BSG Beschluss v. - B 4 AS 190/22 BH

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Anspruch auf rechtliches Gehör - Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten - Entscheidung des "kleinen Senats" über Urteilsergänzungsantrag nach § 140 SGG)

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 110 Abs 1 SGG, § 140 SGG, § 153 Abs 5 SGG

Instanzenzug: SG Frankfurt Az: S 19 AS 490/20 Gerichtsbescheidvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 7 AS 460/21 Urteil

Gründe

11. Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der sinngemäße Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

2Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht erkennbar.

3Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

4Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel darin liegt, dass das LSG in Abwesenheit des Klägers verhandelt und entschieden hat. Das LSG hat den Kläger ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Dies ist zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausreichend (vgl - juris RdNr 7; BH - juris RdNr 10). Die Ladung ist unter anderem an die vom Kläger im verfahrenseinleitenden Schriftsatz genannte Adresse zugestellt worden.

5Auch durfte der sog kleine Senat (§ 153 Abs 5 SGG) über den Urteilsergänzungsantrag (§ 140 SGG) entscheiden. Bezieht sich der Antrag nach § 140 SGG auf eine Berufungsentscheidung, ist das Urteilsergänzungsverfahren noch Teil des Berufungsverfahrens ( BH - juris RdNr 12; vgl zur Konnexität § 140 Abs 4 SGG; - juris RdNr 5), sodass der Übertragungsbeschluss vom auch Wirkung noch für das Urteilsergänzungsverfahren hat, das gerade auf die vollständige Entscheidung über die Berufung abzielt.

62. Der Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 SGG bleibt erfolglos, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

73. Die vom Kläger persönlich beim BSG erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung des LSG ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften des § 73 Abs 4 SGG über den Vertretungszwang beim BSG entspricht. Auch auf diese Zulässigkeitsvoraussetzung hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung seiner Entscheidung ausdrücklich hingewiesen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2023:260123BB4AS19022BH0

Fundstelle(n):
MAAAJ-43088