Anspruch auf tarifvertragliche Jahressonderzahlung sowie Corona-Sonderzahlung in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (TVöD/TV Corona-Sonderzahlung)
Gesetze: § 20 Abs 1 TVöD, § 24 Abs 2 TVöD, § 1 TVG, § 4 Abs 1 TzBfG
Instanzenzug: ArbG Herne Az: 1 Ca 1322/21 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 9 Sa 160/22 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit Ansprüche auf eine tarifvertragliche Jahressonderzahlung und eine Corona-Sonderzahlung zustehen.
2Der Beklagte ist als Gebietskörperschaft Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Nordrhein-Westfalen. Die Klägerin war bei ihm seit dem mit einer wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang von zuletzt 39 Stunden angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin war in der Entgeltgruppe 9c Stufe 6 der Anlage A zum TVöD/VKA eingruppiert.
3Der TVöD/VKA - Allgemeiner Teil - vom idF vom lautet auszugsweise:
4Der zwischen der VKA und ver.di geschlossene Tarifvertrag zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) vom idF vom regelt ua.:
5Am verständigten sich die Parteien in einem „Vertrag für Altersteilzeitarbeit nach dem TV FlexAZ“ darauf, das Arbeitsverhältnis vom bis zum als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer „Arbeitsphase“ vom bis zum und einer „Freizeitphase“ vom bis zum fortzuführen. Unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit sollte das Arbeitsentgelt fortlaufend nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ gezahlt werden.
6Am schlossen der VKA und ver.di den Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung (TV Corona-Sonderzahlung), in dem es ua. heißt:
7In den Jahren 2018 und 2019 leistete der Beklagte jeweils mit der Vergütung für den Monat November die tarifvertragliche Jahressonderzahlung in Höhe der Hälfte des einer Vollzeitkraft geschuldeten Betrags. Für das Jahr 2020 lehnte der Beklagte - nach schriftlicher Geltendmachung durch die Klägerin - sowohl die Jahressonderzahlung als auch die einmalig zu gewährende Corona-Sonderzahlung ab.
8Die Klägerin hat beide Leistungen mit der Auffassung verlangt, zu den jeweiligen Stichtagen in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten gestanden und auch während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit Entgelt bezogen zu haben. Die tarifvertraglichen Regelungen verlangten keine Arbeitsleistung.
9Die Klägerin hat beantragt,
10Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat den Standpunkt eingenommen, die vorrangige Regelung in § 7 Abs. 2 TV FlexAZ schließe die Entstehung neuer Entgeltansprüche in der Freistellungsphase dem Grunde nach aus. Es bestehe lediglich ein Anspruch auf Auszahlung des in der Arbeitsphase verdienten und durch Tariferhöhungen dynamisierten Wertguthabens. Da in der Aktivphase weder die Jahressonderzahlung für das Jahr 2020 noch die einmalig zu gewährende Corona-Sonderzahlung fällig geworden sei, stünden der Klägerin diese Leistungen in der Freistellungsphase nicht zu.
11Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.
Gründe
12Die Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht insgesamt zurückgewiesen. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf eine ihrer individuellen Arbeitszeit entsprechende Corona-Sonderzahlung sowie auf eine entsprechende Jahressonderzahlung. Da der Senat die Höhe der Jahressonderzahlung aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht beziffern konnte, war die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
13I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung Anspruch auf 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem .
141. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) sowie der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dazu zählt der TV FlexAZ.
152. Arbeitnehmer, die sich - wie die Klägerin - zu dem in § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung festgelegten Stichtag am in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, können die Corona-Sonderzahlung beanspruchen. Dies ergibt die gebotene Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung die st. Rspr., zB - Rn. 13; - 4 AZR 365/20 - Rn. 21 mwN).
16a) Für dieses Auslegungsergebnis spricht bereits der Wortlaut der Tarifnorm. Nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung erhalten Personen, deren Arbeitsverhältnis am bestand, spätestens mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 eine einmalige Corona-Sonderzahlung, wenn sie an mindestens einem Tag zwischen dem 1. März und dem Anspruch auf Entgelt hatten. Danach hängt die Corona-Sonderzahlung allein vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum maßgeblichen Stichtag und eines Entgeltanspruchs an einem Tag im Referenzzeitraum ab. Der Tarifwortlaut bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Corona-Sonderzahlung Beschäftigten vorbehalten sein soll, die - anders als Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell - eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht haben und dabei durch die Corona-Pandemie bedingten Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren.
