BGH Beschluss v. - IV ZR 72/22

Streitwertbeschwerde: Antrag einer Partei auf Erhöhung des Streitwerts in Ansehung eines Pflichtteilsanspruchs

Gesetze: § 3 ZPO, § 32 Abs 2 S 1 RVG, § 63 Abs 3 S 2 GKG

Instanzenzug: Az: IV ZR 72/22vorgehend Az: 15 U 364/19vorgehend LG München I Az: 31 O 10694/18

Gründe

1I. Die Kläger haben mit ihrer Klage im Wesentlichen die Übertragung des Nachlasses ihres Sohnes gegen Zahlung von 90.000 € von der Beklagten verlangt. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der Senat hat mit Beschluss vom die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger zurückgewiesen und den Streitwert auf bis 380.000 € festgesetzt. Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Streithelfers der Beklagten am zugestellt worden. Mit ihrer am beim Bundesgerichtshof eingegangenen Gegenvorstellung beantragen der Streithelfer und sein Prozessbevollmächtigter eine Abänderung der Streitwertfestsetzung auf 1.335.000 €.

2II. 1. Die Gegenvorstellung des Streithelfers ist unzulässig. Eine Partei kann - jedenfalls in der Regel - nur mit dem Ziele der Herabsetzung des Streitwerts Beschwerde einlegen oder Gegenvorstellung erheben (vgl. Senatsbeschluss vom - IVa ZR 138/83, NJW-RR 1986, 737 [juris Rn. 4]), denn sie wird durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwerts grundsätzlich nicht beschwert (vgl. , juris Rn. 3). Besondere Umstände, die abweichend hiervon eine Beschwer des Streithelfers wegen der seiner Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann eine Partei die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen, durch die Erhöhung des Streitwerts das finanzielle Risiko der Gegenpartei an der Prozessführung zu steigern (, WuM 2012, 114 Rn. 6).

32. Auf die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers, die innerhalb der analog geltenden Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom - IV ZR 33/19, ZEV 2019, 706 Rn. 3 m.w.N.), war die Streitwertfestsetzung wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern.

4a) Entgegen der Bewertung des Nachlasses durch den Nachlasspfleger mit 367.855,02 €, die der bisherigen Streitwertfestsetzung zugrunde lag, haben die Kläger in einer beim Landgericht München I eingereichten Klageschrift vom den Nachlass im Einzelnen aufgeführt und dessen Nettowert auf ca. 2.670.000 € geschätzt, wobei sie für die Werte von Grundeigentums- und Gesellschaftsanteilen wiederum die Angaben der Beklagten übernommen haben. Es kann offenbleiben, worauf es beruht, dass diese Wertangaben dem Senat durch die Parteien nicht vor seiner Entscheidung mitgeteilt wurden. Dies hindert eine Berücksichtigung dieser Angaben nicht, wenn die Kläger den Wert zuvor objektiv zu niedrig angegeben haben und nunmehr deren korrigierte Wertangaben vorliegen. Nach Abschluss des Verfahrens mit dem Ziel einer Erhöhung des Streitwerts vorgetragene Tatsachen können dann keine Berücksichtigung finden, wenn sie weder festgestellt noch unstreitig sind (vgl. Senatsbeschluss vom - IV ZR 178/18, juris Rn. 4). Hier haben die Parteien jedoch keine Einwände gegen die Authentizität der vorgelegten Klageschrift oder die Richtigkeit der darin enthaltenen Wertangaben erhoben. Entgegen der Ansicht der Kläger ist es unschädlich, wenn es sich bei ihrer Streitwertangabe in dieser Klageschrift zunächst nur um eine Schätzung handelt. Sie haben sich die Angaben der Beklagten zum Nachlasswert zu eigen gemacht und auf dieser Grundlage Klage erhoben. Das Interesse der Kläger in jenem und in diesem Rechtsstreit stimmt auch insoweit überein, als sie jeweils den Nachlass oder einen Teil dessen Wertes verlangen.

5b) Für die Streitwertfestsetzung ist der Nachlasswert aufgrund der Pflichtteilsansprüche der Kläger nach ihrem Sohn in Höhe von jeweils 1/4 zu halbieren. Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise muss der Wert des dem Grunde nach unstreitigen Pflichtteilsanspruchs bei der Festsetzung des Werts außer Betracht gelassen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 40/02, juris Rn. 9; vom - IV ZR 124/73, MDR 1975, 389 [juris Rn. 1]).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:240523BIVZR72.22.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-43306