BGH Beschluss v. - 4 StR 506/22

Instanzenzug: LG Essen Az: 52 KLs 12/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in einem Fall, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem Fall, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff und mit dem Herstellen von kinderpornographischen Schriften in sieben Fällen, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff in einem Fall, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit dem Herstellen von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen, versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in einem Fall, sexuellen Missbrauchs von Kindern in dreizehn Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff und mit dem Herstellen von kinderpornographischen Schriften in drei Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff in vier Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit dem Herstellen von kinderpornographischen Schriften in 27 Fällen, Herstellens von kinderpornographischen Schriften in fünf Fällen, Verbreitens von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen, Besitzes von kinderpornographischen Schriften in einem Fall und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Dem Landgericht sind bei der Fassung des Schuldspruchs Zählfehler unterlaufen, die der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO korrigiert hat. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte sich lediglich in zwölf – nicht in dreizehn – Fällen des sexuellen Missbrauchs (ohne weitere hiermit in Tateinheit stehende Delikte), in 28 – statt 27 – Fällen des sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit dem Herstellen kinderpornographischer Schriften beziehungsweise Inhalte, in vier – statt fünf – Fällen des Herstellens von kinderpornographischen Schriften beziehungsweise Inhalten und in fünf – statt vier – Fällen des Verbreitens von kinderpornographischen Inhalten schuldig gemacht. Zur Klarstellung hat der Senat den Schuldspruch insgesamt neu gefasst, hierbei in den Fällen, in denen einer der Tatbestände des § 184b StGB in der seit dem geltenden Fassung verwirklicht ist, dem geänderten Gesetzeswortlaut Rechnung getragen, wonach Tatobjekt der Norm kinderpornographische Inhalte – statt wie zuvor Schriften – sind, und mehrfach verwirklichte Straftatbestände zusammengezählt. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der – geständige – Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können; auch das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert sie nicht (vgl. Rn. 8 mwN).

32. Der Strafausspruch bedarf der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrekturen.

4a) Das Landgericht hat es versäumt, für die Fälle 21, 25, 30, 42 und 44 der Urteilsgründe (Abschnitt II.2.) Einzelstrafen festzusetzen. Der Senat holt dies in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach, woran er durch das Verschlechterungsverbot ebenfalls nicht gehindert ist (vgl. Rn. 2 mwN).

5aa) In den Fällen 21, 25, 30 und 44 sieht er sich hierzu in der Lage, weil die insoweit durch das Landgericht festgestellten Strafzumessungsumstände und Tatbilder jeweils denjenigen einer Vielzahl weiterer abgeurteilter Fälle entsprechen. Der Generalbundesanwalt hat diesbezüglich ausgeführt:

„Das Landgericht hat die Strafhöhe für die abgeurteilten Taten nach einem in sich stimmigen, an der sich aus der Intensität der Tathandlungen ergebenden Schuldschwere orientierten System abgestuft. Hiernach ist davon auszugehen, dass für die Fälle 21 und 25 mit neun Monaten die gleichen Einzelfreiheitsstrafen wie für die Fälle 1, 2, 24, 39, 51 und 62 festgesetzt werden sollten, bei denen es sich ebenfalls um sexuelle Handlungen geringerer Intensität handelte (…). Hinsichtlich der Tat aus Fall 44, die den Fällen 3, 8, 9, 13, 17, 31, 43, 50, 63, 64, 66, 68, 69 ähnelt, ist davon auszugehen, dass die Einzelfreiheitsstrafe entsprechend auf neun Monate festgesetzt werden sollte (…). Es handelt sich bei Fall 44 ebenfalls um eine sexuelle Handlung geringerer Schwere. Hinsichtlich der Tat aus Fall 30 ist dementsprechend davon auszugehen, dass die gleiche Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wie für Fall 49 festgesetzt werden sollte (…). Beide Fälle haben den Oralverkehr des Angeklagten an der Geschädigten zum Gegenstand.“

6Dem schließt sich der Senat an.

7bb) Hinsichtlich des Falles 42 vermag der Senat – entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts – demgegenüber eine hinreichend vergleichbare Schwere mit anderen abgeurteilten Fällen nicht zu erkennen und setzt daher die Einzelstrafe zur Vermeidung jeder Benachteiligung des Angeklagten auf die gesetzliche Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe fest (§ 176 Abs. 1 StGB in der Fassung vom ).

8cc) Für die Tat zu II.2., Fall 40 der Urteilsgründe hat das Landgericht versehentlich zwei Einzelstrafen festgesetzt. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

„Die Einzelstrafe für die Tat aus Fall 40 ist mit zwei Jahren und sechs Monaten rechtsfehlerfrei bemessen. Die Festsetzung einer weiteren Einzelstrafe von zwei Jahren hat zu entfallen. Die Kammer hat Fall 40 zutreffend bei den Fällen 11, 15, 32, 36, 38, 65 und 67 angeführt, die durch ein Einführen eines Fingers in den Anus der schlafenden Geschädigten gekennzeichnet sind, und für sämtliche vorgenannten Taten jeweils Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt (…). Hiernach verbleiben keine Zweifel, dass die erneute Nennung des Falls 40 bei den mit einer Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren geahndeten, ein anderes Tatbild aufweisenden Fällen (…) lediglich irrtümlich erfolgt ist.“

9Auch diesen Ausführungen schließt der Senat sich an.

10b) Auf die Gesamtstrafe und auf den Maßregelausspruch haben die Änderungen des Strafausspruchs keinen Einfluss. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht insoweit zu einem dem Angeklagten günstigeren Ausspruch gekommen wäre, hätte es die genannten Einzelstrafen zutreffend festgesetzt.

113. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

124. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:210623B4STR506.22.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-45974