Online-Nachricht - Donnerstag, 13.07.2023

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen (EuGH)

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die Bereitstellung von Kureinrichtungen durch eine Gemeinde keine „Dienstleistung gegen Entgelt“ i. S. dieser Bestimmung darstellt ().

Sachverhalt und Verfahrensverlauf: Die Klägerin betreibt u.a. einen Kurpark, ein Kurhaus und sonstige Anlagen und Wege. Diese Einrichtungen waren in den Streitjahren 2009 bis 2012 für jedermann frei zugänglich. Kommunalrechtlich war die Kurverwaltung ein Eigenbetrieb und körperschaftsteuerlich ein Betrieb gewerblicher Art. Die Klägerin erklärte in ihren Umsatzsteuererklärungen umsatzsteuerpflichtige Umsätze (Kurtaxe) und Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen in Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Das beklagte Finanzamt kürzte die Vorsteuerbeträge. Die Klägerin sei als Unternehmerin teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Vorsteuerabzug sei u.a. nicht zulässig aus Rechnungen in Zusammenhang mit Loipen, Wander- und sonstigen Sportpfaden und -anlagen, Gärtnerei, Bauhof, Hundekotbeutel, Hundestationen, Abfallbehälter, Eventtagen, verkaufsoffenen Sonntagen, dem Park und Pavillon.

Der BFH hatte dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 27.5.2022):

  • Übt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine Gemeinde, die aufgrund einer kommunalen Satzung von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten (Kurgäste), für die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z.B. Kurpark, Kurhaus, Wege) eine "Kurtaxe" (in Höhe eines bestimmten Betrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der Bereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen Kurtaxe auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL aus, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher z.B. auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind?

  • Falls die erste Frage bejaht wird: Ist unter den o. g. Umständen des Ausgangsverfahrens bei der Prüfung, ob die Behandlung der Gemeinde als Nicht-Steuerpflichtige zu "größeren Wettbewerbsverzerrungen" i. S. des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL führen würde, der räumlich relevante Markt nur das Gemeindegebiet?

Der EuGH hat sich mit Urteil v. - C‑344/22 wie folgt geäußert:

  • Auf die erste Frage ist zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass die Bereitstellung von Kureinrichtungen durch eine Gemeinde keine „Dienstleistung gegen Entgelt“ i. S. dieser Bestimmung darstellt, wenn die Gemeinde von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten, aufgrund einer kommunalen Satzung eine Kurtaxe in Höhe eines bestimmten Betrags pro Aufenthaltstag erhebt, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Taxe nicht an die Nutzung dieser Einrichtungen, sondern an den Aufenthalt im Gemeindegebiet geknüpft ist und diese Einrichtungen für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind.

  • Da das vorlegende Gericht ausgeführt hat, dass die Klage abzuweisen sei, falls die erste Vorabentscheidungsfrage verneint werde, und dass die zweite Vorabentscheidungsfrage nur für den Fall gestellt werde, dass die erste Frage bejaht werde, braucht die zweite Vorabentscheidungsfrage nicht beantwortet zu werden.

Hinweis

Den Volltext des Urteils finden Sie hier.

Quelle: (JT)

Fundstelle(n):
XAAAJ-43952