(Sozialgerichtliches Verfahren - Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde - Fristversäumnis - Formverstoß - elektronischer Rechtsverkehr - Versendung auf einem sicheren Übermittlungsweg gem § 65a Abs 3 S 1 Alt 2 SGG - besonderes elektronisches Anwaltspostfach - erkennbare Übereinstimmung der das Dokument signierenden Person mit dem Postfachinhaber - maßgeblicher Zeitpunkt: Zugang der Prozesserklärung - Verfahrensfehler - Verletzung der Sachaufklärungspflicht - nicht ordnungsgemäße Bezeichnung gem § 160a Abs 2 S 3 SGG)
Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 1 S 2 SGG, § 160a Abs 1 S 3 SGG, § 65d S 1 SGG, § 65a Abs 3 S 1 Alt 1 SGG, § 65a Abs 3 S 1 Alt 2 SGG, § 65a Abs 4 S 1 Nr 2 SGG, § 19 Abs 1 S 1 RAVPV, § 23 Abs 3 S 5 RAVPV, § 103 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Instanzenzug: Az: S 15 U 69/20vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Az: L 3 U 73/21 Urteil
Gründe
1I. Die Beteiligten streiten in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit über die Feststellung weiterer Unfallfolgen, insbesondere von Rückenbeschwerden, aus einem anerkannten Arbeitsunfall des Klägers.
2Die nach erfolglos durchgeführtem Verwaltungsverfahren erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) ua nach Einholung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ).
3Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG rügt der Kläger das Vorliegen von Verfahrensmängeln.
4II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie ist innerhalb der Beschwerdefrist nicht in der vorgeschriebenen Form eingelegt worden. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob dem Kläger wegen der Versäumung der Frist Wiedereinsetzung zu gewähren ist. Denn die Beschwerde ist ungeachtet der Verfristung auch deswegen unzulässig, weil die Begründung nicht den Anforderungen an die Bezeichnung des hier allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) entspricht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
51. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht binnen eines Monats in der vorgeschriebenen Form eingelegt worden.
6Nach § 160a Abs 1 Satz 2 SGG ist die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des LSG einzulegen. Hier lief die Beschwerdefrist am Montag, dem , ab. Innerhalb dieser Frist ist eine formgerechte Beschwerdeschrift nicht eingegangen.
7Aus § 160a Abs 1 Satz 3 SGG ergibt sich, dass die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde der Schriftform bedarf. Nach § 65a Abs 1 SGG kann anstelle des schriftlich einzureichenden Antrags ein elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Seit dem sind insbesondere Rechtsanwälte und Behörden zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments verpflichtet; die Einreichung als Schriftstück oder Telefax wahrt seitdem nicht mehr die vorgeschriebene Form (vgl § 65d Satz 1 SGG idF von Art 4 Nr 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom mWv , BGBl I 3786; s auch BT-Drucks 17/12634 S 14, 37 iVm S 27, BT-Drucks 17/13948 S 16). Das elektronische Dokument muss von der verantwortenden Person entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen werden (§ 65a Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGG) oder von ihr (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG). Bei Übersendung auf einem sicheren Übermittlungsweg bedarf es grundsätzlich keiner qeS (zB - juris RdNr 5; - SozR 4-1500 § 65a Nr 6 RdNr 7 mwN). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
8a) Der Beschwerdeschriftsatz vom genügt nicht der Formanforderung des § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGG. Die als elektronisches Dokument übersandte Beschwerdeschrift war ausweislich des Transfervermerks nicht mit einer qeS versehen. Auch die Formanforderungen des § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG sind nicht erfüllt. Die Beschwerdeschrift wurde zwar über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) (§ 31a, § 31b BRAO) an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des BSG übermittelt, was grundsätzlich einen sicheren Übermittlungsweg darstellt (§ 65a Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGG; s auch § 19 Abs 1 Satz 1 der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer - Rechtsanwaltsverzeichnis und -postfachverordnung - RAVPV). Allerdings ist ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wird und nicht mit einer qeS versehen ist, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden, wenn die das Dokument signierende und somit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (zB - juris RdNr 7; - SozR 4-1500 § 65a Nr 6 RdNr 11 mwN; s auch BT-Drucks 17/12634 S 25). Anderenfalls wäre nicht hinreichend gesichert, dass der Versand des nur einfach signierten Dokuments von demjenigen, der es verantwortet und daher signiert hat, authentifiziert war. So war es auch Wille des Gesetzgebers bei der Einführung von § 65a SGG, dass die das Dokument verantwortende Person das Dokument entweder mit einer qeS versieht oder einen sicheren Übermittlungsweg wählt. Beides richtet sich an die das Dokument verantwortende Person. Durch die (einfache) Signatur wird die Verantwortung für den Inhalt das Dokuments und der Wille bestätigt, es bei Gericht einzureichen (BT-Drucks 17/12634 S 25; s auch Beschluss vom - B 5 R 198/21 B - juris RdNr 10 mwN; - BAGE 171, 28 = juris RdNr 14 ff). Bei der Übermittlung eines Dokumentes mit einer nicht qualifiziert elektronischen Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg durch einen Rechtsanwalt muss daher für den Empfänger feststellbar sein, dass die Nachricht von dem Rechtsanwalt selbst versandt wurde (§ 20 Abs 3 RAVPV). Entsprechend dürfen Inhaber eines beA gemäß § 23 Abs 3 Satz 5 RAVPV das Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen. Eine Übertragung darf auch nicht auf Kanzleimitarbeiter erfolgen ( - juris RdNr 4 ff; s auch Radke, jM 2022, 362, 364; BR-Drucks 417/16, S 36, 39). Setzt sich ein Inhaber eines beA über die Verpflichtung zur ausschließlich höchstpersönlichen Nutzung hinweg, muss er sich in diesem Regelungszusammenhang die Fehler Dritter, die aus der unerlaubten Übertragung der Nutzungsmöglichkeit resultieren, zurechnen lassen ( - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen = juris RdNr 15 mwN).
