffnet. Im Übrigen hat es das Hauptverfahren aus Rechtsgründen nicht eröffnet. Dagegen wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2Mit der Anklageschrift wird dem Angeklagten zusammengefasst folgendes Geschehen hinsichtlich der „Tat zu Ziffer 1“ zur Last gelegt:

3Der aus dem Iran stammende Angeklagte habe ein bekanntschaftliches Verhältnis zu einem iranischen Staatsangehörigen gepflegt. Dieser sei durch staatliche iranische Stellen instruiert worden und habe den Angeklagten am Mittag des telefonisch aufgefordert, am Folgetag gegen 23 Uhr einen Brandsatz auf eine noch näher zu bezeichnende Synagoge in der Nähe des Wohnorts des Angeklagten zu werfen. Dieser solle ihm bis 21 Uhr desselben Tages über seine Bereitschaft Bescheid geben. Der Angeklagte habe es so verstanden, dass es sich um die Synagoge in D.     handele. Da er sich zunächst nicht zugetraut habe, den Anschlag allein auszuführen, habe er sich am Nachmittag des mit einem Dritten getroffen und ihn aufgefordert, am nächsten Tag gemeinsam einen Brandanschlag auf die Synagoge in D.     zu verüben. Nach dem Treffen habe sich der Angeklagte gegen 19 Uhr gegenüber seinem Auftraggeber bereiterklärt, den Anschlag auszuführen. Der Dritte habe dem Angeklagten jedoch rund eine Stunde später mitgeteilt, sich an der Tat nicht beteiligen zu wollen, sich am nächsten Tag an die Polizei gewandt und dies dem Angeklagten dann gegen 17 Uhr eröffnet.

4Am Morgen des habe der Auftraggeber dem Angeklagten per Videotelefonat die Synagoge in B.    als Ziel des geplanten Anschlags benannt. Der Angeklagte habe keine andere Möglichkeit gesehen, als den Brandanschlag allein auszuführen. Er habe einen Brandsatz vorbereitet und am Abend das ihm bis dahin unbekannte Areal um die Synagoge erkundet. Da die Synagoge gut beleuchtet und erkennbar videoüberwacht gewesen sei, habe er aus Angst vor Entdeckung den ursprünglichen Plan aufgegeben, den mitgeführten „Molotow-Cocktail“ auf die Synagoge zu werfen.

5Darauf folgt als weiterer Vorwurf („Tat zu Ziffer 2“), dass der Angeklagte den Brandsatz gegen die Fassade eines nahegelegenen Schulgebäudes geworfen habe.

II.

6Die nach § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 2 Alternative 1, Nr. 3 Alternative 2 StPO insgesamt statthafte (vgl. , BGHSt 29, 341, 342) sowie auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts ist begründet. Soweit das Oberlandesgericht die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen hat, sind die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor diesem und in der Folge auch für die gemeinsame dortige Verhandlung des weiteren Tatvorwurfs gegeben. Indes ist die Tat rechtlich abweichend zu würdigen.

71. Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 mwN; vom - StB 34/18, BGHSt 63, 288 Rn. 16). Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit verlangt, als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 oder § 126a StPO der Fall ist (vgl. BGH aaO). Erst recht ist zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat als Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu würdigen (BGH, Beschlüsse vom - StB 20/08, BGHSt 53, 238 Rn. 24 ff.; vom - StB 34/18, BGHSt 63, 288 Rn. 16).

82. Hieran gemessen besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung in Bezug auf den ersten Tatvorwurf. Soweit sich das dem Angeklagten zur Last gelegte Geschehen voraussichtlich erweisen lassen wird, ist dies rechtlich nicht als versuchte Anstiftung, sondern als - vom Anklagevorwurf erfasstes - Sichbereiterklären zur schweren Brandstiftung zu bewerten. Es ist nach derzeit maßgeblicher Verdachtslage nicht wahrscheinlich, dass der Angeklagte sein Vorhaben freiwillig aufgab und somit einer Verurteilung wegen eines Versuchs der Beteiligung ein Rücktritt davon (§ 31 Abs. 1 StGB) entgegensteht.