17b) Die Tarifsystematik führt gegenüber dem Wortlaut zu keinem anderen Ergebnis.
18aa) Die unter Nr. 2 der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung geregelten Ausnahmen von den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung verdeutlichen, dass die Corona-Sonderzahlung nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung abhängt, sondern nur von einem (gegebenenfalls fingierten) Entgeltanspruch. Nach Nr. 2 der Protokollerklärung haben selbst Beschäftigte, die durchgehend Krankengeld bezogen, sich in Kurzarbeit (Null) befanden oder lediglich Anspruch auf Entgelt für einen Tag im Bezugszeitraum hatten, Anspruch auf die ungekürzte Corona-Sonderzahlung. Lediglich die Berechnung der Corona-Sonderzahlung richtet sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit (§ 2 Abs. 2 Satz 4 TV Corona-Sonderzahlung iVm. § 24 Abs. 2 TVöD/VKA).
19bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt § 7 Abs. 2 TV FlexAZ zu keinem abweichenden Verständnis. Die Tarifnorm bestimmt, dass Beschäftigte während der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des Entgelts enthalten, das sie jeweils erhalten würden, wenn sie mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit weitergearbeitet hätten; die andere Hälfte des Entgelts fließt in das Wertguthaben (§ 7b SGB IV) und wird in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. In den Teilzeitquotienten der Freistellungsphase fließen ausnahmslos alle in der Aktivphase verdienten Entgeltbestandteile. § 7 Abs. 2 TV FlexAZ regelt damit lediglich die Auszahlungsmodalitäten für das in der Aktivphase angesammelte Wertguthaben, ohne das Entstehen zukünftiger, im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitarbeitsvertrags noch nicht absehbarer Vergütungsansprüche für die Altersteilzeit auszuschließen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht gehindert, für Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell zusätzlich zum Wertguthaben Leistungen vorzusehen, die - wie vorliegend die einmalige Corona-Sonderzahlung - unabhängig von einer bestimmten Arbeitsleistung gewährt werden.
20c) Der Auslegung des § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung, dass Beschäftigte in der Freistellungsphase der Altersteilzeit Anspruch auf die Corona-Sonderzahlung haben, entspricht dem Tarifzweck. Nr. 1 Satz 2 der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung definiert die vom Arbeitgeber geschuldete Leistung als „Beihilfe bzw. Unterstützung“ im Sinne des § 3 Nr. 11a EStG zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hatte das (BStBl. I S. 503) mitgeteilt, während der Corona-Krise in der Zeit vom 1. März bis zum könnten zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag iHv. 1.500,00 Euro steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährt werden. Aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom (BGBl. I S. 1385) stellte der Gesetzgeber diese Rechtsauffassung im Interesse umfassender Rechtssicherheit durch § 3 Nr. 11a EStG klar (BT-Drs. 19/19601 S. 33). Die Anknüpfung an die steuerliche Bestimmung spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anspruch nicht von einer besonderen Belastung aufgrund geleisteter Arbeit abhängig gemacht haben, sondern die finanziellen Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie unabhängig von einer Arbeitsleistung abmildern wollten. Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG werden als uneigennützige Unterstützungsleistungen ( - Rn. 27) unabhängig von einem entgeltlichen Austauschgeschäft gezahlt ( - Rn. 18). Es liegt nahe, dass die Uneigennützigkeit auch Voraussetzung für die Steuerprivilegierung von arbeitgeberseitigen Beihilfen und Unterstützungsleistungen nach § 3 Nr. 11a EStG ist (so auch Schmidt/Levedag EStG 41. Aufl. § 3 Rn. 48), auf die die Tarifvertragsparteien ausdrücklich verwiesen haben.
213. Danach erfüllt die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung. Zwischen den Parteien bestand am ein (Altersteilzeit-) Arbeitsverhältnis. Die Klägerin hatte im Zeitraum zwischen dem 1. März und dem an (mehr als nur) einem Tag Anspruch auf Entgeltzahlung.
