BGH Beschluss v. - 1 StR 472/22

Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung: Einziehung des Wertes von Taterträgen; Unterscheidung zwischen dem Steuerpflichtigen und weiteren Einziehungsbeteiligten

Gesetze: § 73c StGB, § 370 Abs 1 AO

Instanzenzug: Az: 1 StR 472/22 Beschlussvorgehend Az: 608 KLs 3/21nachgehend Az: 1 StR 472/22 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.131.547,81 € angeordnet. Ihre hiergegen eingelegte Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Wesentlichen ist ihr Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Einziehungsentscheidung ist geringfügig abzuändern. Wegen der Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2019 mit dem (erreichten) Ziel einer ungerechtfertigten Vorsteuervergütung (Fall 13 der Urteilsgründe) hat das Landgericht die Einziehung eines Geldbetrages angeordnet, der den der Einziehungsbeteiligten zugeflossenen Betrag übersteigt. Zwar ist, wie der Generalbundesanwalt zutreffend bemerkt, bei ungerechtfertigter Geltendmachung von Vorsteuer die Einziehung nicht auf einen etwaigen Vorsteuerüberhang begrenzt, sondern erstreckt sich grundsätzlich auch auf die infolge ungerechtfertigter Saldierung ersparte Steuer (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 14/23 Rn. 15 und vom – 1 StR 28/21, BGHR StGB § 73c Satz 1 Erlangtes 6 Rn. 10). Die Einziehungsbeteiligte war aber selbst nicht Steuerpflichtige, sondern erhielt die ihr zugeflossenen Beträge von der Steuerpflichtigen, der weiteren Einziehungsbeteiligten A.                         Holding; sie konnte also von vornherein nur – weiterüberwiesene – Kontogutschriften erlangen, aber keine Steuerersparnisse.

32. Im Übrigen ist ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts auszuführen:

4a) Die Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), mit der die Beschwerdeführerin beanstandet, das Landgericht hätte im Urteil eine in der Hauptverhandlung abgespielte Gesprächsaufzeichnung erörtern müssen, ist – ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit (§ 431 Abs. 1 StPO; vgl. dazu zuletzt Rn. 11 f. mN) – jedenfalls unbegründet.

5Allein aus dem Umstand, dass ein Beweismittel in den Urteilsgründen unerwähnt bleibt, ist nicht zu schließen, dass es im Rahmen der Beweisbewertung übergangen worden ist. Gegen die Pflicht zur erschöpfenden Würdigung der Beweise wird nur dann verstoßen, wenn sich die Erörterung des Beweisinhalts mit Rücksicht auf die sonstigen Feststellungen aufdrängen musste (vgl. nur Rn. 50 und vom – 1 StR 287/20 Rn. 12; je mwN). Hier erscheint schon zweifelhaft, ob der Gesprächsinhalt über Gewinnmargen überhaupt Folgerungen zu den Vorstellungen des Angeklagten von dem Hintergrund der verfahrensgegenständlichen Lieferungen zulässt. Jedenfalls kommt ihm in der Gesamtschau ersichtlich kein derart hoher Beweiswert zu, als dass das Landgericht in den Urteilsgründen darauf hätte eingehen müssen.

6b) In welchem Umfang der Angeklagte versuchte, die Umsatzsteuer zugunsten der Einziehungsbeteiligten A.                        Holding für April 2020 zu hinterziehen (Fall 17 der Urteilsgründe), kann bei der Vermögensabschöpfung offenbleiben. Denn diese Tat ist bereits nicht Gegenstand der Einziehungsanordnung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:160523B1STR472.22.1

Fundstelle(n):
EAAAJ-45668