9a) Neben den Unterhaltungen des Angeklagten mit dem von ihm angesprochenen Dritten ist die Kommunikation mit seinem im Iran ansässigen Auftraggeber und die insofern in Betracht kommende Strafbarkeit wegen eines Versuchs der Beteiligung an einer schweren Brandstiftung vom Anklagevorwurf im Sinne des § 264 StPO ebenfalls umfasst. Der Anklagesatz schildert das entsprechende Geschehen, das in sachlichem, motivatorischem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Bemühen stand, den Dritten als weiteren Beteiligten für die in Aussicht genommene Tat zu gewinnen (vgl. etwa , BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 48 Rn. 5 f.).

10b) Der in der Anklageschrift erhobene Tatvorwurf als solcher wird, wie auch vom Oberlandesgericht nicht in Abrede gestellt und durch die im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen aufgezeigte Beweislage belegt, in einer Hauptverhandlung hinreichend wahrscheinlich nachzuweisen sein. Auf dieser Grundlage ist das dem Angeklagten zur Last liegende Geschehen als Sichbereiterklären zur schweren Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB) - zum einen gegenüber dem Auftraggeber im Iran, zum anderen gegenüber dem Dritten - einzuordnen.

11aa) Voraussetzung für ein Sichbereiterklären ist die ernstgemeinte, mit Bindungswillen gegenüber dem Adressaten abgegebene Kundgabe der eigenen Bereitschaft zur täterschaftlichen Verwirklichung eines Verbrechens. Dies kann entweder in Form der Annahme einer Aufforderung oder als aktives Erbieten geschehen (s. , BGHSt 62, 96 Rn. 11 mwN). Im letzteren Fall gilt dies jedenfalls dann, wenn der Erbietende als präsumtiver Täter seinen Tatentschluss unter die Bedingung der Annahme seines Erbietens stellt (s. zu diesem „echten“ Erbieten in Abgrenzung zum bereits bei Kundgabe der Bereitschaft fest zur Tat Entschlossenen BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 11; vom - 4 StR 282/21, NStZ 2022, 539 Rn. 8 mwN).

12Neben dem Sichbereiterklären zu einem Verbrechen ist für eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zur mittäterschaftlichen Begehung der nämlichen Tat kein Raum. Derjenige, der sich selbst zu einem Verbrechen bereiterklärt, kann mit Blick auf den Gesetzeswortlaut nicht auch wegen versuchter Anstiftung eines anderen zu derselben Tat verurteilt werden (s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 15 ff.; vom - 5 StR 705/93, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 4).

13bb) Demgemäß sind die Voraussetzungen eines Sichbereiterklärens nach dem durch Beweismittel hinreichend belegten Anklagevorwurf in zweierlei Hinsicht gegeben.

14So erklärte der Angeklagte seine Bereitschaft zur gemeinsamen Tatbegehung - als Mittäter - gegenüber dem von ihm angesprochenen Dritten, indem er ihn aufforderte, gemeinsam am Folgetag einen Brandanschlag auf die Synagoge in D.     zu verüben, und dazu den Plan unterbreitete, er selbst werde Benzin um das Gebäude vergießen, während der Dritte darauf einen Brandsatz werfen solle. Der Angeklagte hatte sein Vorhaben ernst gemeint und war zu einer Tatbegehung unabhängig von dem Dritten noch nicht fest entschlossen, da er - so auch der Anklagesatz - sich zunächst nicht zutraute, den Brandanschlag allein auszuführen. Demnach kommt daneben, wie dargelegt, eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung des Dritten nicht in Betracht.

15Des Weiteren erklärte sich der Angeklagte im Anschluss gegenüber seinem Auftraggeber bereit, einen Brandanschlag auf eine von diesem näher zu bezeichnende Synagoge zu begehen. Hierin ist nach der gegenwärtigen Beweislage im Sinne eines hinreichenden Verdachtes ebenfalls ein Sichbereiterklären zu sehen. Darüber hinaus kommt grundsätzlich auch in Betracht, dass sich der Angeklagte mit seinem Hintermann zur schweren Brandstiftung sogar verabredet haben könnte (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB); dies ginge dem Sichbereiterklären vor (LK/Schünemann/Greco, StGB, 13. Aufl., § 30 Rn. 80, 96; vgl. auch , BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; Urteil vom - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2242; BT-Drucks. IV/650 S. 154). Dafür ist es allerdings erforderlich, dass die in Aussicht genommene Tat als Mittäter begangen werden soll (s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 132/21, NStZ-RR 2021, 338, 339 f.; vom - 1 StR 506/18, NStZ 2019, 655 Rn. 5 mwN). Obschon gewisse Anhaltspunkte eine Einordnung des Auftraggebers als Mittäter möglich erscheinen lassen, führen sie insofern bislang nicht zu einem hinreichenden Verdacht.