224. Der Anspruch der Klägerin auf die Corona-Sonderzahlung besteht iHv. 200,00 Euro.
23a) Die Corona-Sonderzahlung beträgt für Vollzeitbeschäftigte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TV Corona-Sonderzahlung für die Entgeltgruppen 9a bis 12 400,00 Euro. Für Teilzeitbeschäftigte ordnet § 2 Abs. 2 Satz 4 TV Corona-Sonderzahlung die entsprechende Anwendung von § 24 Abs. 2 TVöD/VKA an. Danach erhalten Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht, soweit tariflich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. Für die Berechnung der Anspruchshöhe sind die jeweiligen Verhältnisse am maßgeblich (§ 2 Abs. 2 Satz 5 TV Corona-Sonderzahlung).
24b) Die im Tarifvertrag vorgesehene Berechnung steht im Einklang mit § 4 Abs. 1 TzBfG.
25aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
26(1) Die Norm des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG konkretisiert das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG für den Bereich des Entgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung ( - Rn. 47 mwN, BAGE 165, 1). § 4 Abs. 1 TzBfG verbietet eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz zum Nachteil Teilzeitbeschäftigter, wenn dafür kein sachlicher Grund besteht. Eine Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter bei der Vergütung entsprechend dem Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG schließt jedoch eine sonstige Benachteiligung nicht aus ( - Rn. 28, BAGE 140, 148). Insbesondere bei Leistungen, bei denen der Vergütungscharakter nicht im Vordergrund steht, können - abhängig vom Leistungszweck - Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte Ansprüche in gleicher Höhe haben (vgl. zu einer als Anerkennung der Betriebstreue geleisteten Jubiläumszuwendung - zu II 3 der Gründe). Eine schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten ist aber sachlich gerechtfertigt, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich an dem mit der Leistung verfolgten Zweck zu orientieren ( - Rn. 28, BAGE 169, 351).
27(2) Als selbständige Grundrechtsträger können die Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung den Leistungszweck einer tariflichen Leistung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie bestimmen ( - Rn. 47, BAGE 172, 313; - 10 AZR 231/18 - Rn. 34, BAGE 165, 1). Neben einer Einschätzungsprärogative über die tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Regelungsfolgen verfügen sie dazu über einen weiten inhaltlichen Gestaltungsspielraum, der sie nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht ( - Rn. 40, BAGE 174, 116; - 10 AZR 300/18 - Rn. 19 mwN). Da die in § 4 Abs. 1 TzBfG geregelten Diskriminierungsverbote nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien stehen, darf der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen ( - Rn. 33 ff.).
28bb) Danach verstößt die der Arbeitszeit entsprechende Berechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 4 TV Corona-Sonderzahlung iVm. § 24 Abs. 2 TVöD/VKA nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG. Sie entspricht dem Prinzip des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die Corona-Sonderzahlung im Umfang des Anteils ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter. Die tarifvertragliche Regelung steht auch im Einklang mit § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Für die der Arbeitszeit entsprechende Berechnung besteht ein sachlich vertretbarer Grund. Der tarifvertragliche Zweck, mit der einmaligen Corona-Sonderzahlung allen Beschäftigten unter der Voraussetzung eines zum Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie eines Entgeltanspruchs im Referenzzeitraum einen anlassbezogenen, an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren, steht einer quantitativen Differenzierung nicht entgegen. Es ist nicht sachfremd, dass die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen Corona-Folgen an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechenden Vergütung anknüpfen, aus der die Beschäftigten ihre Aufwendungen erfahrungsgemäß decken.
29c) Danach steht der Klägerin eine Corona-Sonderzahlung iHv. 200,00 Euro zu (50 vH des vollen Anspruchs). Unter Zugrundelegung der nach § 2 Abs. 2 Satz 5 TV Corona-Sonderzahlung maßgeblichen „jeweiligen Verhältnisse“ am Stichtag des betrug die individuell vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit der Klägerin 19,5 Wochenstunden. Im Blockmodell des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wird - wie im Teilzeitmodell - die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit des Altersteilzeitarbeitnehmers während des gesamten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses um die Hälfte verringert ( - Rn. 31).
305. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Klägerin stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zu. Die Fälligkeit der Corona-Sonderzahlung bestimmt sich nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung, dem zufolge die Auszahlung mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 vorzunehmen ist. Das Tabellenentgelt für Dezember 2020 war gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA am letzten Tag des laufenden Monats, dh. am fällig. Damit ist der Beklagte am in Verzug geraten.
31II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 20 Abs. 1 TVöD/VKA iVm. § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TV FlexAZ einen anteiligen Anspruch auf Zahlung der hälftigen Jahressonderzahlung für den auf die Aktivphase der Altersteilzeit entfallenden Zeitraum vom 1. Januar bis zum . Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann der Senat die Höhe der Jahressonderzahlung nicht beziffern. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
321. Gemäß § 20 Abs. 1 TVöD/VKA haben Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Die Jahressonderzahlung hat Vergütungscharakter und stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung dar (st. Rspr., zB - Rn. 19; - 10 AZR 922/11 - Rn. 20, BAGE 144, 117 [zu § 20 TV-L]). Gleichzeitig wird mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue honoriert (vgl. zu § 44 TVöD BT-S - Rn. 18). Dies belegt die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD/VKA, die einen Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember verlangt.
332. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Klägerin stehe die Jahressonderzahlung für das Jahr 2020 nicht zu, weil sie sich am Stichtag des bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befunden habe mit der Folge, dass nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ ausschließlich das in der Arbeitsphase erworbene, in das Wertguthaben geflossene Tabellenentgelt ratierlich geschuldet sei, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
34a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ fließen in den Teilzeitquotienten der Freistellungsphase ausnahmslos alle in der Aktivphase verdienten Entgeltbestandteile einschließlich derjenigen ein, die den Beschäftigten während der Aktivphase als Einmalzahlungen zustehen (Breier/Dassau § 7 TV FlexAZ Stand 8/2017 Rn. 4; Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese § 7 TV FlexAZ-VKA Stand August 2011 Ziff. 6.2). Auch die Jahressonderzuwendung geht damit in der während der Freistellungsphase zu zahlenden Altersteilzeitvergütung auf.
35aa) Nach der tarifvertraglichen Ausgestaltung der Altersteilzeit hat der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell während der Freistellungsphase Anspruch auf die durch seine Vorarbeit in der Arbeitsphase erworbenen Entgeltansprüche. Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase durch Erbringung seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase teilweise in Vorleistung. Er erarbeitet sich im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht und damit ein Zeitguthaben (vgl. allg. - Rn. 23 mwN).
36bb) Die anteilige spätere Auszahlung des Arbeitsentgelts ermöglicht dem Arbeitnehmer den Aufbau eines Wertguthabens und damit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung während des gesamten Zeitraums der Altersteilzeit im Blockmodell. Nach § 7 Abs. 1a Satz 1 SGB IV besteht eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b SGB IV fällig ist und das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem Entgelt abweicht, das für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate bezogen wurde. In diesen Fällen der Freistellung von der Arbeit fingiert § 7 Abs. 1a SGB IV eine Beschäftigung, wenn Entgelt aus einem Wertguthaben gezahlt wird ( - Rn. 24 mwN, BAGE 168, 70).
37cc) Mit Ausnahme der zusätzlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie der nicht im Austauschverhältnis stehenden Aufstockungsbeträge, die als Anreiz zur Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses dienen, ist während der Freistellungsphase gezahltes Entgelt Gegenleistung für die während der Arbeitsphase geleistete Arbeit. Es ist für die Arbeitsphase geschuldet, auch wenn der Arbeitnehmer die Auszahlung nach den Vorgaben von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ATZG abweichend von § 614 BGB erst in der Freistellungsphase verlangen kann ( - Rn. 23, BAGE 168, 70). In Umsetzung der Vorgaben des § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ wird das bis zum Beginn der Freistellungsphase angesammelte Wertguthaben durch die Anzahl der Freistellungsmonate dividiert und der errechnete Betrag in der Freistellungsphase als monatliches Entgelt (zzgl. Aufstockungsbeträge) „ratierlich“ gezahlt (Breier/Dassau § 7 TV FlexAZ Stand 8/2017 Rn. 4.3; Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese § 7 TV FlexAZ-VKA Stand August 2011 Ziff. 6.2).
