BGH Beschluss v. - VIa ZR 1216/22

Instanzenzug: Az: VIa ZR 1216/22 Beschlussvorgehend Az: 19 U 89/21vorgehend LG Ravensburg Az: 6 O 237/20

Gründe

1Wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom ausgeführt hat, liegen weder die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vor noch hat die Revision Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO). An dieser Beurteilung hält der Senat aus den im Hinweisbeschluss angeführten Gründen fest. Die Stellungnahme der Revision vom gibt zu einer abweichenden Bewertung keinen Anlass.

I.

2Die Revision wendet in erster Linie erfolglos ein, die beklagte Fahrzeugherstellerin habe den Tatbestand einer deliktischen Schädigung des Klägers haftungsbegründend kausal bereits dadurch erfüllt, dass sie ihre Pflicht verletzt habe, "in Einklang mit den Genehmigungsvorschriften stehende Fahrzeuge auf den Markt zu bringen"; der Erwerbsschaden des Klägers stelle sich ohne Rücksicht auf die Erwerbskausalität "im Rahmen der nach § 249 BGB anzustellenden Differenzbetrachtung als unmittelbare Folge dieser Pflichtverletzung dar".

3Die Revision übersieht, dass die Verwirklichung des Tatbestands einer deliktischen Schädigung - gleich aufgrund welcher Anspruchsgrundlage - in Fällen wie dem vorliegenden den Abschluss eines Kaufvertrags über das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug voraussetzt. Deshalb ist das Inverkehrbringen eines mit einer Umschaltlogik versehenen Fahrzeugs nur dann haftungsbegründend (mit-)kausal (vgl. , NJW-RR 2022, 526 Rn. 20), wenn der Vertragsschluss über das Fahrzeug aus Sicht des Klägers ein (auch zu diesen Bedingungen) ungewollter ist. Denn im Falle einer deliktischen Schädigung wird das gesetzliche Schuldverhältnis erst mit Eintritt des Schadens bei dem konkreten Geschädigten begründet; der haftungsbegründende Tatbestand setzt die Zufügung eines Schadens zwingend voraus (vgl. , NJW-RR 2022, 1071 Rn. 15). Wie die Revision in ihrer Stellungnahme vom nicht in Zweifel zieht, hat der Kläger das Fahrzeug in Kenntnis der implementierten Umschaltlogik erworben. Dann aber liegt in dem Abschluss des Kaufvertrags kein seinem Willen widersprechendes Schadensereignis.

4Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der eingebauten Umschaltlogik gilt auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Unionsrechts nichts anderes (vgl. VIa ZR 335/21, juris Rn. 30, 32, 40 bis 42 und 45, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ; vgl. auch OGH, Urteil vom - 10 Ob 2/23a, BeckRS 2023, 9749 Rn. 23). Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass die den Käufer infolge des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung treffende Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen, letztlich beim Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs zu einem Schaden führen kann (, NJW 2023, 1111 Rn. 84). Er hat aber zugleich den Schadenseintritt mit der gescheiterten Vertrauensinvestition in die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung bei Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug verknüpft ( aaO, Rn. 72 und 91). Damit kommt auch auf einen unionsrechtlich fundierten Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV der Grundsatz zur Anwendung, dass der haftungsbegründende Tatbestand den Vertragsschluss und die haftungsbegründende Kausalität die Erwerbskausalität voraussetzt. Darauf, dass sich aus § 823 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV überdies die vom Kläger beantragte Rechtsfolge nicht ergäbe (vgl. aaO Rn. 19 bis 27), kommt es nicht an.

II.

5Die Revision macht in zweiter Linie vergeblich geltend, die Erwerbskausalität sei jedenfalls gegeben, weil der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags unzutreffend davon ausgegangen sei, eine Unsicherheit hinsichtlich der Anmeldung, des Verkaufs oder der Inbetriebnahme des Fahrzeugs werde durch das Aufspielen eines bereitstehenden Software-Updates nach Vertragsschluss beseitigt werden.

6Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch ein Software-Update als nachträgliche Maßnahme der Beklagten hätte weder nach §§ 826, 31 BGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf die Schadensentstehung Einfluss nehmen können, sondern wäre unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen gewesen (vgl. , BGHZ 230, 224 Rn. 24). Eine Fehlvorstellung des Klägers über die Wirksamkeit des Software-Updates betraf daher die (nachrangige) haftungsausfüllende, nicht die (vorrangige) haftungsbegründende Kausalität. Daran, dass der Kläger den Kaufvertrag schließen wollte, änderte eine solche Fehlvorstellung nichts.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:030723BVIAZR1216.22.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-46351