16c) Von dem Versuch der Beteiligung ist der Angeklagte aufgrund der derzeit maßgeblichen Beweislage nicht im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB zurückgetreten.

17Für die Straflosigkeit muss der präsumtive Täter sein Vorhaben freiwillig aufgeben. Unabhängig von den Anforderungen an die Aufgabe eines Vorhabens im Einzelnen (vgl. etwa , BGHR StGB § 31 Abs. 1 Nr. 2 Aufgeben 1 Rn. 24 mwN) sah der Angeklagte jedenfalls nicht freiwillig von der Tat ab. Der gegenteiligen, der Bewertung in der Anklageschrift folgenden Würdigung des Oberlandesgerichts ist - in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht - nicht zu folgen, das Ermittlungsergebnis gebe keinen Anhalt, „dass die Angst vor Entdeckung ein solches Ausmaß hatte, dass die Freiwilligkeit des Rücktritts in Frage stünde“.

18Das Merkmal der Freiwilligkeit, das in § 31 Abs. 1 StGB in gleicher Weise auszulegen ist wie in § 24 StGB, ist als subjektives Element aus der Sicht des Täters zu beurteilen. Ob dieser freiwillig zurücktrat, hängt nach ständiger Rechtsprechung davon ab, ob er noch „Herr seiner Entschlüsse“ blieb und ob er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hielt (, BGHR StGB § 31 Abs. 2 Tatbegehung 1; Beschluss vom - 4 StR 150/98, NStZ 1998, 510; vgl. auch , BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 19; vom - 1 StR 615/83, NJW 1984, 2169 f.). Die Tataufgabe kann unfreiwillig sein, wenn sich der Täter mit einer ihm, verglichen mit der Tatplanung, derart ungünstigen Risikoerhöhung konfrontiert sieht, dass er das mit der Tat verbundene Wagnis nunmehr als unvertretbar hoch einschätzt (vgl. für den Rücktritt von der versuchten Tat nach § 24 Abs. 1 StGB etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 187/92, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16; vom - 4 StR 537/06, NStZ 2007, 265, 266; Urteil vom - 1 StR 646/18, NStZ 2020, 81 Rn. 9 mwN; dagegen für einen differenzierenden Ansatz Thalheimer, Die Vorfeldstrafbarkeit nach §§ 30, 31 StGB, 2008, S. 196 ff.).

19Soweit bei einem Rücktritt nach § 24 StGB darauf abgestellt wird, dass sich die Risikolage aus Sicht des Täters nach Tat- beziehungsweise Versuchsbeginn verändert hat (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 187/92, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16; vom - 4 StR 537/06, NStZ 2007, 265, 266; LK/Murmann, StGB, 13. Aufl., § 24 Rn. 289), ist bei einem Rücktritt nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB mangels entsprechenden Beginns als maßgeblicher Zeitpunkt die jeweilige Vorbereitungshandlung heranzuziehen. Mithin kommt es bei § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB darauf an, ob sich die Risikoeinschätzung des Täters nach dem Sichbereiterklären entscheidend modifizierte. Der dagegen im Schrifttum geltend gemachte, für eine weitergehende Annahme von Freiwilligkeit herangezogene Einwand, es gehe bei einem Vorbereitungstäter eher um eine kühle Abwägung als um zwingende Hindernisse (so Thalheimer, Die Vorfeldstrafbarkeit nach §§ 30, 31 StGB, 2008, S. 196 f.), ließe sich ebenso bei einem Rücktritt nach Versuchsbeginn wegen unerwarteter Risikoerhöhung erheben und ist kein Grund für eine abweichende Beurteilung. Der gegenteilige Lösungsansatz setzte die Voraussetzungen für das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit deutlich herab und nähme diesem weitgehend seine Bedeutung. Entscheidend bleibt folglich wie sonst auch, ob der Täter das Wagnis angesichts neu hervorgetretener Umstände als unvertretbar hoch einschätzt. Ungeachtet dessen sind verbleibende Zweifel an der Freiwilligkeit des Rücktritts grundsätzlich zu Gunsten des Täters zu lösen (s. , NStZ 2020, 81 Rn. 9 mwN).

