Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Einspruchsverfahren: Tipps und Hinweise (Teil 2)
Die Berechnung der Einspruchsfrist
[i]Rätke, Einspruchsverfahren: Tipps und Hinweise (Teil 1) – Einspruch gegen den richtigen Bescheid, BBK 16/2023 S. 735 NWB FAAAJ-46080 Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Einspruch ist die fristgerechte Einlegung. Bei der Berechnung der Einspruchsfrist gibt es in der Praxis aber eine Vielzahl von Besonderheiten zu beachten, die sich auf den Beginn und das Ende der Einspruchsfrist auswirken. Anhand von Beispielen werden die Grundsätze und Besonderheiten in diesem Teil 2 der Beitragsreihe zum Einspruchsverfahren dargestellt.
.
I. Fristbeginn mit Bekanntgabe des Bescheids
1. Grundsatz: Der Drei-Tage-Zeitraum
[i]Einspruchsfrist: ein Monat Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids (§ 355 Abs. 1 AO). Bei Steuerbescheiden, die mit einfachem, d. h. gewöhnlichem Brief versandt werden, gilt die sog. Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO: Danach gilt der Bescheid als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben; das Aufgabedatum entspricht im Regelfall dem Bescheiddatum.
[i]Beginn der Einspruchsfrist Die Einspruchsfrist beginnt somit mit Ablauf des dritten Tages nach dem Bescheiddatum.
Das Finanzamt gibt den Steuerbescheid für A mit einfachem Brief am (Dienstag) zur Post auf (Bescheiddatum). Am dritten Tag danach, also am (Freitag), gilt der Bescheid als bekannt gegeben. Die Einspruchsfrist beginnt am um 0:00 Uhr (§ 108 Abs. 1 AO i. V. mit § 187 Abs. 1 BGB). Sie endet am Montag, den um 24:00 Uhr (§ 108 Abs. 1 AO i. V. mit § 188 Abs. 2 BGB).
[i]Faustregel der BerechnungAls Faustregel für die Berechnung der Einspruchsfrist gilt:
Datum des Bescheids + 3 Tage + 1 Monat = Ende der Einspruchsfrist. S. 774
Der Drei-Tage-Zeitraum gilt auch in den folgenden Fällen:
Der Bescheid geht dem Steuerpflichtigen tatsächlich schon vorher zu. Erhält in dem vorgenannten Beispiel A den Bescheid vom schon am 5.7. oder , bleibt es bei der Bekanntgabefiktion am , so dass sich die Einspruchsfrist nicht verkürzt.
[i]Drei-Tage-Zeitraum gilt auch bei AbwesenheitDer Steuerpflichtige nimmt den Bescheid entweder bewusst nicht zur Kenntnis, weil er z. B. den Umschlag nicht öffnet oder den Brief vernichtet, oder kann den Bescheid während des Drei-Tage-Zeitraums nicht zur Kenntnis nehmen, weil er z. B. im Urlaub ist. Für eine Bekanntgabe genügt, dass der Bescheid in den Empfangsbereich des Steuerpflichtigen gelangt ist; auf eine tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an. Trotz urlaubsbedingter Abwesenheit läuft also die Einspruchsfrist. Allerdings kann bei Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen.
Der Bescheid wird gem. § 122 Abs. 2a AO elektronisch bekannt gegeben, z. B. per E-Mail, oder er wird elektronisch bereitgestellt, z. B. per ELSTER (§ 122a Abs. 4 AO).