38b) Bei seiner Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen, dass sowohl der Wechsel der Klägerin vom Vollzeitarbeitsverhältnis in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis als auch der Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit Einschnitte darstellen, die eine Berechnung der Jahressonderzuwendung nach Zeitabschnitten erforderlich machen.
39aa) Die bis zum Beginn der Aktivphase der Altersteilzeit zurückgelegten Kalendermonate sind bei der Berechnung der Altersteilzeitvergütung nicht zu berücksichtigen. Die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ bestimmt ausschließlich die Auszahlungsmodalitäten des in der Aktivphase der Altersteilzeit erarbeiten Arbeitsentgelts, sie erfasst nicht frühere Zeiträume. Die Höhe der Jahressonderzahlung, die für das Jahr des (unterjährigen) Beginns der Altersteilzeit zu zahlen ist, ist deshalb zeitabschnittsweise zu berechnen. Die bis zum Eintritt in die Altersteilzeit zurückgelegten Kalendermonate fließen mit einem Wert, der der Vergütung für die Vollzeittätigkeit entspricht, in die Berechnung ein. Erst von dem auf die Kalendermonate nach Beginn der Altersteilzeit entfallenden Wert wird gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ die eine Hälfte mit der Jahressonderzahlung für das laufende Kalenderjahr ausgezahlt und die andere Hälfte in das Wertguthaben eingestellt. Nur letztere gehört zu den „sonstigen Entgeltbestandteilen“ iSv. § 7 Abs. 2 TV FlexAZ, die in der Arbeitsphase des Altersteilzeitverhältnisses im Blockmodell verdient werden und in das laufende monatliche Altersteilzeitentgelt in der Freistellungsphase einzubeziehen sind.
40bb) Die Berechnung der Jahressonderzahlung nach Zeitabschnitten ist auch bei einem unterjährigen Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell vorzunehmen. Für den Zeitraum, in dem sich der Altersteilzeitarbeitnehmer noch in der Aktivphase seiner Altersteilzeit befand, steht ihm die (halbe) Jahressonderzahlung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ anteilig zu. Für die Entstehung des Anspruchs ist es ohne rechtliche Bedeutung, wenn sich der Arbeitnehmer zu dem in § 20 Abs. 5 Satz 1 TVöD/VKA bestimmten Fälligkeitstermin (mit dem Tabellenentgelt für November) bereits in der Freistellungsphase befindet. Der Wechsel von der Aktivphase in die Passivphase der Altersteilzeit im Blockmodell darf nicht dazu führen, dass in der Aktivphase erarbeitete Entgeltbestandteile gemindert werden (vgl. - [Brandes] Rn. 30). Dies wäre jedoch der Fall, wenn der Altersteilzeitarbeitnehmer die bei unterjährigem Eintritt in die Freistellungsphase anteilig erarbeitete Jahressonderzahlung nicht jeweils hälftig als Einmalzahlung und als Wertguthaben erhielte. Das dem Arbeitgeber in § 20 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA eingeräumte Ermessen, einen Teilbetrag der Jahressonderzahlung zu einem früheren Zeitpunkt auszahlen zu können, ist deshalb nach der gebotenen gesetzeskonformen, mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG im Einklang stehenden Auslegung des § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ eingeschränkt. Die Hälfte der Jahressonderzahlung ist danach bereits mit der Altersteilzeitvergütung des letzten Monats der Aktivphase anteilig zu zahlen.
413. Der Senat ist an einer abschließenden Sachentscheidung gehindert (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen lässt sich die Höhe der anteiligen Jahressonderzahlung nicht beurteilen. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA aus dem Bemessungssatz, der mit der Bemessungsgrundlage multipliziert wird. Grundlage dafür ist das durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt für die Kalendermonate Juli, August und September. Es kommt nicht auf das tatsächlich gezahlte, sondern auf das für die Referenzmonate tatsächlich zustehende Entgelt an (vgl. - Rn. 10; - 10 AZR 549/10 - Rn. 10). Dies ist im Fall der Klägerin die in der Aktivphase erarbeitete Vollzeitvergütung. § 20 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA bestimmt, dass sich der Bemessungssatz nach der Entgeltgruppe richtet, in die der Arbeitnehmer am 1. September fällt. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht - gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag der Parteien - die für die Berechnung der Jahressonderzuwendung maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln und zu würdigen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:250723.U.9AZR332.22.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-45882