20Gemessen daran gab der Angeklagte nach der hier maßgeblichen Verdachtslage die geplante Tat nicht freiwillig auf. Nachdem er das ihm zuvor unbekannte Tatobjekt näher erkundet hatte, fürchtete er angesichts der konkreten Umstände vor Ort eine Entdeckung und sah deshalb von seinem Vorhaben in Bezug auf die Synagoge ab. Nach vorläufiger Würdigung erachtete er damit letztlich das Risiko mit Blick auf die ihm zuvor - im Zeitpunkt des Sichbereiterklärens - unbekannte Videoüberwachung und Beleuchtung als so groß, dass es ihm unvertretbar erschien (vgl. zu einer zuvor nicht bemerkten Videokamera , juris Rn. 3 aE). Hierfür spricht indiziell, dass er nicht von einem Brandanschlag insgesamt Abstand nahm, sondern ein benachbartes, rund 200 Meter entfernt liegendes Tatobjekt wählte, das gerade die dargelegten Sicherheitsvorkehrungen nicht aufwies. Ein anderer Grund, aus dem er nicht die Synagoge, sondern ein anderes Gebäude angriff, wird im angefochtenen Beschluss nicht benannt und ist auch darüber hinaus nicht ersichtlich.

21d) Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es nicht auf die in dem angefochtenen Beschluss und der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage an, ob im Falle eines strafbefreienden Rücktritts vom Sichbereiterklären eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung möglich ist (vgl. zur Subsidiarität beim Rücktritt vom Versuch einer verabredeten Tat , BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 4; Urteil vom - 2 StR 114/60, BGHSt 14, 378, 380); denn aus den dargelegten Gründen wird sich in einer Hauptverhandlung voraussichtlich erweisen lassen, dass der Angeklagte sein Vorhaben nicht freiwillig aufgab.

22e) Das Sichbereiterklären in Bezug auf den Brandanschlag auf eine Synagoge steht in Tatmehrheit zu der anschließenden versuchten Brandstiftung betreffend eine Schule. Die gesamten Planungen bezogen sich, ausgehend von den Vorgaben des Auftraggebers, auf eine Synagoge. Dem Anklagevorwurf zufolge entschloss sich der Angeklagte erst, als er dieses Vorhaben aufgab, dazu, eine Schule in Brand zu setzen, parkte daraufhin seinen Pkw an deren Rückseite und warf sodann den Brandsatz. Danach besteht zwischen seinen Handlungen kein solch unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit, dass sich sein gesamtes Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (vgl. zu den Voraussetzungen , BGHSt 63, 1 Rn. 17 mwN). So fasste der Angeklagte einen neuen Tatentschluss in Bezug auf ein anderes Tatobjekt. Überdies besteht durch die zwischenzeitliche Fahrt mit dem Pkw eine Zäsur zwischen den verschiedenen Handlungen.

233. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf ergibt sich aus § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Variante 5 Buchst. a GVG, § 7 Abs. 1 StPO. Die Tat zu 1. ist mit Blick auf das in Aussicht genommene Tatobjekt und die Veranlassung aus dem Ausland geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Zudem kommt ihr eine besondere Bedeutung zu (vgl. näher zu den Maßstäben , BGHSt 46, 238, 250 f., 253 f.; zu Anschlägen auf Synagogen BGH, Beschlüsse vom - AK 9/20, juris Rn. 34 ff.; vom - StB 29/23, juris Rn. 18). Die danach gegebene Zuständigkeit erfasst auch den - durch den angefochtenen Beschluss vor dem Amtsgericht Bochum eröffneten - Tatvorwurf zu 2. Die Tatvorwürfe stehen in einem derart engen persönlichen und deliktsspezifisch-sachlichen Zusammenhang, dass eine getrennte Verfolgung und Aburteilung auch unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern als in hohem Maße sachwidrig erschiene (vgl. zur Annexkompetenz BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 441/20, BGHSt 66, 226 Rn. 14; vom - 3 StR 314/12, juris Rn. 20; vom - AK 20/08, BGHSt 53, 128 Rn. 39; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 120 Rn. 1).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:230823BSTB51.23.0

Fundstelle(n):
RAAAJ-47933