9An der erforderlichen Personenidentität fehlt es hier. Die Beschwerdeschrift vom wurde von Rechtsanwalt W signiert, der damit als das Dokument Verantwortender gekennzeichnet wurde. Dabei kann eine einfache Signatur - wie hier - auch durch das Einfügen einer eingescannten Unterschrift dieser Person in das Dokument angebracht werden (zB - juris RdNr 9 mwN; vgl zur Definition der einfachen Signatur in Art 3 Nr 10 der Verordnung (EU) Nr 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG - eIDAS-VO - auch H. Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl, § 65a SGG RdNr 219 (Stand ); s auch BT-Drucks 17/12634 S 37 iVm S 25). Inhaberin des beA und als Absenderin des Schriftsatzes vom ausgewiesen ist dagegen Rechtsanwältin T. Der Wille des das Dokument verantwortenden Rechtsanwalts, Beschwerde einlegen zu wollen, war damit im Zeitpunkt des Zugangs der Beschwerdeschrift beim BSG nicht zweifelsfrei erkennbar. Dies wäre zur Wahrung der Form jedoch erforderlich gewesen. Daran vermag auch der im Nachgang erfolgte Vortrag nichts zu ändern, Rechtsanwältin T habe den Schriftsatz auch signieren sollen, was jedoch irrtümlich unterblieben sei. Denn maßgeblich ist der Zeitpunkt des Zugangs der Prozesserklärung bei Gericht (zB 11/8 RV 97/57 - BSGE 6, 256 = SozR Nr 15 zu § 67 SGG = juris RdNr 15).
10Die mit Schriftsatz vom erfolgte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wahrte zwar die Formerfordernisse nach § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG. Sie erfolgte jedoch nach Ablauf der Beschwerdefrist und konnte diese auch nicht mehr rückwirkend wahren.
11b) Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob dem Kläger Wiedereinsetzung zu gewähren ist. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs 2 Satz 2 SGG). Es kann hier ohne weitere Ermittlungen nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Einlegungsfrist gehindert war, weil auch ein gewissenhaft und sachgerecht Prozessführender, der so sorgfältig handelt, wie die konkrete Situation es verlangt, die Begründungsfrist unvermeidbar versäumt hätte ( - juris RdNr 5 mwN; zu diesem Maßstab grundsätzlich - BSGE 38, 248 = SozR 1500 § 67 Nr 1 = juris RdNr 18 mwN). Das Verschulden eines Bevollmächtigten ist dem vertretenen Beteiligten wie eigenes Verschulden zuzurechnen (§ 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO). Rechtsanwalt W trägt vor, aus Zeitgründen die Einlegung der Beschwerde der ebenfalls in der Kanzlei tätigen Rechtsanwältin T übertragen zu haben. Die für beide Rechtsanwälte tätige Rechtsanwaltsfachangestellte habe nach Anweisung sowohl die Unterschrift auf dem Schriftsatz vom entsprechend ändern als auch Rechtsanwältin T anhalten sollen, das Dokument über ihr beA zu versenden. Die Beschwerdeschrift sei indes ohne Abänderung der Unterschrift in den Postausgang des beA von Rechtsanwältin T geladen worden. Diese habe sich auf die ordnungsgemäße Ausfertigung des Schriftsatzes verlassen und versendet, ohne ihn in der Vorschau nochmals anzusehen.
