Instanzenzug: Az: 2 Rv 21 Ss 262/22 Vorlagebeschluss
Gründe
I.
11. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob §§ 277 bis 279 StGB in der bis zum geltenden Fassung eine Sperrwirkung im Sinne einer privilegierenden Spezialität entfalten, die bei Vorlage eines Impfausweises mit gefälschten Eintragungen über den Erhalt von Covid-19 Schutzimpfungen in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Covid-19-Impfzertifikats einen Rückgriff auf den Tatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB ausschließt und somit einer Verurteilung nach dieser Vorschrift entgegensteht.
22. Das Amtsgericht Lörrach hatte den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen legte der Angeklagte am einer Mitarbeiterin der P. -Apotheke in W. einen auf ihn ausgestellten Impfpass vor, in dem zwei Eintragungen zu seinem Impfstatus gefälscht waren. Hiermit beabsichtigte er, seinen vollständigen Covid-19-Impfschutz vorzutäuschen, um ein digitales Impfzertifikat zu erlangen. Die Apothekenmitarbeiterin erkannte jedoch die Fälschung und verständigte die Polizei.
33. Das Oberlandesgericht Karlsruhe beabsichtigt, die vom Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lörrach eingelegte Revision entsprechend dem Antrag des Generalstaatsanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Es sieht sich hieran durch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom – 207 StRR 155/22 gehindert, das eine Strafbarkeit der Urkundenfälschung durch Gebrauchmachen einer gefälschten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 StGB verneint, weil insoweit § 279 StGB in der bis zum geltenden Fassung eine privilegierende Sperrwirkung gegenüber § 267 Abs. 1 StGB entfalte.
44. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Vorlegungsfrage entsprechend der Rechtsauffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts zu entscheiden.
II.
5Die Sache wird an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückgegeben.
61. Die Voraussetzungen der Vorlage sind nicht mehr gegeben. Denn der Senat hat durch Urteil vom (1 StR 260/22) entschieden, dass in Sachverhaltsgestaltungen, in denen der gefälschte Impfpass in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats vorgelegt wird, eine Sperrwirkung durch eine privilegierende Spezialität des § 279 StGB aF gegenüber dem allgemeinen Urkundstatbestand des § 267 Abs. 1 StGB nicht gegeben ist. Der Senat ist hierbei der grundlegenden Entscheidung des 5. Strafsenats des , zum Abdruck in BGHSt bestimmt) gefolgt, der eine entsprechende Strafbarkeit durch den Fälscher des Impfausweises zu beurteilen hatte.
72. Damit sind die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 GVG entfallen. Der Zweck dieser Vorschrift, die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung zu sichern, ist erreicht, wenn eine zwischen den Oberlandesgerichten streitige Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof entschieden ist (vgl. Rn. 5 mwN). Eine wiederholte Entscheidung der Rechtsfrage ist nicht veranlasst.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:130723B1STR286.22.0
Fundstelle(n):
QAAAJ-45664