BGH Beschluss v. - 5 StR 390/22

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Beihilfe bei Beendigung des Warenflusses durch Sicherstellung

Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 27 StGB

Instanzenzug: Az: 616 KLs 3/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 1) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Der näheren Erörterung bedarf nur der Schuldspruch im Fall 1:

3Nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen des Landgerichts ließen unbekannt gebliebene Hinterleute in einem Container versteckt 412 Kilogramm Kokain (Wirkstoffgehalt 90 % KHC) auf dem Seeweg zum gewinnbringenden Verkauf nach Deutschland einführen. Nach Ankunft in H.      Ende 2019 wurden die Drogen Mitte Januar 2020 sichergestellt, ohne dass die Hinterleute davon erfuhren. Im Auftrag des EncroChat-Nutzers „d.   “ bemühte sich der Angeklagte in Unkenntnis der Sicherstellung im Zeitraum vom 30. März bis zum , den Standort des Containers in Erfahrung zu bringen, damit das darin vermutete Kokain geborgen und in Umlauf gebracht werden konnte. Der Angeklagte wusste, dass seine Tätigkeit für die Abwicklung des Drogengeschäfts relevant war und informierte seinen Auftraggeber laufend über seine Bemühungen.

4Entgegen der Ansicht der Revision belegen diese Feststellungen eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB. Die Sicherstellung der Drogen steht einer Förderung der auf die Erlangung der Betäubungsmittel gerichteten Bemühungen der Hinterleute (Handeltreiben) nicht entgegen.

5Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, ohne dass es auf den Erfolg ankommt (vgl. , BGHSt 50, 252, 256, 264 mwN). Zwar war hier der Warenfluss durch die Sicherstellung objektiv endgültig zur Ruhe gekommen. Das Handeltreiben der Hinterleute war hingegen nicht beendet, weil diese sich in Unkenntnis der Sicherstellung weiter darum bemühten, in den Besitz des Kokains zu kommen, und hierzu den Angeklagten mit der Suche nach dem Container betrauten. Da es für die Strafbarkeit des Haupttäters beim Handeltreiben aber nicht auf den tatsächlichen Umsatzerfolg ankommt, sondern allein auf das hierauf abzielende Verhalten, muss ein Gehilfe auch nur dessen auf den Erfolg abzielendes Verhalten unterstützen (vgl. , NStZ 2010, 522; vom – 1 StR 87/94, NJW 1994, 2162; Beschlüsse vom – 1 StR 196/08, NJW 2008, 2276 und vom – 1 StR 728/95, NStZ-RR 1996, 374). So ist es hier. Der Angeklagte förderte durch seine Nachforschungen die Bemühungen der Haupttäter, in den Besitz der Drogen zu gelangen.

6Zwar hat der Senat mit Urteil vom (5 StR 242/07, NJW 2008, 1460, 1461) entschieden, dass der beabsichtigte Transport von Rauschgifthandelserlösen, die infolge vorangegangener Sicherstellung der Drogen tatsächlich nicht erzielt worden waren, wegen untauglicher und erfolgloser Bemühungen nicht als (vollendete) Beihilfe zum Handeltreiben anzusehen ist. Soweit dies entgegenstehen könnte, hält er an dieser Rechtsprechung, der sich kein anderer Senat des Bundesgerichtshofs in entscheidungserheblicher Weise angeschlossen hat (vgl. – nicht tragend – ; offengelassen von ), nicht fest.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:040123B5STR390.22.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-45651