Digitale Daten als Drucksätze zur Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen
Gesetze: § 275 Abs 1 Nr 1 StGB
Instanzenzug: Az: 612 KLs 17/18
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen in vier Fällen, gemeinschaftlicher Urkundenfälschung in sechs Fällen, Beihilfe zur Urkundenfälschung, Vorbereitung der Fälschung von Fahrzeugpapieren sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Kompensations- sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg, es führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs.
21. Die Verfahrensrüge hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
32. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4Zu Recht hat das Landgericht in den Fällen 1, 7, 8, 9 und 13 das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des – im Fall 13 tateinheitlich verwirklichten – Delikts der gewerbsmäßigen Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen nach § 275 Abs. 1 und 2 StGB bejaht.
5Bei den vom Angeklagten hergestellten Bilddateien, die jeweils Vorder- und Rückseite einer französischen ID-Karte zeigten, in welche er die ihm übermittelten fiktiven Personalien und Lichtbilder nebst Unterschrift eingearbeitet und für die er die erforderlichen, auf die Falschpersonalien abgestimmten Ausweisnummern mittels im Internet verfügbarer Ausweisnummerngeneratoren erstellt hatte, handelte es sich um „Drucksätze“ im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
6Der Begriff „Satz“ bezeichnet in der Drucktechnik den „Schriftsatz“, den gesetzten Text, aber auch insgesamt das durch das jeweilige Satzverfahren geschaffene Erzeugnis vorhergehender Arbeitsgänge in dem Fertigungsabschnitt, der dem eigentlichen Druck vorausgeht und in dem die jeweilige Vorlage in eine drucktaugliche Form gebracht wird. Aufgrund des technischen Wandels sind heute elektronische, digitale Satzverfahren üblich, die die früher verwendeten (Bleisatz, Fotosatz etc.) abgelöst haben (vgl. Rautenberg [Hrsg.], Reclams Sachlexikon des Buches, 3. Aufl., S. 346; Corsten/Füssel/Pflug [Hrsg.], Lexikon des gesamten Buchwesens, 2. Aufl., Bd. VI, S. 498). Die vom Angeklagten erstellten Bilddateien waren dazu geeignet und bestimmt, von seinen Abnehmern unmittelbar selbst ausgedruckt und anschließend als gefälschtes Ausweisdokument eingesetzt zu werden; es handelte sich damit um die in einem digitalen Verfahren erzeugten drucktauglichen Formen der falschen Ausweise, mithin deren Drucksätze. Dass diese – anders als die übrigen in § 275 Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Gegenstände und Vorrichtungen – nicht in körperlicher Form vorlagen, weil sie vom Angeklagten nur in Gestalt von digitalen Daten erstellt wurden, ist unschädlich; denn dies stellt lediglich eine notwendige Folge des beschriebenen technischen Wandels dar. Eines Rückgriffs auf die Wertungen, die der Einführung des – nur in § 149 Abs. 1 Nr. 1 StGB enthaltenen – Merkmals „Computerprogramme“ zugrunde gelegen haben mögen, bedarf es deshalb nicht.
73. Wie die Strafkammer in ihrer rechtlichen Würdigung selbst ausgeführt hat, ist ihr in den genannten Fällen ein Tenorierungsversehen unterlaufen, weil sie vergessen hat, das – rechtsfehlerfrei festgestellte – Qualifikationsmerkmal „gewerbsmäßig“ in den Urteilstenor aufzunehmen. Dies kann der Senat – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – auf die Sachrüge ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot nachholen (vgl. , NStZ-RR 2020, 357 mwN).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:010823B5STR174.23.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-47352