Teilweise Verweisung an das Verwaltungsgericht; Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche
Gesetze: § 18 Abs 3 S 1 WBO, § 17 Abs 1 S 1 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO, § 93 S 2 VwGO, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 31 Abs 1 SG, § 82 Abs 1 SG, § 253 Abs 2 BGB
Tatbestand
1 Der Antragsteller hat mit Schreiben vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt. Unter dem hat der Antragsteller in der Sache beantragt,
den Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom aufzuheben,
festzustellen, dass die Ablehnung seines Versetzungsantrags nicht hätte erfolgen dürfen,
den Dienstherrn zu verpflichten, ihn auf einem Dienstposten, z. B. ..., dessen Voraussetzungen er erfüllt, zu verwenden,
den Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn anzuerkennen, damit er diesen geltend machen kann, und
den Anspruch auf Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile anzuerkennen, damit er diesen geltend machen kann.
2 Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass wegen der Anträge betreffend Schmerzensgeld und Schadensersatz mangels Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte eine Verweisung an das (allgemeine) Verwaltungsgericht München in Betracht kommt, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es hat den Antragsteller auch darauf hingewiesen, dass im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, anders als beim Wehrdienstsenat, Gerichtsgebühren erhoben werden.
3 Der Antragsteller stimmt der Verweisung dieser Anträge an das Verwaltungsgericht München zu. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Verteidigung ist für den Anspruch auf Schmerzensgeld das Verwaltungsgericht München und für den Anspruch auf Schadensersatz das Landgericht Bonn zuständig.
4 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Gründe
5 Der Senat entscheidet über die Verfahrenstrennung und über die Verweisung des Rechtsstreits in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (vgl. 1 WB 71.19, 1 WB 2.20 - juris Rn. 5).
6 Der Antragsteller macht kumulativ mehrere Ansprüche geltend, für die unterschiedliche Rechtswege eröffnet sind. Soweit er Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn und Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile begehrt (vierter und fünfter Sachantrag), ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet. Dieser Teil des Rechtsstreits ist deshalb nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 93 Satz 2 VwGO abzutrennen, unter einem neuen Aktenzeichen weiterzuführen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 18 Abs. 3 Satz 1 WBO an das Verwaltungsgericht München zu verweisen.
7 Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) entscheiden die Wehrdienstgerichte, wenn die Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Für Streitigkeiten über einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der in § 31 Abs. 1 SG geregelten Fürsorgepflicht des Dienstherrn verbleibt es damit bei der Zuständigkeit der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gemäß § 82 Abs. 1 SG und § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (stRspr, vgl. 1 WB 7.10 - Rn. 17 m. w. N.). Dies gilt auch für den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch. Denn für den beamtenrechtlichen - und entsprechend für den soldatenrechtlichen - Schadensersatzanspruch ist der Schadensbegriff maßgebend, der den §§ 249 ff. BGB zugrunde liegt (vgl. 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <75> m. w. N.). Nachdem durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom (BGBl. I S. 2674) § 847 BGB aufgehoben und der Ersatz von immateriellen Schäden in die allgemeine Schadensersatzvorschrift des § 253 Abs. 2 BGB überführt worden ist, kommt grundsätzlich auch die Prüfung von Schmerzensgeld im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SG) in Betracht.
8 Der Anregung des Bundesministeriums der Verteidigung, den Rechtsstreit unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung in einem Punkt an das Landgericht Bonn (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 17 ZPO) zu verweisen, ist nicht zu folgen. Sie würde zu einer uneffektiven und kostentreibenden weiteren Aufspaltung des Verfahrens führen und widerspräche dem vom Antragsteller erklärten Willen.
9 Der Rechtsstreit ist daher, soweit der Antragsteller Schadensersatz und Schmerzensgeld begehrt, an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Dies ist nach § 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des (bayerischen) Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom (GVBl S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom (GVBl S. 148) das Verwaltungsgericht München. Denn der Antragsteller wird dienstlich ... in München geführt und hat daher in München seinen dienstlichen Wohnsitz (§ 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG ist dienstlicher Wohnsitz eines Soldaten sein Standort. § 15 BBesG ist auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblich ( 1 WB 43.15 - juris Rn. 42 m. w. N.). Soweit es, weil der Antragsteller vorläufig des Dienstes enthoben ist, auf dessen (privaten) Wohnsitz ankäme (§ 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 2 VwGO), liegt auch dieser im Bezirk des Verwaltungsgerichts München.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:200223B1WB36.22.0
Fundstelle(n):
AAAAJ-45986