BGH Beschluss v. - XIII ZB 13/22

Instanzenzug: LG Dresden Az: 2 T 292/21vorgehend AG Dresden Az: 473 XIV 232/21

Gründe

1I. Der Betroffene reiste 2017 nach Deutschland ein. Der von ihm unter Aliaspersonalien als vorgeblich libyscher Staatsangehöriger gestellte Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt und dem Betroffenen vollziehbar die Abschiebung angedroht. Anlässlich der von Amts wegen durchgeführten Passbeschaffung konnte der Betroffene als tunesischer Staatsangehöriger identifiziert werden. Am hat das Amtsgericht Abschiebungshaft bis zum angeordnet. Am hat der Betroffene den Rechtsbeschwerdeführer als Person seines Vertrauens benannt, Beschwerde eingelegt und beantragt, das Verfahren im Fall einer Haftentlassung als Feststellungsverfahren fortzusetzen. Nachdem der Betroffene am abgeschoben worden war, hat das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Vertrauensperson mit der Rechtsbeschwerde.

2II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

31. Das Beschwerdegericht hat gemeint, das Amtsgericht habe die Haft zu Recht angeordnet. Insbesondere habe ein zulässiger Haftantrag vorgelegen.

42. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Haftanordnung lag kein zulässiger Haftantrag zugrunde.

5a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. nur , InfAuslR 2020, 283 Rn. 7 mwN).

6b) Nach diesen Maßstäben enthält der Haftantrag keine ausreichenden Darlegungen zur Erforderlichkeit der Haftdauer.

7aa) Die beteiligte Behörde hat ausgeführt, die Rückführung des Betroffenen könne ohne Sicherheitsbegleitung mit einer Linienmaschine oder mit einer Chartermaßnahme erfolgen. Nach dem zuständigen Bundespolizeipräsidium K.     könne die Rückführung mit Sicherheitsbegleitung innerhalb von drei Wochen ab Eingang des Passersatzpapiers erfolgen. Dieses sei bereits angefordert und es sei zu erwarten, dass es am bei der Botschaft abgeholt werden könne. Sodann würden etwa drei Wochen für die Organisation des Rückflugs benötigt. Unter Hinzurechnung von mehreren Tagen für allfällige Verzögerungen werde daher Haft bis zum beantragt.

8bb) Diesen offensichtlich widersprüchlichen Angaben lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen für die Abschiebung des Betroffenen ohne Sicherheitsbegleitung drei Wochen benötigt wurden. Denn die Auskunft der Bundespolizei bezog sich lediglich auf eine Rückführung mit Sicherheitsbegleitung, die hier indes gerade nicht erforderlich war. Das Amtsgericht hat diesen Widerspruch auch nicht - etwa durch Rückfragen - bei der Behörde aufgeklärt (§ 26 FamFG). Die Vertrauensperson hatte hierauf ausdrücklich hingewiesen, ohne dass sich das Landgericht indes mit diesem Einwand befasst hätte.

93. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Der Senatsbeschluss vom wird gemäß § 42 FamFG wegen offenbarer Unrichtigkeit wie folgt berichtigt:

In Absatz 3 Satz 2 des Tenors muss es statt "in allen Instanzen" richtig heißen "in erster und zweiter Instanz und der Person des Vertrauens in dritter Instanz".

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:210323BXIIIZB13.22.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-45405