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OFD Frankfurt/M. - S 2133 A - 030 - St 516

Kompensatorische Bewertung von Finanzinstrumenten in der Steuerbilanz

Verlustfreie Bewertung von zinsbezogenen Geschäften des Bankbuchs nach IDW RS BFA 3

Seitens der Kreditwirtschaft wurde um Klarstellung hinsichtlich der verlustfreien Bewertung zinsbezogener Geschäfte des Bankbuchs nach IDW RS BFA 3 gebeten.

Nach Abstimmung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt hierzu Folgendes:

Mit dem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom , BGBl 2006 I S. 1095, wurde § 5 Absatz 1a EStG eingeführt. Dieser nimmt auf die in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten ausdrücklich Bezug und stellt klar, dass diese auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind. Mit dieser Gesetzesänderung wurde einer weiteren Differenzierung von Handels- und Steuerrecht entgegengewirkt. Das Steuerrecht setzt in diesem Bereich auf den handelsrechtlichen Regelungen zu den Bewertungseinheiten auf. Gemäß § 5 Absatz 4a Satz 1 EStG dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht gebildet werden. Eine Ausnahme regelt Satz 2 für Ergebnisse nach § 5 Absatz 1a EStG.

Erst im Nachgang dieser steuergesetzlichen Regelungen wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) vom , BGBl 2009 I S. 1102, der Begriff der Bewertungseinheit auch im HGB erstmals in dem neugefassten § 254 HGB gesetzlich definiert. Demnach ist eine Bewertungseinheit die Zusammenfassung von Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften oder mit hoher W ahrscheinlichkeit erwarteter Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger W ertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten. Die Bewertungseinheit beruht auf der grundsätzlichen Überlegung, dass die aus einem Grundgeschäft resultierenden Risiken durch den Einsatz von Sicherungsinstrumenten - wirtschaftlich betrachtet - neutralisiert werden können. Daher wird bei Bestehen einer Bewertungseinheit - unter Einschränkung des Imparitätsprinzips, des Realisationsprinzips und des Einzelbewertungsgrundsatzes - auf die Berücksichtigung nicht realisierter Verluste verzichtet, wenn diesen in gleicher Höhe nicht realisierte Gewinne gegenüberstehen, also soweit der Eintritt der abgesicherten Risiken ausgeschlossen ist (BT-Drs. 16/10067, S. 58).

Kreditinstitute steuern die Zinsmarge bzw. den Barwert aller zinsbezogenen Finanzinstrumente ohne Handelsabsicht regelmäßig als Gesamtheit im Bankbuch. Finanzielle Vermögensgegenstände (Finanzinstrumente) und Derivate des Bankbuchs von Kreditinstituten unterliegen dabei dem Grundsatz einer imparitätischen Einzelbewertung, soweit diese nicht in eine Bewertungseinheit i. S. d. § 254 HGB einbezogen sind.

Soweit Bewertungseinheiten i. S. d. § 254 HGB gebildet wurden, sind deren zinsbezogene Bestandteile in die verlustfreie Bewertung des Bankbuchs einzubeziehen und bereits nach § 254 HGB gebildete Rückstellungen sind auf die verlustfreie Bewertung des Bankbuchs anzurechnen. Auf das Ergebnis einer solchen Bewertungseinheit sind im Steuerrecht § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG und § 5 Absatz 4a Satz 2 EStG anzuwenden.

Die Bildung von Bewertungseinheiten i. S. d. § 254 HGB kann die Anwendung des Grundsatzes der verlustfreien Bewertung allerdings nicht ersetzen, da § 254 HGB bspw. hinsichtlich der Abgrenzung des Bewertungsobjekts (risikokompensatorische Geschäfte) den Regelungsgehalt des § 249 HGB nicht abdeckt. Eine Vielzahl der im Bankbuch geführten (Kassa-) Geschäfte dienen nicht der Absicherung eines Risikos, sondern der Erzielung einer Zinsmarge. Solche Geschäfte sind nicht Gegenstand einer Bewertungseinheit i. S. d. § 254 HGB.

Demnach stellt das Bankbuch selbst keine Bewertungseinheit i. S. d. § 254 HGB dar. Das Bankbuch kann zwar Geschäfte enthalten, die zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst worden sind. Es umfasst aber genauso Geschäfte, die nicht die Absicherung des allgemeinen Risikos zum Gegenstand haben, sondern der Erzielung einer Zinsmarge dienen und folglich bereits handelsrechtlich nicht Gegenstand einer Bewertungseinheit i. S. d. § 254 HGB sein können.

Die Regelung des § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG findet nur auf Bewertungseinheiten i. S. d. § 254 HGB Anwendung. Sie wurde bereits 2006 und damit zeitlich vor der Einführung der handelsrechtlichen Vorschrift des § 254 HGB eingeführt. Aufgrund des zeitlichen Vorlaufs konnte kein Hinweis auf § 254 HGB in den Gesetzestext aufgenommen werden. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass es außerhalb des Anwendungsbereichs des § 254 HGB in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildete Bewertungseinheiten i. S. d. § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG geben könne. Auch § 340h HGB, der eine Bewertungseinheit im Falle der besonderen Deckung von Fremdwährungsoptionen kodifiziert, stellt lediglich eine Ausprägung der Bewertungseinheit i. S. d. § 254 HGB dar. Vielmehr hat § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG bereits bei seiner Einführung auf die handelsrechtliche Definition einer Bewertungseinheit abgestellt, die im zeitlichen Nachgang dann auch handelsrechtlich gesetzlich fixiert wurde. Eine eigenständige steuerliche Beurteilung, die sich vom Handelsrecht löst, erfolgt im Rahmen des § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG nicht. Im Ergebnis ist § 254 HGB damit die einzige zentrale Grundlage der handelsrechtlichen Rechnungslegung für die Bilanzierung von Bewertungseinheiten und entfaltet insoweit Maßgeblichkeit für § 5 Absatz 1a Satz 2 EStG.

Auch die IDW Stellungnahme RS BFA 3 geht erkennbar nicht davon aus, dass die verlustfreie Bewertung des Bankbuches ein Anwendungsfall des § 254 HGB wäre. Somit ist § 5 Absatz 1a Satz 2 und Absatz 4a Satz 2 EStG nicht auf die verlustfreie Bewertung des Bankbuchs anwendbar. Eine analoge Anwendung auf die geschilderten Sachverhalte scheidet aufgrund des ausdrücklichen Gesetzeswortlauts und der Intention des Gesetzgebers vorliegend ebenfalls aus.

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Fundstelle(n):
WAAAJ-46232