12Ohne weitere Ermittlungen ist es vorliegend nicht möglich festzustellen, ob dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der Beschwerdeschrift zuzurechnen ist. Unbeachtlich ist indes ein fehlerhaftes Handeln der Rechtsanwaltsfachangestellten. Denn die Versendung der Beschwerdeschrift erfolgte nach dem Vortrag durch Rechtsanwältin T über ihr beA, für das sie selbst verantwortlich zeichnet. Sie war vor Versand der Beschwerdeschrift zur höchstpersönlichen Prüfung der ordnungsgemäßen Signatur verpflichtet. Dies kann nicht ohne Weiteres auf Kanzleimitarbeiter übertragen werden ( - juris RdNr 9 mwN; ebenso Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 65a RdNr 9a, § 67 RdNr 8 f). Ein Rechtsanwalt handelt daher schuldhaft, wenn er eine Rechtsmittelschrift aus seinem beA versendet, ohne zuvor die eingefügte Signatur zu überprüfen. Auf Grundlage des bisherigen Vortrags kann nicht entschieden werden, ob das Verschulden der Rechtsanwältin T dem Kläger zuzurechnen ist oder nicht (§ 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO). Rechtsanwältin T hat keine eigene Erklärung zu dem Vorgang abgegeben; die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung sollen jedoch glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs 2 Satz 2 SGG).
132. Der Senat konnte vorliegend jedoch von weiteren Ermittlungen absehen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers jedenfalls deswegen unzulässig ist, weil sie den allein behaupteten Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
14Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
15Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Zur Begründung trägt er vor, das LSG habe eine unzureichende Amtsermittlung (§ 103 SGG) vorgenommen.
16Um den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) ordnungsgemäß zu rügen, muss die Beschwerdebegründung (1.) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2.) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zur weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5.) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann (stRspr; zB - juris RdNr 7 mwN; - juris RdNr 9; - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
17Daran fehlt es hier. Der vor dem LSG anwaltlich vertretene Kläger bezeichnet bereits keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag, den er im Verfahren vor dem LSG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat. Der förmliche Beweisantrag hat Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält. Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen "Beweisantritte" und Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (zB - juris RdNr 17; - juris RdNr 7 mwN; B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; allg zur Abgrenzung eines Beweisantrags von einer unbeachtlichen Beweisanregung - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 20 = juris RdNr 4). So liegt es hier, wenn die Beschwerdebegründung auf Anträge in den Schriftsätzen vom und und damit auf solche vor der mündlichen Verhandlung am abstellt. Der Kläger legt nicht dar, dass er zuletzt in dieser einen Beweisantrag gestellt hat. Dies wäre für eine Sachaufklärungsrüge jedoch erforderlich gewesen. Die Ansicht des Klägers, das Gericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, kann mangels Beweisantrags nicht zur Zulassung der Revision führen.
18Ferner zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass das LSG sich aus seiner sachlich-rechtlichen Sicht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist im Hinblick auf das Erfordernis "ohne hinreichende Begründung" nicht formell, sondern materiell im Sinne von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen ( - juris RdNr 15; - juris RdNr 7 mwN; - SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6 = juris RdNr 2). Entscheidend ist, ob sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben, weil nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind. Vor diesem Hintergrund besteht eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung weiterer Sachverständigengutachten nur dann, wenn vorhandene Gutachten iS von § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl - juris RdNr 15; - juris RdNr 7 mwN; - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9). Die Beschwerdebegründung rügt, dass das LSG trotz des im Berufungsverfahren vorgelegten Attestes von E vom keinen weiteren Aufklärungsbedarf gesehen habe. Das LSG habe ausgeführt, dass dieses allenfalls die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen den geltend gemachten Schmerzen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule mit dem Arbeitsunfall vom zum Ausdruck bringe. Hiermit zeigt der Kläger selbst den maßgeblichen sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG auf, wonach es sich nicht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Denn die bloße Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges genügt nicht für den Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit (vgl grundlegend - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 20 mwN).
19Soweit der Kläger mit seinem Vorbringen sinngemäß auch eine Gehörsverletzung (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) geltend macht, können dadurch die dargestellten Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge (§ 103 SGG) nicht umgangen werden (stRspr; zB - juris RdNr 10 mwN; - juris RdNr 10 mwN; - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7). Sofern der Kläger sich mit seinem Vorbringen gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz wendet, vermag auch dies die Zulassung der Revision nicht zu begründen (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG iVm § 128 Abs 1 Satz 1 SGG).
20Dass der Kläger die Entscheidung der Vorinstanz für falsch hält, geht schließlich über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Rüge eines bloßen Rechtsanwendungsfehlers nicht hinaus (vgl - juris RdNr 11 mwN; - juris RdNr 6; - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).
213. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
224. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2023:180123BB2U7422B0
Fundstelle(n):
HAAAJ-45414